Der erste Wyländer Backyard Ultra liefert viele Geschichten

Laufen - 128,9 Kilometer zeigte die Sportuhr von Roberto Foelix am Sonntagmorgen in der Dachsemer Badi. Um 8 Uhr nahm der 56-Jährige die letzte Runde unter die Füsse, mit 40 Minuten seine schnellste. Im Ziel war er ... absolut entspannt.

Roland Spalinger (spa) Publiziert: 10. September 2024
Lesezeit: 4 min

Wie stellt man sich jemanden vor, der 19 Stunden lang zu jeder vollen Stunde auf eine 6,7 Kilometer lange Runde gestartet und schliesslich 129 Kilometer gerannt ist? Kaum so, wie Roberto Foelix. Der 56-Jährige sass seelenruhig mit seiner Frau Pia auf der Festbank in der Bachdelle und ass Porridge, das im Startgeld von 50 Franken inbegriffene Frühstück.

Von Müdigkeit keine Spur. Auch das Aufstehen schien ihm keine Schwierigkeiten zu machen. Kein Ächzen, kein Jammern über schwere Beine – einfach ein sehr zufriedener Mann. Sein Shirt verriet, dass er lange Läufe gewohnt ist, auch in der Nacht. Einen Backyard Ultra aber hatte er bis dato noch nicht absolviert. Aus Interesse, und weil der Lauf in der Nähe stattfand, habe er mitgemacht und Runde für Runde in Angriff genommen, erzählte er. In Phasen der Müdigkeit passte er sein Tempo an.

Lange kaum aufgefallen
Aufgefallen ist Roberto Foelix am Anfang des Rennens nicht. Er kam regelmässig mit Zeiten zwischen 44 und 51 Minuten ins Ziel. In den gut zehn Minuten Erholung tauchte er auch nicht in den Rhein. Dies tat ein anderer Läufer und meinte, wenn das nicht mehr drinliege, gebe er auf. Der Schaffhauser Elektroniker Foelix, der in Diessenhofen arbeitet und den Arbeitsweg laufend bewältigt, gehörte auch nicht zu den jeweils Schnellsten.

Das traf eher auf Roxana Quecano- Müller zu, die regelmässige 40-Minuten-Zeiten hinlegte und die Organisatoren damit beeindruckte. «Wie eine Uhr» laufe sie, sagte der Biker, der um 22 Uhr einmal mehr der Gruppe vorausfuhr. Mit Stirnlampen kamen die elf, die noch im Rennen waren, im Schritttempo von der Bachdelle her das steile Strässchen hinauf, bogen rechts ab in Richtung Mettli und liefen von dort zum Pfadihaus oberhalb des Nohlemer Stegs und zurück zur Bachdelle.

Eine schöne Strecke, erhielt Organisator Christian Nobbe Komplimente. Er meisterte die Doppelbelastung und lief selber vier Runden. Sein Sohn Silas (9) als jüngster Teilnehmer zwei. Mindestens eine und maximal bis morgen früh, hatte dieser vor dem Start als Ziel formuliert. Schliesslich kamen noch zwei Runden mit dem Velo als Begleiter dazu. Und die Schlussrunde mit dem Sieger lief er auch. Roberto Foelix startete um 8 Uhr also nicht ganz allein, drückte dafür richtig aufs Tempo. Er habe wissen wollen, was noch gehe, sagte er. 39:51 Minuten gingen, seine schnellste Runde.

Saijn Oliveira als letzter Konkurrent hatte aufgegeben, fünf Runden waren nur noch sie beide gelaufen, hatten Igel beim Liebesspiel gehört und waren im Mettli beinahe über einen Biber gestolpert. Nach zwölf Runden hatten vier Personen aufgegeben, auch Roxana Quecano-Müller (Nr. 37).

42 Startende bei der Premiere
47 Frauen und Männer hatten sich für die Erstaustragung des Events von Satus Dachsen, Ski-Club Dachsen und Badi-Team angemeldet, 42 gingen an den Start. Nach 7 Runden hörten am meisten Teilnehmende auf, unter anderen Andi Jordan, OK-Präsident des Schaffhauser Stadtlaufs. Er nimmt in 3 Wochen am Marathon in Berlin teil und hätte am Samstag sowieso 30 Trainingskilometer absolvieren sollen. Stattdessen machte er in Dachsen mit. Die Stirnlampe (Pflicht ab 20 Uhr) habe er jedenfalls dabei, sagte er beim Start. Mit 7 Runden wurden es deutlich mehr als 30 Kilometer.

Christian Nobbe zeigte sich am Sonntagmorgen sehr zufrieden über den Anlass, der ohne Zwischenfälle über die Bühne gegangen war. Bloss ein Blasenpflaster hätten sie gebraucht. Gefreut haben ihn positive Rückmeldungen von Gästen und Laufenden. Auch das Nebeneinander von Sportveranstaltung und Badibetrieb klappte. Ja, es gebe 2025 eine Zweitauflage, stellte er in Aussicht, wohl am gleichen Wochenende. Geändert wird nichts oder nicht viel. Auch die Wendeschlaufe im Mettli wird bleiben – die aus seiner Sicht vermeintliche Schwachstelle der Strecke wurde zum Glücksfall. Schneller und langsamer Laufende kreuzten sich dort und klatschten sich ab. Das Miteinander unterstrich auch Sieger Roberto Foelix. Über die lange Dauer des Laufes lerne man sich ein bisschen kennen und motiviere sich auch.

Den Montag hatte sich Roberto Foelix frei genommen. Aber vielleicht gehe er doch arbeiten, sagte er.