Sport

«Es gibt keinen schöneren Abschluss»

Erstmals seit 2004 ist Pfadi Winterthur wieder Schweizer Meister. Für Adrian Brüngger ist es die Krönung zum Ende seiner langen Amtszeit als Trainer. Im Interview verrät der Henggarter, warum Pfadi das beste Team der Schweiz ist.

von Manuel Sackmann
25. Juni 2021

Nach über 14 Jahren als Pfadi-Trainer gelang Ihnen nun zum Abschluss der ganz grosse Triumph. Wie fühlt sich das an?
Adrian Brüngger: Es ist überwältigend. Rund um diesen Final wurden viele Geschichten geschrieben. Matias Schulz und Rastko Stojkovic kamen aus dem Ruhestand zurück, um nochmals einen Titel zu gewinnen. Michal Svajlen beendet seine Karriere nach elf Saisons bei Pfadi. Marvin Lier wechselt nach neun Saisons ausgerechnet zu den Kadetten. Und ich wollte meine 14 Jahre unbedingt krönen. All das hat dazu geführt, dass in unseren Köpfen eine Geschichte entstand, die nur auf eine ganz besondere Art enden durfte. Und genau so ist es dann auch gekommen.

Fünfmal verloren Sie den Playoff-Final schon, viermal gegen Schaffhausen. Wie gross ist die Genugtuung, die Kadetten endlich geschlagen zu haben?
Genugtuung ist das falsche Wort. Wir waren seit 2013 immer in den Top-3 der Liga – obwohl unsere finanziellen Mittel dafür eigentlich nicht ausreichten. Das Finale zu erreichen war jedes Mal eine aussergewöhnliche Leistung. Und wir spielten immer gut, sogar nahe am Optimum. Aber klar, wenn man ein Finale spielt, will man gewinnen. Nun hat es geklappt, und das fühlt sich sehr gut an!

3:0 – es war eine klare Finalserie. Was hat den Unterschied ausgemacht?
Wir waren als Team unglaublich kompakt und mental auf Topniveau. Wir waren bereit, alles für den Erfolg zu machen. Adir Cohen spielte 40 Minuten des dritten Finalspiels mit einem doppelt gebrochenen Arm. Zudem hatten wir mehr Selbstvertrauen als der Gegner. Von den letzten 21 Spielen gewannen wir 20, davon 9 in Serie in den Playoffs. Wir waren in dieser Saison ganz einfach die beste Mannschaft der Schweiz.

Sie haben vorhin Rastko Stojkovic angesprochen. Wie wertvoll ist es, einen wie ihn im eigenen Team zu haben?
Rastko war das fehlende Puzzle-Teil im grossen Ganzen. Seine individuelle Klasse ist herausragend. Ebenso wichtig war aber seine immense Erfahrung in wichtigen Spielen, seine Lockerheit und sein nicht zu stillender Siegeshunger. Er war der X-Faktor, keine Frage.

Im Spitzensport ist Kontinuität auf dem Trainerposten keine Selbstverständlichkeit. Sie waren aber 14 Jahre im Amt.
Wenn man etwas sehr gerne tut, fühlt es sich nach weniger Aufwand an, als es tatsächlich ist. Ich bin ein Typ, den der Wettkampf und die Herausforderung reizt, das hat mich immer motiviert. Zudem hatten wir mit wenigen Ausnahmen immer die richtigen Spieler und Charaktere an Bord. Klar, ein bisschen Reibung gab es auch bei uns ab und zu. Das ist normal, lässt sich mit Ehrlichkeit und Direktheit aber ganz gut regeln.

Wie hat sich Pfadi Winterthur seit Ihrem Antritt entwickelt?
Als Mannschaft haben wir eine kontinuierliche Entwicklung durchgemacht. Besonders stolz macht mich, dass es mir gelungen ist, die richtige Mentalität und Leistungsbereitschaft in die Mannschaft zu bringen. Diese beiden Faktoren waren die Grundvoraussetzung für unsere konstant guten Leistungen über die letzten Jahre. Der Verein ist heute sportlich auf allen Stufen gut aufgestellt.

Das war nicht immer so. Zwischenzeitlich drohte gar der Konkurs.
Diese Zeit war für mich und für alle in unserem Umfeld sehr hart und herausfordernd. Es ging ums nackte Überleben. Als Aushängeschild des Vereins waren die Mannschaft und ich natürlich besonders im Fokus. Gleichzeitig war es aber sehr berührend zu sehen, wie gross der Rückhalt in der Bevölkerung war. Viele Firmen haben Aktionen zugunsten von Pfadi gestartet, die Junioren haben Dinge in der Marktgasse verkauft oder Sammelaktionen organisiert, Kinder haben ihr Sackgeld dem Verein gespendet. Da war eine grosse Solidarität zu spüren.

Nun bedankten Sie sich mit dem Meistertitel. Reizt es Sie nach einer perfekten Saison wie dieser nicht, doch weiterzumachen?
Nein, ich hätte mir keinen schöneren Abschluss wünschen können! In den letzten 30 Jahren war ich – neben meinen anderen beruflichen Tätigkeiten – durchgehend als Spieler oder Trainer im Handball involviert. Es wird Zeit für eine Pause.

Womit verbringen Sie diese Pause?
Ich werde mich zu 100 Prozent auf meine beruflichen Herausforderungen konzentrieren. Seit Juli 2020 leite ich mit Omni Hypnosis International die weltweit grösste Hypnose-Schule. Die Hypnose als Therapiewerkzeug ist neben dem Sport seit langem meine zweite grosse Leidenschaft. Damit kann man das Leben von Menschen innert sehr kurzer Zeit zum Positiven verändern. Meine Mission besteht nun darin, dieser Methode zum Durchbruch zu verhelfen. Ich hoffe, ich brauche dafür etwas weniger als 14 Jahre Zeit.

Jean-Jacques Fasnacht mit seiner Frau Bea. Klicken Sie auf das Bild zur Vollansicht.
Jean-Jacques Fasnacht mit seiner Frau Bea. Klicken Sie auf das Bild zur Vollansicht. / zvg

Meister – aber nur im Testen

Den Kübel holten die Pfader aus Winterthur (siehe Interview oben). Im Playoff-Final setzten sie sich gegen die Kadetten aus Schaffhausen durch, die Dominatoren der letzten Jahre. Diese können, dürfen oder müssen sich Meister nennen, was die Anzahl Covid-19-Tests betrifft: 937 Nasen-Rachen-Abstriche waren es. Beim Abschlussapéro am letzten Samstag überreichten die Spieler ihrem Mannschaftsarzt Jean-Jacques Fasnacht deshalb als Dank ein spezielles Präsent. Da die Schaffhauser auch international spielten, seien es «sicher 45 Spiele» gewesen, so der Arzt mit Praxis in Marthalen. «Ein happiges Programm.» Und eine Erklärung, weshalb den Orangen nebst verletzungsbedingten Ausfällen von Leistungsträgern am Schluss der Schnauf gefehlt hat. (spa)

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