Weinland

Der etwas andere Freizeitkapitän

Viereinhalb Tage die Woche arbeitet Thomas Häsler bei Siemens im Vertrieb, am Dienstagnachmittag geht er seiner Leidenschaft nach und steuert als Kapitän Passagierschiffe auf dem Rhein.

von Cindy Ziegler
07. August 2018

Es ist der Bubentraum schlechthin – einmal ein grosses Schiff über die Weltmeere zu steuern. So war es auch bei Thomas Häsler. Heute ist der 55-Jährige zwar kein Weltmeer-Kapitän, aber einer, der dafür umso lieber Passagierschiffe auf dem Rhein steuert.

Vor fünf Jahren suchten Madeleine und Heinz Frigerio Berbier von der Schifffahrtsgesellschaft Züri-Rhy AG mit einem Inserat fünf Kapitän-Auszubildende. Einer davon wurde der Zürcher Unterländer Thomas Häsler. Während drei Jahren durchlief er seine Ausbildung bei der Tössegg – am Wochenende und am Abend neben seiner Arbeit bei der Siemens. Nicht nur beim Fahrtraining lernte Thomas Häsler viel, sondern er eignete sich auch Wissen über die Wartung eines Schiffes und über die Elemente Wind und Wasser an.

Letzteres hatte ihn schon immer fasziniert. Wann immer es ging, war er auf und im Wasser, segelte, betrieb das Windsurfen oder fuhr Kajak. «Ich bin mit dem Wasser verbunden», sagt Thomas Häsler und schaut dabei auf den Rhein, der wie eine Strasse vor ihm liegt.

Geduld als wichtige Eigenschaft
An seinem «Freizeit-Beruf» gefällt dem Kapitän die Nähe zur Natur, der direkte Kontakt mit den Elementen und den Passagieren. Als Eigenschaften, die einen guten Schiffsführer ausmachen, nennt er vor allem eine – Geduld. «Haspelis können wir auf dem Wasser nicht brauchen.»

Geduldig müsse man besonders dann sein, wenn viele Schwimmer und Gummiböötler auf dem Rhein zwischen Ellikon und Eglisau unterwegs sind. Dann sei eine gute Übersicht gefragt und natürlich auch technisches Geschick. «Insbesondere Windböen können gefährlich sein und auch ein noch so grosses Schiff bewegen», erklärt er.

Präzise Vorbereitung
Thomas Häsler bereitet sich deshalb immer genau auf die Dienstagnachmittage vor, an denen er auf dem Rhein unterwegs ist: Noch zu Hause informiert er sich über den aktuellen Wasserstand und die Wetterprognose. Ausserdem muss er wissen, ob an dem Tag Anlässe auf und um den Rhein stattfinden. Meistens ist er bereits eine Stunde vor der ersten Fahrt vor Ort, um das Schiff einem technischen Check zu unterziehen – alle Flüssigkeiten werden kontrolliert, die Sicherheitsausrüstung überprüft und das Schiff optisch unter die Lupe genommen.

Während dem Dienst ist Kapitän Häsler nicht nur für das Steuern des Schiffs verantwortlich, sondern er verkauft auch Billette und Getränke. Nach der letzten Fahrt parkiert er das Schiff, macht einen letzten Check und putzt es, damit es am nächsten Tag wieder bereit für einen anderen Schiffsführer und neue Passagiere ist.

Im Winter: Wartungsarbeiten
Während des Sommers ist Thomas Häsler immer am Dienstagnachmittag  auf dem Wasser und teilweise auch an den Wochenenden. Im Winter beteiligt er sich an der Schiffswartung, beispielsweise bezieht er Sitzpolster neu oder erledigt Schleifarbeiten.

Dass er seiner Leidenschaft so nachkommen kann, brauche viel Verständnis seitens seines Hauptarbeitgebers, aber auch von seiner Familie. «Es ist manchmal nicht ganz einfach, das alles im Lot zu halten», sagt der Familienvater. Trotzdem macht er seinen zweiten Job gerne. Eine Karriere als Berufskapitän hätte er sich auch vorstellen können, er wollte jedoch nicht so lange von seiner Familie getrennt sein.

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