Sport

«Wir müssen wieder kleiner werden»

Das Zürcher Kantonalturnfest Wyland 2023 in Dägerlen war ein Erfolg: Für jede Helferstunde können 4.50 Franken ausbezahlt werden, und damit mehr als budgetiert. Trotzdem warnt die OK-Präsidentin vor Gigantismus.

von Manuel Sackmann
30. März 2024

Wie steht es um die Finanzen des KTF Wyland, das im vergangenen Sommer beim Lindenhof in Dägerlen von insgesamt elf Riegen aus der Region durchgeführt wurde? Auf diese Frage gab es in den letzten Monaten unterschiedliche, oftmals widersprüchliche Aussagen von diversen inoffiziellen Quellen zu hören. Manche meinten gar, der Grossanlass sei weit in die roten Zahlen gerutscht, an einen Gewinn sei nicht zu denken.

«Alles nur Gerüchte», sagte OK-Präsidentin Barbara Nägeli schon letzten November anlässlich der Delegiertenversammlung des Zürcher Turnverbands in Andelfingen (AZ vom 17.11.2023). Tatsächlich sei das Fest nicht nur sportlich erfolgreich verlaufen, sondern man könne auch mit einer schwarzen Null rechnen.

Besser als budgetiert
Und jetzt kommt es sogar noch besser. Am Dienstag hielt der Trägerverein seine Generalversammlung ab. Auf der Traktandenliste stand auch die Vergütung der Helferstunden. «Wir können 4.50 Franken pro Stunde auszahlen – das ist mehr als budgetiert», sagt Barbara Nägeli auf Anfrage. Bei insgesamt rund 60'000 Helferstunden entspricht dies über 270'000 Franken, die verteilt werden. Am meisten geleistet haben selbstredend die Mitglieder des Trägervereins, also die Riegen aus Andelfingen, Buch am Irchel, Dägerlen, Flaach, Henggart, Hettlingen und Marthalen. Entsprechend erhalten diese auch den grössten Batzen.

Dass sich das Ergebnis gegenüber den Einschätzungen vom November weiter verbesserte, hat verschiedene Gründe. Etwa beim OK. «Wir gingen bei den Helferstunden nochmals über die Bücher», so die Präsidentin. Schon vor dem Fest sei festgelegt worden, dass die Mitglieder des Organisationskomitees pro Tag lediglich acht Stunden aufschreiben – «auch wenn häufig eher das Doppelte geleistet wurde.» Trotzdem seien diese Stunden teilweise mehrfach in der Rechnung gewesen, was schliesslich bereinigt worden sei. Zudem hätten mehrere Sponsoren nach dem Fest auf noch ausstehende Rechnungsbeträge verzichtet, weil ihnen der Anlass so gut gefallen habe, sagt Barbara Nägeli.

«Ein Gewinn stand für uns aber nie im Vordergrund, wir wollten einfach sicher ‹usecho›», betont sie. Viel wichtiger sei gewesen, ein generell positives Fest auf die Beine zu stellen. «Das ist uns sehr gut gelungen.» Innerhalb des Trägervereins seien viele neue Freundschaften entstanden, zudem sei während der ganzen Arbeiten auf dem Wettkampfgelände nie ein böses Wort gefallen. Auch die Zusammenarbeit mit dem ZTV, dem Gewerbe, den Gemeinden und den Landbesitzern habe bestens funktioniert. Ebenfalls positiv: Zwar habe die Sanität über die zwei Festwochenenden immer wieder Einsätze gehabt, schlimme Verletzungen seien aber ausgeblieben.

Am Maximum angelangt
Und doch: «Ein solches Turnfest in dieser Grösse ist in Zukunft wohl nicht mehr möglich», meint Barbara Nägeli und warnt: «Wir müssen wieder kleiner werden.» Zumindest, wenn ein Turnfest wie das in Dägerlen auf der grünen Wiese durchgeführt und die gesamte Infrastruktur mit Wettkampfanlagen und Gastronomie von Grund auf aufgebaut wird. Bereits jetzt seien elf Trägervereine in die Organisation involviert gewesen, alleine der Auf- und Abbau habe mehr als zwei Monate in Anspruch genommen. «Irgendwann wird es schwierig, überhaupt noch Helferinnen und Helfer zu finden.» Doch das ist nötig, um einen Grossanlass wie das Zürcher Kantonalturnfest – nota­bene nach dem Eidgenössischen der zweitgrösste Breitensportanlass der Schweiz – stemmen zu können. Die Weinländer Ausgabe war mit 60'000 Stunden bereits deutlich grös­ser als die Version 2017 in Rikon. Damals wurden 50'000 Helferstunden geleistet.

Ein gewichtiger Grund, weshalb künftig wieder kleiner gedacht werden muss, sind die immer strengeren Auflagen. «Allein die Bodenschutzplatten kosteten rund 100'000 Franken», so die Marthalerin. Denn Anlässe, die mehr als fünf Hektaren Land benötigen, müssen nach kantonalen Vorgaben ein Konzept zum Schutz vor Verdichtung erarbeiten. Nur dank der Platten war es möglich, das Gelände mit schwerem Gerät zu befahren. Immerhin: Es hat sich gelohnt. «Die Bauern sind zufrieden, dass wir ihnen ihr Land in sehr gutem Zustand zurückgaben.» Heute sei dort kaum noch zu erkennen, dass erst vor einigen Monaten ein gewaltiges Turnfest stattgefunden habe.

Das KTF Wyland in Zahlen

15'000 Turnende, 3500 Helferinnen und Helfer, 1600 Kampfrichterinnen und -richter: Das sind sind nur einige der eindrücklichen Zahlen rund um das KTF in Dägerlen. Weitere interessante Informationen liefert eine Präsentation, die an der Generalversammlung des Trägervereins gezeigt wurde. Demnach reisten 85 Prozent der Menschen mit dem ÖV zum Festgelände, 1450-Mal verkehrte dazu der Shuttlebus vom und zum Bahnhof Henggart. Die Sanität kam 594-Mal zum Einsatz, mehrheitlich aufgrund von Kleinigkeiten. Die neun Gastrobetriebe verkauften 11'000 Turnendenverpflegungen, 3400 Kilogramm Pommes Frites, 5570 Flammkuchen und 14'600 Kaffees – und ab Beginn des Aufbaus bis zum Schluss lediglich 20 Stangen Zigaretten. Für die Arbeiten vor und nach dem Fest kamen auf dem 30 Hektaren umfassenden Gebiet 40 Fahrzeuge zum Einsatz. Zudem wurden 1400 Schalungstafeln, 3000 Quadratmeter Tartanbahnen und 25'000 Schrauben benötigt. (msa)

War dieser Artikel lesenswert?

Zur Startseite