Sonntagsgedanken

Entspannte Ferien

von Stephan Kristan, Pfarrer Katholische Kirche Weinland
21. Juli 2023

In der Berufswelt lautet das Zauberwort «Produktivität». Das heisst, man soll in immer weniger Zeit mit immer weniger Menschen immer mehr produzieren. Denn nur durch Wachstum kann der Wohlstand, den wir uns aufgebaut haben, erhalten werden. Stillstand ist Rückschritt. Doch die Kehrseite dieses Systems ist, dass wir Menschen, wie es früher in der Werbung des VW Käfers hiess, laufen, laufen und laufen. Ständig stehen wir unter Strom, ständig müssen wir Höchstleistungen erbringen, ständig erfüllen wir unsere Pflicht. Es ist ja auch schön und gut, dass wir es zu einem gewissen Wohlstand gebracht haben, dass selbst Leute mit niedrigeren Einkommen sich hin und wieder etwas leisten können. Die Gefahr, die aber dabei lauert, ist, dass wir mittlerweile so unter Spannung stehen, dass wir kaum noch entspannen können.

Und so werden die Ferien genutzt, um auch im Privaten Höchstleistungen zu vollbringen. Auch hier sind wir dann am Anschlag, merken dies aber nicht, da wir ja Dinge tun, die Spass machen, Dinge, die wir immer schon mal machen wollten. Doch Entspannung sieht anders aus.

In der Bibel können wir lesen, dass sich Jesus, nachdem er einen Tag lang Menschen geheilt hat, in die Einsamkeit zurückzieht, um zu beten. Er weiss, dass er entspannen muss, er weiss, dass er ausruhen muss, er weiss, dass man nicht ständig Höchstleistungen erbringen kann. Auch wenn seine Freunde dies nicht verstehen, sie suchen ihn, um ihn zurückzuholen, damit er weiter heilen kann. Jesus lässt sich aber nicht dar­auf ein, sondern zieht weiter. (vgl. Mk 1,35 – 39)

Als Christen sind wir eingeladen, in der Nachfolge von Jesus zu leben und zu versuchen, unser Leben an seinem auszurichten. Deswegen sollten wir von ihm lernen, was dies in Bezug auf das ständig auf Hochtourenlaufen bedeutet, mal einen Gang runterschalten, mal loslassen, mal durchatmen. Dies heisst jetzt nicht, dass wir dazu in die Einsamkeit gehen müssen, um zu beten – was sicherlich nicht schaden würde – aber es heisst, dass auch wir einfach mal loslassen sollten, dass auch wir mal durchatmen sollten, dass auch wir einfach mal die Beine hochlegen sollten und nichts tun.

Ich weiss, dass dies schwer ist, dass wir in dem Moment, wo wir entspannen, das Gefühl haben, die Zeit nutzlos zu verbringen. Ja, eventuell verpassen wir etwas, ja, es kann sein, dass andere nach dem Urlaub mehr zu erzählen haben, aber ob diese dann auch wirklich erholt sind? Worauf kommt es in den Ferien an? War­um machen wir Urlaub? Doch nur, um unsere Batterien wieder aufzuladen, um den Kopf mal wieder freizubekommen, um unseren Ener­gie­speicher aufzufüllen. Und dazu muss man nicht ständig auf Hochtouren laufen. Spannend finde ich, dass selbst der Allmächtige, als er die Erde in sechs Tagen erschaffen hatte, den siebten Tag nimmt, um auszuruhen, um mal nichts zu tun. Und dies sollten wir uns zu Herzen nehmen und unsere Ferien mal dafür nutzen. Auf jeden Fall wünsche ich Ihnen allen, dass Sie entspannt die schönste Zeit des Jahres geniessen können.

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