Weinland

Nur Übung: Schule evakuiert

An der Primarschule fand gestern eine Evakuationsübung mit der Ortsfeuerwehr und der Andelfinger Autodrehleiter statt. Sie verlief ruhig und nach Plan – das Krisenkonzept der Schule hat sich bewährt.

von Evelyne Haymoz
05. November 2021

Donnerstagmorgen, 8.30 Uhr. Rauch zieht durch die Gänge des Trakts D der Primarschule Hettlingen. Davon merken die Schülerinnen und Schüler nichts. Sie sitzen seit einer Viertelstunde im Unterricht.

Plötzlich ertönt aus den Lautsprechern eine Durchsage, die in allen Schulzimmern und auch auf dem Pausenplatz zu vernehmen ist. Im Untergeschoss des Gebäudes, in dem die Mittelstufe unterrichtet wird, sei ein Feuer in der Küche ausgebrochen, das Schulhaus werde komplett evakuiert. Die Stimme gehört dem ehemaligen Kleinandelfinger Gemeinderat Florian Oetterli, der in der Schule Leiter der Technik und Infrastruktur ist. Er alarmiert auch die Einsatzkräfte.

Lehrperson zuletzt
Innert weniger Minuten trifft die Ortsfeuerwehr Hettlingen-Dägerlen ein, rollt auf der einen Seite des Trakts Löschschläuche aus und bereitet auf der anderen die Evakuierung vor. Derweil werden mit der ebenfalls aufgebotenen Autodrehleiter der Feuerwehr Andelfingen und Umgebung bereits erste Personen aus dem Obergeschoss gerettet. 38 Jugendliche aus zwei Klassen gelangen auf diesem Weg aus dem noch rauchfreien Zimmer, andere werden über Steckleitern evakuiert.

So wie auf einem sinkenden Schiff der Kapitän als Letzter von Bord geht, verlässt auch die Lehrperson das Klassenzimmer als Letzte. Sobald die Evakuierten wieder festen Boden unter den Füssen haben, werden sie zum Sammelplatz gewiesen. Wetterbedingt – einzelne Kinder sind mit einem T-Shirt bekleidet oder tragen an den Füssen nur Socken statt Finken – wird dieser vom roten Platz in die Mehrzweckhalle verlegt. Dort finden sich auch die jüngeren Schülerinnen und Schüler aus den nicht betroffenen Gebäuden ein.

Brandereignis lässt sich üben
So könnten die ersten Minuten eines Ernstfalls ablaufen. Der mit einer Maschine künstlich erzeugte Rauch aber war Teil einer Evakuationsübung, welche die Verantwortliche der Primarschule Hettlingen mit der Feuerwehr Hettlingen-Dägerlen aufgegleist hatte.
«Wir haben eine gute Krisenorganisation, die alle möglichen Gefahren abdeckt, vom Amoklauf über Unfälle bis hin zum Feuer», sagt Markus Nef, Gemeinderat und Schulpflegepräsident. Letzteres erachtet er als das wahrscheinlichste Risiko von den dreien für die Schule. Der Umgang mit einem Brandereignis lasse sich zudem am besten üben.

An der alljährlich stattfindenden Krisenstab-Sitzung würden die Unterlagen überprüft und Massnahmen festgelegt, so Markus Nef. Die letzte Übung mit der Feuerwehr liege schon einige Jahre zurück und habe 2016 stattgefunden. Einen Ernstfall in der Schule, zu dem die Feuerwehr hätte ausrücken müssen, habe es in den vergangenen 25 Jahren nicht gegeben, sind sich Schulleitung und Einsatzkräfte einig. Markus Nef betont: «Die Schulpflege legt grosses Gewicht auf die Sicherheit. Wir sind gewappnet für alle möglichen Szenarien. Aber auch für die Erwachsenen – und nicht nur für die Kinder – gilt: Übung macht den Meister.» Lehrpersonen und Mitarbeitende wurden am Nachmittag in den Umgang mit Feuerlöschern und Schläuchen eingeführt.

Im Ernstfall mit Blaulicht
Auch wenn es bei der Evakuationsübung am Donnerstagmorgen vornehmlich darum ging, das Krisenkonzept der Primarschule zu überprüfen, ermöglichen solche Szenarien auch der Ortsfeuerwehr Hettlingen-Dägerlen ein Training. Sie lernt Areal, Zufahrten und Gebäude noch besser kennen.

Zu einer erfolgreichen Übung gehöre, dass alle Personen gesund auf dem Sammelplatz einträfen, sich kein Unfall ereigne und auch die Feuerwehrmannschaft unversehrt bleibe, so Beni Gutknecht, Vizekommandant, der mit Markus Senn die Übung geleitet hat. Zu bedenken gibt er aber auch, dass ein Einsatz nicht mit dem Aufräumen endet. «Wenn der Einsatz fertig ist, ist es noch lange nicht fertig.»

Was damit gemeint ist, zeigt sich auch in einem Nachgespräch mit einer Klasse, die von ihrem Erleben berichtet. Es sei aufregend gewesen, sie hätten aber auch Angst empfunden und sich erschreckt, sagen sie. Erst nach rund 50 Minuten hätten sie in der Mehrzweckhalle erfahren, dass alles zu Übungszwecken stattgefunden habe und kein Brand ausgebrochen sei. «Das habe ich mir gedacht. In einem Ernstfall würde die Feuerwehr nämlich mit Blaulicht heranfahren», meint einer der Schüler.

Und doch entspannen sich in der Halle die Gesichter aller Beteiligten, als die Auflösung erfolgt, und sich lautstarker Applaus entlädt. Vorgängig eingeweiht waren nur wenige: die Schulleitung, -verwaltung, Feuerwehr, Lehrpersonen und der Gemeinderat. Die Eltern erfuhren erst um 8.10 Uhr davon. «Die rund 270 Kinder haben einen super Job gemacht», waren sich Schule und Feuerwehr erneut einig.

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