Das gibts nur in Andelfingen

Andelfingen - Zum 50-Jahr-Jubiläum des Ausbildungszentrums (AZA) 2022 reichte es nicht. Drei Jahre später ist die Flutungsanlage trotzdem noch einmalig in der Schweiz. Am Freitag wurde sie mit 100 Gästen eröffnet.

Roland Spalinger (spa) Publiziert: 15. April 2025
Lesezeit: 3 min

In Andelfingen können Einsatzkräfte aus der ganzen Schweiz künftig für Hochwasser-Ereignisse trainieren. Sichtbarstes Teil der Anlage ist der 23 Meter hohe Turm, aus dem 350'000 Liter Wasser in die Tiefe stürzen und künstliche Trottoirs, Kellerräume und Tiefgaragen überfluten. Am Freitag wurde sie nach einjähriger Bauzeit (AZ vom 13.10.2023) in Betrieb genommen.

Simuliert wird in der neuen Anlage ein lauer Sommerabend, der böse endet: Aus dem kühlenden Gewitter wird ein Wasserstrom, der nicht mehr enden will. Die Kanalisation ist rasch überlastet. Das Wasser kann nicht mehr abflies­sen und führt zu Überflutungen. Aus dem Turm laufen 500 Liter Wasser pro Sekunde in fünf separate Räume in einem künstlichen Untergeschoss.

Die Anlage wird eingeweiht.

Baudirektor: «Mehr Hochwasser»

«Wegen der Klimaveränderung wird es künftig häufiger zu Hochwasser-Ereignissen kommen», sagte Baudirektor Martin Neukom (Grüne) bei der Einweihung. «Wir brauchen deshalb Möglichkeiten, um den Ernstfall zu üben.» Nach der Eröffnung in den Thurauen am letzten Samstag sei es die zweite Turmeinweihung in kurzer Zeit im Weinland, sagte er, und überreichte Sicherheitsdirektor Mario Fehr (parteilos) symbolisch den Schlüssel.

Dieser bedankte sich herzlich und bezeichnete den Baudirektor scherzhaft als Leihmutter, der ein Gebäude erstelle und es dann abgeben müsse. Mario Fehr nahm auch Bezug auf den 1.-April-Scherz der «Andelfinger Zeitung» und überreichte Martin Neukom ein Badetuch des Zivilschutzes. Wieder ernster sagte er, es sei klar, dass die Flutungsanlage keine Zürcher Anlage bleiben werde. Auch Einsatzkräfte aus anderen Kantonen würden hier trainieren können. In der Schweiz gebe es nichts Vergleichbares.

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Martin Neukom als Baudirektor übergibt den Schlüssel zur Flutungsanlage Sicherheitsdirektor Mario Fehr.

Er Habe Den Baudirektor In Badehosen Erwartet, Sagte Sicherheitsdirektor Mario Fehr Und Überreichte Martin Neukom Ein Badetuch

Er habe den Baudirektor in Badehosen erwartet, sagte Sicherheitsdirektor Mario Fehr und überreichte Martin Neukom ein Badetuch.

Feuerwehrleute und Zivilschützer üben voraussichtlich ab 2026 an dieser Stelle, Sandsäcke richtig zu legen, Wassermassen umzuleiten und möglichst viel Schaden von Menschen und Gebäuden abzuwenden. Dabei dürfen sie sich selber nicht in Gefahr bringen, etwa wenn Stromkabel ins Wasser hängen.

Der Turm ist die Kunst

Der Turm ist wie ein kleiner Staudamm gebaut: Statt nach aussen zeigen die Betonelemente nach innen. Das gibt Stabilität, obwohl die Elemente stellenweise nur zwölf Zentimeter dick sind. So konnten 20 Prozent Beton eingespart werden, was den Baudirektor der Grünen freut. Und durch diese Bauweise brauche der Turm keine Kunst am Bau. Die ganze Anlage kostete rund 6 Millionen Franken.

Um Trinkwasser zu sparen, wird das Wasser immer wieder zurück in den Turm gepumpt. Ein Jahr lang werden die gleichen Wassermassen aus dem Turm stürzen. Irgendwann wird das Wasser anfangen zu stinken – auch dies entspricht der Realität eines Hochwassers. Bis der gesamte Turm wieder mit Wasser gefüllt ist, dauert es zwölf Minuten.

Nächstes Gebäude wird noch höher

Sie freuten sich «wie kleine Kinder», umschrieb AZA-Chef Bruno Litschi die Stimmung im Team und bedankte sich unter anderem bei den am Bau involvierten Firmen. Elektroplaner Roman Edelmann aus Thalheim hörte es gern. Es sei aber nicht ganz einfach zu bauen gewesen, meinte er.

Seit über 50 Jahren können Einsatzkräfte in Andelfingen in einem künstlichen Dorf für den Ernstfall üben. Neben der nun eröffneten Flutungsanlage stehen dort Wohnhäuser, eine Tankstelle und künstliche Firmengebäude, in denen etwa Feuer ausbricht. Laut Thomas Bär, Chef des Amts für Militär und Zivilschutz, finden pro Jahr 33'000 Übungstage mit 15'000 Menschen statt. Mit 23 Metern ist der Turm der Flutungsanlage das höchste Gebäude im AZA. Aber nicht für lange. Daneben ist ein Hochhaus geplant, es wird 24 Meter hoch. (spa/sda)

Animation des Hochbauamts des Kantons Zürich.