«Mein Freund und ich hatten die SĂĽdamerikareise gut geplant. Unsere gemeinsame Wohnung hatten wir untervermietet, die Arbeitsstellen gekĂĽndigt und die fĂĽnfmonatige Route ausgearbeitet. Doch bereits vier Wochen nach dem Start im Februar, wir waren geÂrade in Argentinien, kippte die Stimmung in der Bevölkerung geÂgenÂĂĽber Europäern komplett, als die dortige Regierung beschlossen hatte, die Grenzen fĂĽr diese zu schliessen. Plötzlich wurden wir in den Restaurants nicht mehr bedient und zu einer Betriebsbesichtigung nicht mehr zugelassen. Und alles nur, weil wir Schweizer sind. Als ich hörte, dass Kollegen von uns sogar aus dem Hostel geworfen wurden und keine BusÂtickets mehr kaufen konnten, wusste ich: Wir mĂĽssen sofort gehen und die SĂĽdamerikareise abbrechen. Egal, wie gross der Traum war. Noch am gleichen Tag flĂĽchteten wir nach Chile, neben Brasilien das einzige Land in SĂĽdamerika, das die Grenzen noch nicht komplett geschlossen hatte.
Von dort aus wollten wir zurück in die Schweiz. Dafür hatten wir aber nur noch zwei Tage Zeit, denn danach würde die Regierung auch Chile dichtmachen. Wir buchten also einen Flug nach São Paulo über Paris nach Zürich. Leider verkündete der französische Präsident Emmanuel Macron einen Tag vor Abflug, nur noch Franzosen ins Land zu lassen. Unser Flug wurde deshalb kurz nach dieser Mitteilung gestrichen. Wie Tausende andere gingen wir nun auf gut Glück zum Flughafen von Santiago de Chile und versuchten, irgendeinen Flug nach Europa zu ergattern. Wir mussten Nummern ziehen – über 250 Menschen waren am Airline-Schalter noch vor uns dran, es herrschte Chaos. Wir hatten wirklich Angst, nicht mehr wegzukommen. Auch, da immer mehr Länder ankündigten, sich abzuriegeln. Doch mit sehr viel Glück bekamen wir Tickets für einen Flug nach Frankfurt. Es waren die allerletzten Plätze im letzten regulären Flug aus Brasilien nach Frankfurt – zwei Reisende aus der Schweiz mit demselben Problem direkt hinter uns konnten nicht mehr mit.
Stelle zu finden, wird nicht einfach
Und nun sind wir also bereits seit Mitte März anstatt erst im Juli wieder zurück in der Schweiz. Ich bin sehr dankbar, zu Hause zu sein. Andere hatten nicht so viel Glück. Allerdings bin ich auch etwas enttäuscht. Nach meinem BWL-Studium habe ich lange auf diese Reise gespart. Die Jobs zu kündigen und die Wohnung unterzuvermieten, hat uns Mut gekostet. Das Worst-Case-Szenario ist eingetreten, damit hätte ich noch vor wenigen Wochen nicht gerechnet.
Eine Stelle zu finden, ist nicht ganz einfach, da fast keine Jobs ausgeschrieben sind. Trotzdem bewerbe ich mich fleissig, so ist auch die Zeit gut ausgefĂĽllt. Wohnen können mein Freund und ich bei meiner Mutter, bis unsere Wohnung wieder frei wird. DafĂĽr bin ich sehr dankbar und geniesse auch die gemeinsame Zeit und die Spaziergänge in der Natur. Und bis im Sommer, wenn wir zurĂĽck in unsere Wohnung können, hat sich die SituaÂtion auf der Welt hoffentlich wieder etwas normalisiert und habe ich eine neue Stelle gefunden – am liebsten im Marketing.»
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