Weinland

Keiner will mehr ins Amt

Im ersten Wahlgang kandidierten nur zwei für das Gemeinderatsamt. Dafür bekamen 38 Personen vereinzelte Stimmen. Vier von ihnen wehren sich per Flugblatt und Brief gegen eine Zwangswahl.

von Christina Schaffner
01. Juni 2018

Vor acht Jahren war die Si­tua­tion in Volken fast gleich: Niemand wollte das Amt als Gemeinderat übernehmen. Damals wie heute steht nach dem ersten Wahlgang fest: Ohne Kandidaten sind diejenigen gewählt, die das relative Mehr erreichen. Auch gegen ihren Willen und ohne Kandidatur.

Damals setzten sich Martin Keller, Susanne Schmidheiny und Ferdi Hodel zusammen, die gegen ihren Willen «unverhofft Stimmen» bekommen hatten. «Wir fanden Gemeinsamkeiten und entschieden uns, im zweiten Wahlgang zu kandidieren», erinnert sich Martin Keller, der noch bis Ende Juni als Gemeindepräsident amtet. Für ihn ist aber nach zwei Amtsperioden Schluss – Ferdi Hodel tritt ebenfalls nicht mehr an, und Susanne Schmidheiny hörte nach der ersten Amtsperiode auf. «Wir hatten ein wenig gehofft, dass sich auch dieses Mal noch jemand findet», sagt Martin Keller weiter.

38 bekamen vereinzelt Stimmen
Doch diesmal will nach dem ersten Wahlgang niemand weiterer die beiden gewählten Kandidaten Marion Boos und Reto Giger bei ihrer Arbeit unterstützen. Im Gegenteil: 4 der 38 Männer und Frauen, die 119 vereinzelte Stimmen bekamen, meldeten sich per Flugblatt oder selektivem Brief, dass sie auf gar keinen Fall gewählt werden wollen. «Bei mir hat sich niemand nach den Aufgaben als Gemeinderat oder Präsident erkundigt», bedauert Martin Keller. Dabei wäre die Aufgabe heute ungleich leichter zu übernehmen als vor acht Jahren: Finanziell steht die Gemeinde solide da, hat in den letzten Jahren positive Jahresrechnungen präsentiert, obwohl viele Strassen saniert wurden, und eine damals angestrebte Fusion mit den anderen Flaachtalgemeinden steht nicht mehr im Raum.

Der Amtszwang droht
Wenn auch in den nächsten Tagen niemand mehr offiziell per Flugblatt seinen Wunsch äussert, in den Gemeinderat gewählt zu werden, wird das Unaus­weichliche für drei Volkemer Bürger kommen: Gewählt durch relatives Mehr droht ihnen der Amtszwang. «Die ersten drei mit den meisten Stimmen sind dann gewählt», bestätigt Martin Keller das Prozedere, «das gilt auch für das Präsidentenamt.»

Wollen sie auch dann nicht, bleibt ihnen nur der Weg, das Amt mit begründeten Mitteln innerhalb von fünf Tagen ge­gen­über der wahlleitenden Behörde, dem noch amtierenden Gemeinderat, abzulehnen. Dieser entscheidet, ob die Ablehnung aufgrund des Gesetzes über politische Rechte anzuerkennen ist. Lehnt der Gemeinderat die Ablehnung ab, kann dagegen beim Bezirksrat das Rechtsmittel eingelegt werden. Hilft auch das nicht, bleibt als letztes Mittel nur der Wegzug – mit erneutem Gesuch, aus dem Amt entlassen zu werden.

Zweiter Wahlgang auch noch in anderen Gemeinden
Nicht nur in Volken kommt es am 10. Juni zu einem zweiten Wahlgang. Auch in Benken und Humlikon ist noch jeweils ein Sitz im Gemeinderat vakant. In Laufen-Uhwiesen muss noch ein Präsident gewählt werden; Serge Rohrbach verpasste das absolute Mehr für das Präsidium im ersten Wahlgang. In einigen Gemeinden sind noch Sitze in anderen Behörden der Politischen Gemeinde frei, beispielsweise in der RPK – so in Adlikon (zwei), in Feuerthalen (zwei) und in Buch am Irchel (zwei Sitze und Präsidium). Für Letztere meldeten sich für die Urnenabstimmung noch Kandidaten: Marc Eichholzer und Marco Pauletto für die zwei freien Sitze, der bereits gewählte Rafael Keller nun als RPK-Präsident.

In Humlikon (ein Sitz und Präsidium), in Dägerlen und in Adlikon (jeweils ein Sitz) fehlen noch Personen für ein Amt in der Primarschulpflege.

Besonders prekär ist die Situation für die Kirche, in deren Behörde kein Amtszwang besteht. In Benken wurde der amtierende Präsident im ersten Wahlgang zwar wieder gewählt, dieser lehnte das Amt jedoch ab. So sind in der Benkemer Kirchenpflege nach wie vor alle fünf Sitze sowie das Präsidium unbesetzt. In Rheinau präsentiert sich die Situation ähnlich: Präsident Richard Müller Brander zeigte sich bisher als Einziger bereit, ein Amt in der Kirchenpflege Rheinau-Ellikon zu übernehmen. Im zweiten Wahlgang sollen vier weitere Personen gewählt werden.

Auch in Dorf (zwei Sitze), in Ossingen (ein Sitz), in Stammheim (drei Sitze) sowie in der Kirchgemeinde ATE, der Altikon, Thalheim und Ellikon an der Thur angehören (zwei Sitze), ist die Behörde auf den zweiten Wahlgang angewiesen. Die Kirchgemeinde Marthalen, in der ein Sitz vakant ist, verzichtet auf einen zweiten Wahlgang, da die Behörde auch so beschlussfähig ist.

Ebenfalls sind in der Kirchgemeinde Feuerthalen noch zwei Sitze vakant. Für einen davon hat sich jedoch nun Maurus Pfalzgraf zur Verfügung gestellt. Bereits im ersten Wahlgang schaffte sein Vater Wolfgang die Wiederwahl als Präsident der RPK und seine Mutter Irmela die Neuwahl in die Schulpflege. (ciz)

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