Weinland

Böögg taugt nicht als Wetterprophet

17 Minuten hat der Böögg dem Feuer der Pappenmannli standgehalten, halb so lange wie jener in Rheinau. Das sagt mehr über die Bauweise aus als über den kommenden Sommer.

von Roland Spalinger
20. Februar 2024

Lange Zeit sah es gut aus für den Mar­thaler Böögg. Die Pappenmannli, Burschen aus dem Dorf von der 4. Klasse bis zur 3. Sek, konnten es kaum erwarten, ihren Funken anzuzünden, und setzten den Holzstapel schon zwei Minuten vor 20 Uhr in Brand. Dazu hatten sie sich mit ihren Fackeln um ihr Werk verteilt. Die Flammen frassen sich dann langsam hoch, der Wind trug das Seine dazu bei, dass der Schneemann lange Zeit unbehelligt blieb.

Nach 14 Minuten war es so weit, das weisse Tuch fing Feuer. Und dann ging es schnell. Schützte vor einer Woche in Rheinau der extrem verdichtete Böögg der Haldebuebe die Zündschnüre und liess den siebten Böller erst nach 34 Minuten explodieren, leistete das Marthaler Pendant keinen Widerstand. Die Strohfüllung entlud sich über dem Feuer und bot zwar ein schönes Lichterspiel am Nachthimmel (und der Wind sorgte für spektakuläre Wirbel), aber auch für dicht aufeinanderfolgende Knalle.

Schön wars trotzdem. Die Pappenmannli zogen durch die Reihen auf dem Lindenhof und hielten den Schaulustigen ihre Büchsen hin für ihren verdienten Lohn; seit den Herbstferien hatten sie am Funken gebaut. Guggen begleiteten das Abbrennen mit ihrem Sound und den Sujetwagen, und der Stand der Pappenmannli bot Speis und Trank an.

Das Feuer bildete den Abschluss der Fasnacht mit Nachthämperball, Maskenball und Umzug, bei äusserst angenehmem Wetter – ein solch umfassendes närrisches Programm bietet kein anderer Ort mehr im Bezirk. An vorderster Front dabei sind jeweils die örtliche Gugge Chrottepösche und die Wagenbauer der Faoma, die auch eine Schnitzelbank präsentierten.

In der Bildergalerie (oben) und im Kasten (unten) berichten wir über weitere Fasnachtsanlässe aus der Region vom vergangenen Wochenende.

Der Böögg steht – Zeit für ein Gruppenfoto in Unterstammheim.
Der Böögg steht – Zeit für ein Gruppenfoto in Unterstammheim. / zvg
In Guntalingen akzeptierte der Böögg sein Schicksal mit der Anmut eines Balletttänzers.
In Guntalingen akzeptierte der Böögg sein Schicksal mit der Anmut eines Balletttänzers. / Silvia Müller

Fasnachtsspektakel fĂĽr Fasnachtsmuffel

Stammertal: In keiner Nacht des Jahres leuchten grössere Feuer als am Fasnachtssonntag. Die drei Dörfer feiern jedes für sich und teilen doch das Beste miteinander.

Fasnacht für Fasnachtsmuffel – das gibts im Stammertal. Weder Masken noch Kostüme sind jeweils zu entdecken, wenn am Sonntagabend die zwei Höhenfeuer am Stammerberg und das dritte auf dem Guntalinger Zenggel entfacht werden. Dort haben alle nur Augen und Ohren für das Spektakel der tanzenden Funken und krachenden Balken.

Die gigantischen Aschenhaufen räucheln noch am Tag danach, doch dann halten nur noch die stolzen Gruppenfotos von der Aufrichte die Erinnerungen an die ereignisreiche Bauzeit im Bild fest. So wie in Unterstammheim, wo das Team am Sonntagmorgen ein schnurgerades, wohlproportioniertes Bauwerk mit einem gut gemästeten Böögg auf der Spitze präsentieren konnte. Am Abend erleuchtete es im gros­sen fasnächtlichen Dreigestirn den Stammer Himmel.

Der Guntalinger Böögg auf der anderen Talseite stand sehr lange mit stoisch ausgebreiteten Armen in den Flammen – wie der Cristo Redentor in Rio. Dann beugte er sich etwas vor und verharrte minutenlang konzentriert in dieser Schräglage, so als ob er zögern würde, sich mit einem mutigen Sprung aus den Flammen auf den Boden zu retten. Dann, um 19.48 Uhr, explodierte seine erste Ladung. Ab diesem Moment besann sich der Böögg auf seine Aufgabe, ging sanft in die Knie, senkte seinen Körper elegant in die Mitte des Flammenturms und setzte sich selbst und dem Winter mit lauten Knallern ein Ende. Das war das ersehnte Zeichen: Gleich nebenan zündeten die Jugendlichen das dritte der drei prächtigen Feuerwerke, für die sie Geld gesammelt hatten. (sm)

War dieser Artikel lesenswert?

Zur Startseite

Zeitung Online lesen Zum E-Paper

Folgen Sie uns