Meinrad Suter stellte im Zentrum Thurauen sein 600 Seiten umfassendes gewichtige Thur-Buch vor.
40 Millionen Franken hat der Kanton Zürich investiert, um die Thur auf ihren letzten fünf Kilometern aus ihrem menschgemachten Korsett zu befreien. Oder ihr «das Flussbett retourzugeben», wie Christoph Zemp, Chef des kantonalen Awel, am Mittwoch im Zentrum Thurauen sagte.
Dort fand die Vernissage eines Buches statt, das nicht nur, aber auch mit dem Projekt zu tun hat, das zwischen 1999 und 2017 umgesetzt wurde. Geschrieben hat es Meinrad Suter. Auslöser für ihn war eine freigelegte Verbauung von 1872, die für die Renaturierung herausgerissen wurde. Diese zeigte ihm, dass sich mit der Thur schon etliche Generationen beschäftigt, sich Gedanken gemacht und Massnahmen umgesetzt haben.
An der Thur wurde immer gebaut
«Wir haben das Rad nicht neu erfunden», sagte auch Walter Meier, der als Delegierter des Regierungsrats die 18-jährige Bauzeit begleitete und dabei merkte, dass es keinen geschichtlichen Überblick zur Thur gibt. Er wollte etwas Bleibendes schaffen, das über den Wasserbau hinausgeht. Mit dem Vorschlag eines Buchs sei er anfänglich aber nicht auf Begeisterung gestossen. Er habe dann aber einen Autor und einen finanzierbaren Weg gefunden.
Das Resultat liegt nun vor, ist 2,85 Kilo schwer und 604 Seiten stark: «Die Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart» der Thur und des Unteren Thurtals der Kantone Zürich und Thurgau. Acht Jahre hat Meinrad Suter, der im nahen Rickenbach lebt, daran gearbeitet und jede Zeile des «gewichtigen Werks», wie Walter Meier sagte, selber geschrieben. «Man liest es nicht einfach durch», sagte er weiter.
Die Hoffnung von Awel-Chef Zemp, es möge in der Region ein Bestseller werden, teilt nebst Walter Meier auch der Autor nicht. Er stellte im Gespräch sein Werk auf die Stufe der Chronik von Emil Stauber «Die Geschichte der Kirchgemeinde Andelfingen» – wie dieses sei sein Buch ein Nachschlagewerk mit bleibendem Wert.
Thurgau löst Thur-Korsett
Es sei «die Bibel für die Thur», so Martin Eugster, Leiter des Thurgauer Amts für Umwelt. Hatte sein Zürcher Pendant Christoph Zemp das Projekt Thurauen als Leuchtturm in Sachen Gewässerrevitalisierung in der Schweiz mit Ausstrahlung über die Grenze hinaus bezeichnet, das von Fachleuten aus Südkorea, Japan und China besucht wurde, sagte Martin Eugster: «Der Thurgau kommt auch!»
Sie würden in den nächsten Jahren 320 Millionen Franken investieren, um den Platz des Flusses von jetzt durchschnittlich 45 auf 80 Meter zu verbreitern. Auch sie wollten «die Erosion laufen lassen», also nicht nur Baumeister arbeiten lassen, sondern auch den Fluss selber, sagte er und sprach von einer Generationenaufgabe. In der Vernehmlassung zum Projekt «Thur+» seien 1300 Rückmeldungen eingegangen. Für die eine Seite müsste noch mehr für die Natur getan werden, die andere beklagt den Kulturlandverlust.
«Faszinierende Geschichte»
Letzteres ist das dominierende Thema der ganzen Besiedelung des Thurtals mit dem Fluss als Fluch und Segen sowie den Massnahmen, wo er «gottgegeben fliessen» soll. Der Entscheid, der 1764 in Zürich bezüglich der Frage von umgelegtem oder angespültem Land zwischen Alten und Andelfingen gefällt wurde, entspreche genau dem römischen Flussrecht des 6. Jahrhunderts, erzählte der Autor.
Hatten die Menschen vom 14. bis zum 19. Jahrhundert, in denen es kälter wurde, die Thur im Griff, klappte es ab 1800 nicht mehr. Der Klimawandel verlangte nach neuen Methoden. Die Antwort sind die jüngsten Eingriffe zwischen Alten und dem Thurspitz, die «einzigartig sind, aber nur ein Teil der faszinierenden Geschichte der Thur», wie Christoph Zemp sagte.
Finanziell schlug das 2,85 Kilogramm schwere Werk mit einer Auflage von 800 Exemplaren nicht auf die Rechnung der Thurauen. Ermöglicht wurde es durch Beiträge des gemeinnützigen Fonds des Kantons, von Stiftungen und Versicherungen. Einen «eindrücklichen Beitrag» hat laut Walter Meier auch Ernst Basler geleistet, der schon in seiner Heimatgemeinde Thalheim an der Thur als Sponsor aufgetreten ist. Das Buch kann bei der Cube Media AG für 74 Franken gekauft werden.
«Bibel für die Thur» vorgestellt