Weinland

Der Pöstler und Pita-Bäcker

Fahim Odeh vermisste nach seinem Aufbruch von Israel in die Schweiz vor allem eines: Pita-Brot. Mit der kleinen Bäckerei hat sich der Briefträger einen Traum erfüllt.

von Eva Wanner
28. Juni 2019

Warum ist die Pita innen hohl? Fahim Odeh lacht, als er die Frage hört. Und beantwortet sie, indem er den gesamten Pita-Back-Prozess erklärt und vorzeigt – und im Fall der Schreibenden auch die Möglichkeit bietet, selbst Hand anzulegen.

Seit Mitte März produziert Fahim Odeh an der Bärchistrass 1 in Marthalen Pitas. Vor 23 Jahren hat er Israel verlassen und, seit er in der Schweiz lebt, immer davon geträumt, wieder selbst Fladenbrote herzustellen. Aufgewachsen sei er quasi in der Bäckerei der Eltern, immer am Freitagabend halfen er und seine Brüder, grosse Mengen an Pitas herzustellen. «Ich vermisse das Produkt hier», sagt er. Wer mit dem verführerischen Duft selbst gemachter Pitas aufgewachsen ist, lässt sich vom Angebot der Grossverteiler nur schwerlich überzeugen.

Immer wieder stellte der Uhwieser selbst die Brote her, die mit allem, was das Herz begehrt, gefüllt werden können. Aber nur für sich, die Familie oder private Anlässe. Als er hörte, dass in Marthalen ein Raum frei wird, interessierte er sich sehr dafür. Was bis vor Kurzem einem Motorradgeschäft als Lagerraum diente, wurde renoviert, geplättelt und mit der nötigen Infrastruktur versehen, damit «Fahims Pita» einziehen kann. Dem Vermieter sei er dankbar, dass für ihn umgerüstet wurde, so der frisch gebackene Pita-Produzent. Und seinem Arbeitgeber, der Schweizerischen Post, sei er dankbar, dass er weiterhin 100 Prozent als Pöstler arbeiten und in der Freizeit Pitas für zwei Restaurants und Laufkundschaft herstellen kann.

Zusammensetzung muss stimmen
Aber … wie war jetzt das noch mit dem Hohlraum in der Pita? Erst mischt Fahim Odeh den Teig zusammen. Die Zusammensetzung – natürlich geheim! – muss genau stimmen, damit der Teig später richtig aufgehen und sich eben ein Hohlraum in der Mitte bilden kann. Zwei Knetmaschinen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit kommen zum Einsatz, der Teig wird in einen Portionierer gelegt. Er habe etwas gepröbelt, um die richtige Menge zu finden, so der 50-Jährige. Ein Laufband befördert die Portionen in den Abrunder, von Hand und mit routinierten Bewegungen gibt Fahim Odeh nochmals Druck und die letzte Form. Dann gehts ab in zwei Ausrollmaschinen: Eine macht die Teiglinge lang, die andere schliesslich rund.

Und dann kommt der entscheidende Moment: Der Bäcker legt die Teigfladen auf eine rotierende Platte in einem Gasofen mit Ober- und Unterhitze. Nach einigen Umdrehungen geht der Fladen auf wie ein Ballon – in der Mitte bildet sich das Loch.

Kleiner Familienbetrieb
Für einen Franken gibts in Marthalen Pitas mit Oliven, getrockneten Tomaten, Bärlauch oder Schwarzkümmel, für 80 Rappen das Original ohne Stückchen. Frische Pitas bezogen werden können jeweils am Freitag von 16 bis 18 Uhr und am Samstag von 15 bis 18 Uhr. Eingefrorene Pitas kann man nach Absprache mit dem Produzenten (079 742 77 61) auch ausserhalb dieser Zeiten beziehen.

Fahim Odeh ist mit der Familien-Pita-Produktion aufgewachsen – und auch ihm helfen nun seine Frau und seine beiden Kinder. Und die Gestelle und Behälter für die Fladenbrote hat Fahim Odeh gemeinsam mit einem Freund hergestellt. «Pitas fühlen sich auf Holz am wohlsten, sie mögen kein Metall oder Kunststoff», sagt Fahim Odeh. Die Produktion ist eine kleine Wissenschaft, die er bestens beherrscht. Eines ist besonders wichtig: Damit die Pita auch wirklich hohl ist, muss jeder Schritt genau stimmen. 

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