Weinland

Die erste Landpermanence

24 Hausärzte aus dem Weinland und der Region Winterthur Nord gründen per September eine gemeinsame Notfallpraxis. Diese soll Ärzte entlasten, das Problem der Nachfolge lösen und die Versorgung für Patienten verbessern.

von Cindy Ziegler
01. Februar 2019

Was tun, wenn man sich beim Znachtvorbereiten mit dem Küchenmesser in den Finger schneidet und ein Pflaster nicht ausreicht? Der eigene Hausarzt hat bereits geschlossen, für die Notfall­station im Spital ist die Verletzung aber doch «zu wenig», und wer der diensthabende Arzt im Bezirk ist, weiss man natürlich auch nicht. Ab September gibt es dafür in Henggart eine neue Lösung: die schweizweit erste Permanence auf dem Land, betrieben von 24 Hausärzten aus den Regionen Weinland und Winterthur Nord.

Die Idee: eine Notfallpraxis, die an 365 Tagen jeweils von 7 bis 22 Uhr durchgehend geöffnet ist, wie es zum Beispiel in Winterthur im Hauptbahnhof bereits üblich ist. Betrieben werden soll die Praxis an der Bahnstrasse 4 in Henggart – bahnhofsnah und im geografischen Zentrum der beiden Dienstkreise.

KĂĽrzere Wege und nicht teurer
Eine zentrale Anlaufstelle bieten zu können, ist den Hausärzten wichtig. Hausarzt Jean-Jacques Fasnacht sagt: «Notfalldienst zu leisten, ist nicht attraktiv für Hausärzte.» Man habe deshalb bereits früh angefangen, die Dienste auf alle im Bezirk zu verteilen. Im letzten Jahr erfolgte aus diesen Überlegungen auch die Zusammenlegung der beiden Dienstkreise. Die Gründung der AG, bei der 24 Hausärzte als Aktionäre beteiligt sind, soll diese Situation für die Mediziner verbessern und den Beruf Hausarzt auf dem Land für den Nachwuchs attraktiver machen. Das hat aber auch Nach­teile. Der Verwaltungsratspräsident und in Marthalen praktizierende Hausarzt Andreas Hablützel erklärt: «Bisher musste jemand aus Rheinau am Wochenende unter Umständen nach Elsau zum diensthabenden Arzt fahren.» Mit der neuen Notfallpraxis sollen die Wege für Patienten kürzer werden.

Auch wenn sich in den letzten Jahren viel in Bezug auf die Gesundheitsversorgung getan habe, beispielsweise mit der Einrichtung der kantonalen Triagestelle (siehe Kasten), sei die Situation für die Hausärzte auf dem Land bisher nicht zufriedenstellend gewesen, sagt Andreas Hablützel.

Henggarter Dorfpraxis integrieren
Nun nicht mehr Gedanken über seine Nachfolge machen muss sich der Henggarter Dorfarzt Hans-Rudolf Etter. Nach 28 Jahren gibt er die Selbständigkeit auf und integriert seine Praxis in die Permanence. Nach seiner Pensionierung wird er deshalb nicht mehr selber nach einem Nachfolger suchen müssen. Das übernimmt die Aktiengesellschaft. «Mir war sofort klar, dass ich da mitmachen muss», sagt der Mediziner. In der Permanence werden am Tag bestehende Patienten von Doktor Etter behandelt, aber auch solche, die keinen Hausarzt haben.

Rund neun Personen (inklusive Hans-Rudolf Etter) wird die Belegschaft der Praxis während den Geschäftszeiten zählen. Am Abend und an den Wochenenden werden die notfalldiensthabenden Ärzte vor Ort in Henggart sein – beispielsweise um Schnittwunden zu behandeln. Erreichbar sein wird die Permanence ab September telefonisch über die alte Hausarzt-Notfallnummer des Weinlands (052 317 57 57). Bis dahin und auch in Zukunft gilt die Nummer der Triagestelle (0800 33 66 55).

Triagestelle bleibt bestehen
Die kantonale Triagestelle und die von der Ärztegesellschaft betriebene Notfallnummer bleiben bestehen, sagt Andreas Hablützel. Für die Hausärzte auf dem Land hätten diese gesetzlichen Bestimmungen jedoch nicht die erhofften Verbesserungen gebracht. Erst mit der Zusammenlegung der Dienstkreise wurden die Ärzte auf dem Land entlastet. Angst, dass sich die Behörden nun hintergangen fühlen könnten, hat der Initiator nicht: «Es gibt viel mehr Argumente, die für die Landpermanence sprechen.» Ausserdem seien sie im Austausch mit den Gemeinden und dem Kanton. (ciz)

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