Weinland

Behörden sind sich uneinig

«Die Zukunft unserer Gemeinden in die Hand nehmen» lautet der Titel des Fusionsprojekts in der Region Andelfingen. Bei der Abstimmungsempfehlung schaut jede Behörde aber nur für ihren Bereich.

von Roland Spalinger
17. Juli 2020

Nun haben alle Behörden im Sek-Kreis Andelfingen ihre Empfehlung für den Urnengang am 29. November bekannt gegeben. Dann wird in Adlikon, Andelfingen, Henggart, Humlikon, Kleinandelfingen und Thalheim darüber abgestimmt, ob sie zu einer politischen Gemeinde mit Namen Andelfingen fusionieren und eine einzige Schulgemeinde (Sek und Primar) bilden wollen. Am Donnerstag trat die Steuerungsgruppe in Henggart vor die Medien.

Die Räte der politischen Gemeinden sind gespalten – die drei kleinen im Verbund sind für eine Fusion, die drei grossen dagegen. Interessant ist der Blick auf die Rechnungsprüfungskommissionen. In Kleinandelfingen äussert der Gemeinderat Zweifel an den finanziellen Überlegungen, die RPK aber, die Behörde für finanzielle Belange, empfiehlt den Stimmberechtigten ein Ja für den Urnengang. Das tut die gleiche RPK, zuständig für die Primarschule Andelfingen, auch bei der Frage der Schulfusion – und ist damit auch dort anderer Meinung als die Behörde; die Schulpflege Andelfingen kam laut Präsidentin Barbara Kummer «eindeutig» zum gegenteiligen Schluss. Andererseits sagt die RPK Andelfingen, zuständig für die Sek, Nein zur Schulfusion, die Sekundarschulpflege empfiehlt einstimmig Ja – Präsident Peter Stocker betont die Mehrwerte für Schüler und die grössere Chancengleichheit.

Drei Ja und . . .
Aus Adlikon komme ein klares und deutliches Ja, sagte Werner Wenk in Vertretung des Gemeindepräsidenten Peter Läderach. Gemeinderat, RPK und Schule stünden hinter der Fusion. Mit ihrer Grösse hätten sie grösste Mühe, die gestellten Anforderungen zu erfüllen. Eine Fusion sei «fast eine Notwendigkeit», so Werner Wenk. Dies gelte sowieso für die Schule, die bereits jetzt allergrösste Mühe habe, Behördenmitglieder zu finden.

Auch Humlikon steht hinter der Fusion und empfiehlt den Stimmbürgern ein Ja; der Antrag wurde bereits kommuniziert. Für die kleinste Gemeinde sei eine engere Zusammenarbeit überlebenswichtig, sagte Präsident Marcel Meisterhans. Und mittel- bis langfristig gesehen (vier bis zehn Jahre und mehr als zehn Jahre) gelte dies auch für die grösseren Gemeinden, meinte er. Aus Thalheim war niemand anwesend, die Behörden haben als erste ihre Ja-Empfehlungen kundgetan.

. . . Nein bei politischen Gemeinden
Wenig überraschend informierte Gemeindepräsident Hans Bichsel über die Nein-Empfehlungen aus Henggart. Die zentrale Erwartung eines Mehrwerts für die Bevölkerung werde nicht erreicht. Sie hätten Chancen gesehen, die Nachteile aber würden überwiegen. Bereits bekannt sind die ablehnenden Haltungen beider Andelfingen. Vor den Medien kritisierte Roger Keller (Kleinandelfingen), dass es keine Alternative gegeben habe. Die aufgegleiste Fusion sei «nicht der grosse Wurf». Andelfingens Gemeindepräsident Hansruedi Jucker nannte als Hauptargument für die Nein-Parole die Gefahr, dass in der Grossgemeinde die eigenen Projekte wie Parkierungsanlage beim Bahnhof und Marktplatz auf der Strecke bleiben könnten.

Nein empfehlen auch die Schulpflegen von Andelfingen und Henggart. Erstere eindeutig, wie Präsidentin Barbara Kummer sagte. Sie hätten eine ideale Grösse, für ihre Anspruchsgruppen, Schüler, Eltern, Personal, entstünden keine Vorteile. Knapp fiel der Entscheid in Henggart aus, sagte Präsidentin Petra Lieb. Mit Blick auf die unterschiedlichen Empfehlungen der Schulbehörden fasste sie es so zusammen: Schulen, die eine Schulleitung und -verwaltung vor Ort haben, «brauchen die Fusion nicht».

Bürger können solidarisch sein
Bei allen Ausführungen ging es nicht um «die Zukunft der Gemeinden», unter dessen Flagge das Projekt segelte, sondern immer um die Sicht für die eigene Klientel. Viele Rednerinnen und Redner sagten, Solidarität sei sehr wohl ein Thema gewesen. Sie seien aber gewählt, um für ihre Bürgerinnen und Bürger zu schauen. Barbara Kummer erklärte, die Primarschule Andelfingen sei unfreiwillig Teil des Fusionsprozesses geworden, und andere Schulen hätten nicht bei ihnen angeklopft.

Die Frage der Solidarität liegt nun vielleicht bei den Stimmberechtigten. Dass die harten Fakten unterschiedlich interpretiert werden können, zeigt sich in Kleinandelfingen sowie bei Sek und Primarschule Andelfingen.

Empfehlungen im Ăśberblick

 

Gemeinde Empfehlung Gemeinderat Empfehlung RPK
Adlikon Ja Ja
Andelfingen Nein Nein
Henggart Nein Nein
Humlikon Ja Ja
Kleinandelfingen Nein Ja
Thalheim an der Thur Ja

Ja

 

Schule Empfehlung Schulpflege Empfehlung RPK
Sek Andelfingen Ja Nein
Primar Adlikon Ja Ja
Primar Andelfingen Nein Ja
Primar Henggart* Nein Nein
Primar Humlikon Ja Ja
Primar Thalheim* Ja Ja


*Diese Primarschulen sind Teil der jeweiligen Einheitsgemeinden.

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