Weinland

Ältestes Lokal öffnet wieder

Der «Hirschen» war eines der ersten Häuser im Ort und das erste mit Tavernenrecht. Am 10. September geht diese Geschichte weiter. Vermieter und Wirtin sind guten Mutes.

von Roland Spalinger
26. August 2022

Wenigstens von aussen gibt der «Hirschen» schon länger etwas her. Um die Liegenschaft verkaufen zu können, lies­sen die Besitzer die Fassade neu streichen. Die jetzige neue Besitzerin, die Familie Kempf, hat das ehrwürdige Lokal nun innen kräftig verändert. Mitte September soll Eröffnung des «Casa Volpi» sein, des Restaurants mit authentischer italienischer Küche, aber ohne Pizza. Christian und Florian Kempf sowie Wirtin Franca Reda-Volpi werden «alles dafür tun», dass der Termin eingehalten werden kann, wie sie vor Ort sagen.

Die Brüder Kempf sind 200 Meter Luftlinie vom «Hirschen» entfernt aufgewachsen und haben eine Beziehung zum Lokal. Sie erinnern sich, wie sie in der Wirtschaft ein und aus gingen und ebenso in der Schreinerei daneben. Deshalb und «wegen der Bedeutung des En­sem­bles» für Kleinandelfingen wollten sie die Liegenschaft erwerben, als sie zum Verkauf stand. Seit Dezember 2020 gehört sie ihnen. Und auch wenn es von aussen wenig den Anschein machte, ist innen viel passiert. «Wir sind stolz, dass wir sie in Begleitung der Denkmalpflege umbauen durften», sagt Christian Kempf.

Mit Wohnung und Zimmer
Nun ist der «Hirschen» bereit, wieder ein sozialer Treffpunkt des Dorfs zu werden. Das war er ab 1805 (das Haus selber ist etwa 350-jährig), und zwar der wichtigste überhaupt, wie aus dem Gutachten der Denkmalpflege hervorgeht. An der rege genutzten Verbindung Winterthur–Stein am Rhein gelegen, übertrug der damalige Gemeindepräsident Jakob Gasser dem «Hirschen» das Recht für Speisung und Beherbergung. Pferde und Kutschen wurden hinter dem Haus eingestellt, wo heute eine Zimmerei tätig ist.

Der Boden im Säli und in der Gaststube ist mit Parkett verlegt, «Eichen, rustikal», sagt Christian Kempf, die sanitären Anlagen wurden ganz erneuert. Alles ist frisch und hell gestrichen, an der Decke hängen moderne Lampen, die auch als Spots für Bilder an den Wänden genutzt werden können. Ins Dachgeschoss durften sie eine 3,5-Zimmer-Wirtewohnung einbauen und im ersten Stock die einstigen Hotelzimmer mit Etagendusche neu einteilen; einige davon haben Kempfs an Geflüchtete aus der Ukraine vergeben.

Auch das Dach ist neu und – nach dem einzigen Lapsus beim Umbau – nun auch farblich korrekt eingedeckt. Die Gemeinde sei streng gewesen, sagt Christian Kempf. Er kann den Einwand aber nachvollziehen, auch er fand die ersten Ziegel zu grau. «Die vier ältesten Häuser im Dorf müssen rötliche Dächer haben», findet er. Und glänzen tut auch der Hirsch wieder über der Eingangstüre – wie andere Arbeiten haben sie auch die Vergoldung an Handwerker im Ort vergeben.

Authentische italienische Küche
Bei der Wahl der Wirtin haben Kempfs ebenfalls Rücksicht genommen. Franca Reda wird eine authentische italienische Küche anbieten, wie sie ihre Eltern seit 32 Jahren in Kalabrien pflegen. Acht Jahre lang ar­bei­te­te sie dort, danach zwölf Jahre in der Toscana. Gelernt hatte sie Projektleiterin. Als sie mit der Schule fertig war, sei es Frauen in Italien nicht möglich gewesen, die Hotelfachschule zu besuchen, erzählt die 43-Jährige. Später dann schon. Ihre Muttersprache ist Italienisch, die Sprache der Mutter aber Französisch. In der Schweiz sind sie, ihr Mann und ihre Tochter seit fünf Jahren; ihr Deutsch wird zunehmend besser.

Sonntag und Montag sind Ruhetage, über Mittag gibts vier Menüs, zum Teil mit hausgemachter Pasta. Und vielleicht sorgt ein schöner Herbst dafür, dass nebst der neuen Fassade die von unten beleuchtete Platane beim «Hirschen» nicht nur hübsch aussieht, sondern auch zum Verweilen dar­un­ter einlädt. Auch die Aussenbestuhlung steht bereit.

Während also Franca Reda der Eröffnung ihres «Casa Volpi» am 10. September entgegenfiebert, hat für die 13-jährige Tochter bereits am Montag der neue Lebensabschnitt begonnen. Kurz nach dem Umzug nach Kleinandelfingen stand der erste Schultag in der Sek Andelfingen an.

«Treffpunkt» bleibt

Aus gesundheitlichen Gründen müsse sie sich sofort vom Café-Bis­tro Treffpunkt trennen, teilte Claudia Knöpfel im Juli via Facebook mit. Und wenn es bis Ende August keine Lösung gebe, werde sie das Lokal in Kleinandelfingen neben dem Optikergeschäft dann schliessen. So weit kommt es nicht. «Der ‹Treffpunkt› wird bestehen bleiben!», sagt sie und freut sich, dass auch ihr Konzept weitergeführt wird.
Konkret ist das Lokal noch bis am 31. August offen, macht im September Betriebsferien, und geht am 1. Oktober unter neuen Inhabern wieder auf. Claudia Knöpfel, Initiantin unter anderem der Weinland-Events und des Kleinandelfinger Weihnachtsmarkts, hat den «Treffpunkt» im Mai 2021 als Nachfolgebetrieb des Café Schläpfer übernommen.

Mit «Treffpunkt», «Hirschen» und dem «Café Kilchsperger» hat Kleinandelfingen also drei Lokale mit unterschiedlicher Ausrichtung. (spa)

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