Weinland

Schöner wohnen im einstigen Überwinterungsraum

220' 000 Franken investiert die Gemeinde in die Sanierung der Orangerie im Schlossareal. Was seit den 70er-Jahren eine Wohnung ist, war für die Überwinterung von exotischen Pflanzen gebaut worden.

von Roland Spalinger
19. März 2019

Über Kunst lässt sich nicht streiten. Deshalb soll an dieser Stelle nicht die Chromstahl-Skulptur im Andelfinger Schlossareal Thema sein. Aber ihr Standort. Bis 1902 war dort ein Treibhaus. Erstellt wurde es wohl 1868, gleichzeitig wie die Orangerie, die ans Nachbargebäude angebaut wurde und die der Überwinterung von exotischen Kübelpflanzen diente.

Die fremden Gewächse hätten in dieser Zeit eine wichtige Bedeutung erhalten, sagt Schlossparkgärtner Christian Rüegsegger. In der Orangerie wurde die Temperatur auf etwa 6 Grad gehalten – nicht kälter, damit die Pflanzen nicht erfrieren, aber auch nicht viel wärmer, sonst hätten sie ausgeschlagen.

Als das Schloss 1925 ein Altersheim wurde und der Zimmerbedarf in den 80er-Jahren stieg, wurde auch jenes der Heimleiterin gebraucht und ihr stattdessen 1983 die Orangerie zur Wohnung umgebaut.

Beide Orangerien für das Heim
Auch das zweite Winterquartier für exotische Pflanzen auf dem Gelände, das Hinterhaus auf der linken Seite der Terrasse mit Blick auf Thur und Kleinandelfingen, hat eine wechselhafte Geschichte. Zu Landvogtzeiten diente es als Gefängnis und wurde erst im 19. Jahrhundert in eine Orangerie umgebaut. 1929 kamen der Abriss und ein Neubau für Heimbewohner; nun befinden sich darin zwei Wohnungen.

Seit 1999 ist das Schloss kein Altersheim mehr. Seit da wohnt eine Privatperson in der ehemaligen Orangerie am Weglein gleich beim Tobel. Ende März zieht der Mann aus, was der Gemeinde als Eigentümerin des Schlosses die Möglichkeit gibt, das Häuschen mit 2,5 Zimmern zu sanieren. Ein Eingriff «drängt sich auf», sagt Ueli Frauenfelder, Präsident des Stiftungsrats Schloss Andelfingen.

Sie hätten sich intensiv mit der Erneuerung des Denkmalpflegeobjekts auseinandergesetzt, so Ueli Frauenfelder. Statt der heute nicht mehr erlaubten Elektrospeicheröfen wird die Orangerie ans Fernwärmenetz angeschlossen und modernisiert. Die Grobkostenschätzung geht von 220'000 Franken aus, die Miete wird danach dafür deutlich höher sein als jetzt. Nicht verändert wird, dass die Wohnung nur vom Schloss her zugänglich ist; eine Tür auf die Schlossgasse hin gibt es nicht.

Schlossgärtner wird Exoten-Fan
Viele Schlösser haben Orangerien, zum Teil seien es richtige Bijous, sagt Christian Rüegsegger. Ihm steht in Andelfingen keines mehr zur Verfügung, obwohl die Exotik ein Teil seiner Aufgabe ausmacht. Dies bedingte eine Gesinnungsänderung bei ihm. Denn vor seiner Zeit in Andelfingen setzte er auf Naturgärten mit ausschliesslich heimischen Gewächsen – bis er sich Gedanken über Tomaten und Kartoffeln machte, die ja auch nicht heimisch sind, und sein grüner Fächer wieder weltoffener wurde.

Christian Rüegsegger wurde gar zum Fan exotischer Pflanzen. Für deren Überwinterung muss er improvisieren und stellt sie in die Schlossscheune, ins Büro, ins Treppenhaus – überall, wo er Platz findet. Eine richtige Orangerie wäre komfortabel, träumt er. Seinem Vorgänger seien in den 80er-Jahren in der Scheune etliche Stücke erfroren.


Infos zum Schloss: www.andelfingen.ch

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