Sport

Ein sportliches Sägewerk

Ab heute kämpfen die besten Sportholzfäller in Stuttgart um Weltmeistertitel. Davor legte das Schweizer Team zwei Trainingstage in Waltalingen ein – mit Gästen aus den USA.

von Manuel Sackmann
03. November 2023

Wo gehobelt wird, fallen Späne, lautet ein Sprichwort. Und wo härteres Geschütz aufgefahren wird, bleibt noch deutlich gröberes Material zurück. So etwa am Dienstag und Mittwoch in Waltalingen, wo einige der besten Athleten im Sportholzfällen (offiziell Timbersports) in Sekundenschnelle massive Stämme zu Kleinholz verarbeiteten.

Als Vorbereitung auf die heute (Mannschaftswettkampf) und morgen (Einzel) in Stuttgart stattfindende Weltmeisterschaft traf sich das Schweizer Team in Waltalingen. «Ich habe die Bötschi AG kurzfristig angefragt, ob wir ihre neue Lastwagenhalle benutzen dürfen», sagt Stephan Hübscher. Der Guntalinger ist Präsident des Axemen Clubs Nordostschweiz und selbst schon lange im Metier unterwegs. Das Kieswerk stimmte zu und ermöglichte den starken Männern somit zwei optimale Trainingstage.

Eine Möglichkeit, die nicht nur die Schweizer gerne wahrnahmen. Denn mit ihnen war auch die US-Equipe im Weinland aktiv. Die Amerikaner hätten etwas gesucht, um sich vor dem wichtigen Wettkampf auf die europäischen Verhältnisse einzustimmen, erklärt Stephan Hübscher. Da sich in Deutschland nichts ergeben habe, seien sie auf Waltalingen gekommen. «Man kennt sich in der Szene», so der 48-Jährige.

Tatsächlich konnten beide Teams voneinander profitieren, indem sie direkt gegeneinander antraten, sich aber auch gegenseitig Tipps gaben.

Kraft, Präzision, Koordination
Der Sport ist kräfteraubend, erfordert aber ein hohes Mass an Präzision und Koordination, erst recht im Team. Denn an der WM absolvieren die vier Mitglieder unmittelbar nacheinander je eine Teildisziplin. Am Ende zählt die Gesamtzeit, die dafür benötigt wurde. Immer zwei Mannschaften treten im Knockout-System gegeneinander an. Das Grundprinzip ist immer dasselbe: einen genormten «Rugel» so rasch wie möglich zu durchtrennen. Das Arbeitsgerät und die Technik unterscheiden sich aber an jeder Station.

Im Teamwettkampf macht die Stock Saw den Anfang. Mit einer handelsüblichen Motorsäge muss eine Scheibe von vorgegebener Breite komplett an einem Stück abgeschnitten werden. Sobald das Sägeblatt am unteren Ende hervorkommt, geht es mit dem Underhand Chop weiter. Dabei wird das Zerteilen eines gefällten Baumes simuliert. Der Athlet durchschlägt den liegenden Stamm mit der Axt, während er selbst auf dem Holzstück steht.

Nun folgt die Single Buck: Das Arbeitsgerät ist dieses Mal eine grosse, gut zwei Meter lange Zweihandsäge. Den Abschluss bildet dann der Standing Block Chop, bei dem erneut die Axt zum Zug kommt. Im Unterschied zum Underhand Chop wird das Holz aber nicht liegend, sondern stehend bearbeitet. Für diese letzte Teildisziplin ist im Schweizer Team der Waltalinger Oliver Reinhard zuständig. Der 24-Jährige gehört zu den grössten Zukunftshoffnungen des Landes und hat bereits einige Erfolge im Nachwuchs und bei der Elite feiern dürfen (AZ vom 25.9.2020 sowie 31.5. und 13.9.2022).

Platz fĂĽnf oder gar besser?
Entscheidend sind nebst guten Zeiten am Holz insbesondere flüssige Übergänge von Athlet zu Athlet. «Ein fünfter oder sechster Platz wäre gut», schätzt Stephan Hübscher die Schweizer WM-Chancen ein. Vielleicht sei sogar mehr möglich. Ganz andere Ansprüche haben die Gäste aus den USA. Sie gehören mit Australien und Neuseeland zu den Spitzennationen, nichts weniger als der Titel ist daher das Ziel.

Wie weit es effektiv reicht, wird sich heute in Stuttgart zeigen, wenn aus den Lautsprechern das Startsignal ertönt: «Stand to your timber – 3, 2, 1… Go!»

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