Sport

Ein Glarner gewinnt in Ossingen

Die Lokalmatadoren Beda Arztmann und Philipp Lehmann gewinnen am Zürcher Kantonalschwingfest in Ossingen einen Kranz. Den Siegermuni holt sich ein Glarner. Obwohl Landwirt, lässt er ihn da.

von Roland Spalinger
24. Mai 2022

5300 wurde als offizielle Zuschauerzahl angegeben. Viele waren bereits um 8.15 Uhr auf dem Festgelände beim Werkhof Ossingen, als es zum Appell ging für die Athleten des 112. Zürcher Kantonal-Schwingfests. Im Kreis standen die Schwinger nach Verband geordnet um Ring Nummer 5 in der Mitte der Arena, wo der Wettkampfleiter relativ leise allen viel Erfolg wünschte. Dort fand gut acht Stunden später dann auch der Schlussgang statt.

Bestritten wurde dieser von Michael Bless, der bis dahin alle seine Gänge gewonnen hatte, und Roger Rychen, einem von fünf Glarnern am Start. Er hatte bis dahin eine Niederlage auf seinem Notenblatt, eingefangen in Durchgang drei gegen Samuel Giger. Der Favorit und Publikumsliebling in Ossingen stand dann für viele überraschend nicht am Schluss im Sägemehl.

Verwirrung um und mit Giger
Zum Verhängnis war ihm das Aufeinandertreffen mit dem Nachwuchstalent Werner Schlegel geworden. Der Speaker hatte ihn bereits als Sieger verkündet, da winkte der vermeintlich Unterlegene mit dem Zeigfinger. «Schlussgang-Verwirrung um Giger in Ossingen», titelte der «Blick». Der Kampf wurde als gestellt gewertet, Roger Rychen mit höherer Punktzahl nutzte die Chance, die ihm geboten wurde, und legte seinen Gegner nach 6:30 Minuten auf den Rücken.

Der Stellenwert dieses Triumphs sei hoch, sagte er im Siegerinterview und meinte trocken, er sei ja «schon länger dran an einem Kranzfestsieg». Es sei umso schöner, dass es nun geklappt habe. Zur Überraschung des Platzspeakers wusste er, wann letztmals ein Glarner ein Kantonales gewonnen hatte – 1989. Etwas verloren stand er dann mit Siegermuni Moriz in der Arena. Ein Anfreunden war auch nicht nötig, liess er den Hauptpreis doch da. Er ist zwar Landwirt, arbeitet aber in einem Lohnunternehmen «mit Maschinen».

Stäfa hätte es gern so gehabt
Es war ein würdiger Schluss eines gelungenen Tages. «Ganz genau so haben wir uns ein Schwingfest vorgestellt», sagte Christian Schnell im Rahmen des offiziellen Festakts am Nachmittag. Er war OK-Präsident des letztjährigen Kantonalen in Stäfa, das ohne Zuschauer über die Bühne gehen musste. Er brachte die Verbandsfahne mit, die von den Fähnrichen von Ossinger Vereinen begrüsst und angenommen wurde, und schwärmte: «Weinland – einen schöneren Namen gibt es nicht für ein Land!»

Er habe sich riesig auf das Schwingfest gefreut, hiess OK-Präsident Frank Günthardt die Anwesenden willkommen. «Wir wollen ein guter Gastgeber sein», sagte der Ossinger und bekam einen grossen Applaus zurück. Er dankte seinen Mitstreitern im OK und den 750 Helferinnen und Helfern. «Es ist unglaublich, was ihr gemacht habt, ich bin grauenhaft stolz.» Fünf Männer des TV Thalheim zum Beispiel waren für die ganze Rechenarbeit der fünf Ringe verantwortlich.

Er habe immer noch Hühnerhaut, sagte Frank Günthardt. Er möchte, dass 20 Gänge geschwungen werden und dass am Schluss der beste (und dann leiser: Zürcher) gewinne, was Gelächter auslöste. Klar dachte er dabei an Beda Arztmann, der schliesslich wie angekündigt einen Kranz gewann. Sein letzter Gang wurde frenetisch bejubelt, er reckte die Arme in den Himmel, und der Speaker verkündete: «Der Kranz bleibt in Ossingen!»

Ebenfalls einen Kranz gewann Phi­lipp Lehmann (Humlikon). Er sei optimistisch, sagte er vor dem Appell, jedenfalls sei er nicht nervös. Nach vier von sechs Gängen war er immer noch zuversichtlich, «wenn ich die zwei letzten Gänge gewinne». Das tat er auch. Als Beda Arztmann seinen entscheidenden Kampf – der Speaker sprach jeweils von Arbeit – hatte, stand Philipp Lehmann bereits frisch geduscht und mit Brille am Ring und freute sich mit.

Die ganze Zeit «zivil» zugegen war Jeremy Vollenweider. Der Marthaler war mit Schiene am Bein (Kreuzbandriss) und Stöcken unterwegs. Er schwärmte von den Bedingungen, die vor allem für die Zuschauer optimal seien. Für die Schwinger spielten zehn Grad mehr oder weniger nicht so eine Rolle, meinte er.

Fehr: «Mehr als Sport»
Schwingen sei mehr als Sport, sagte Regierungsrat Mario Fehr (parteilos) in seiner Ansprache. Hier werde Fairness gelebt. Er lobte die Veranstalter aus Ossingen, die nach Turnfest und Tour de Suisse nun das Kantonalschwingfest auf die Beine gestellt haben. Engagement und spürbarer Gemeinsinn – das könne man von Ossingen lernen.

Video: zvg

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