Weinland

«Die ‹Post› gehört dazu»

Samuel Krebs als Präsident der Genossenschaft Post Adlikon glaubt an das Projekt mit Restaurant und Wohnungen. Er hofft, dass auch der soziale Aspekt gewichtet wird – wie kürzlich andernorts.

von Roland Spalinger
15. Dezember 2023

Elsau-Schlatt verzichtet auf eine Million Franken – gegen den Antrag der Behörde hat die Schulgemeindeversammlung entschieden, das Lehrerhaus nicht zu verkaufen, das von einer Familie bewohnt wird.
Samuel Krebs: Das habe ich auch gelesen.

Was hat das bei Ihnen ausgelöst?
Für die Gemeinde ist nichts verloren. Sie bleibt im Besitz der Liegenschaft, ist aber eventuell gezwungen, zu investieren.

Sie setzen sich für den Erhalt der «Post» Adlikon ein. Sehen Sie einen Zusammenhang?
Unsere Gemeinde, nicht nur der Gemeinderat, ist kaum gewillt, Investitionen in solche Gebäude zu tätigen. Und das verstehe ich auch – es ist nicht Aufgabe einer Gemeinde, ein Restaurant zu besitzen. Früher mit der Verwaltung im gleichen Haus war das noch sinnvoll, heute weniger. Private oder eine Genossenschaft können auch pragmatischer sanieren und umbauen.

Gibt Ihnen das Beispiel aus Elsau-Schlatt Hoffnung?
Die ist sowieso vorhanden. Wenn die Gemeinde auf Geld verzichtet, hat die Bevölkerung der ganzen Region die Gewähr, dass das Restaurant in seiner Form mit Garten und Saal erhalten bleibt. Genau dieser Saal rechnet sich bei einem Investor vielleicht nicht, wir sehen ihn als Zugabe.

Seit Mitte Februar ist die «Post» geschlossen, was fehlt seither in Adlikon?
Ein Restaurant, der Garten im Sommer und für die Vereine ein Versammlungslokal. Ich möchte das jetzt nicht dramatisieren, aber früher sah man Autos, und mehrheitlich lief etwas, und man traf sich. Nun ist nichts mehr, nur noch eine traurige Sache, auch für das Gebäude, das nicht mehr genutzt wird.

Ein Mitstreiter von Ihnen hat an der Gemeindeversammlung vor einem Ausbluten des Dorfs gewarnt.
Wir müssen schon aufpassen, dass Infrastruktur nicht einfach aufgegeben wird. Die «Post» ist nicht am zerfallen, die Küche ist erst gut zehnjährig – Investitionen würden wir tätigen, müssten den Betrieb aber mit regelmässigen Einnahmen aus den altersgerechten Wohnungen, nicht Alterswohnungen, quersubventionieren können.

Hat Adlikon es verpasst, das Lokal zu erhalten?
Man kann sich fragen, ob man schon früher eine Genossenschaft hätte bilden sollen. Wie diese Abstimmung herausgekommen wäre, weiss ich nicht. Man wäre wohl davon ausgegangen, dass die neue Gemeinde das Lokal weiterführen würde, wie es war. Es sind ja auch bis zuletzt noch Investitionen getätigt worden. Ich verstehe die Gedanken der jetzigen Behörde, das Haus zu Geld machen zu wollen, wegen der steigenden Gesundheitskosten usw. Und es wäre wohl auch falsch gewesen, die Rosine «Post» vor der Fusion noch günstig zu verkaufen. Aber genau deshalb bin ich enttäuscht, dass es nun nur dar­um gehen soll, möglichst viel Geld herauszuholen. Wir sind ja bereit, einen angemessenen Preis zu zahlen, auch wenn dieser wohl eher unter dem Schätzwert liegt.

Aber?
Wir bieten auch etwas für die Allgemeinheit! Nicht alle wollen und können in Andelfingen wohnen, auch nicht in Wohnungen. Ich bin ausserhalb des Dorfs aufgewachsen, hatte aber nie das Gefühl, keinen Anschluss zu haben. In unserem Projekt sollen Wohnungen und Restaurant eine Einheit sein. Der genossenschaftliche Gemeinschaftsgedanke soll aktiv gelebt werden. Der Gemeinschaftsraum wäre der Saal, der vom Restaurant abgetrennt werden kann, oder der Garten.

Hatten Sie denn Applaus erwartet für diese Pläne?
Das nicht, aber der finanzielle Aspekt stand und steht zu weit vorne, der soziale Aspekt hingegen wird nur seitens der Genossenschaft betont. Da frage ich mich schon, ob das richtig ist. Ich hoffe darauf, dass, wenn unser ganzes Konzept steht, auch der Gemeinderat und der Finanzvorstand sagen können, es sei eine gute Sache.

Schliesslich wird die ganze Gemeinde Andelfingen entscheiden, ähnlich wie jüngst in Elsau-Schlatt.
So ist es, zugesperrt und verkauft ist schnell – einer Gemeinde muss aber bewusst sein, was verloren geht.

Ist Adlikon noch ein Dorf oder nur noch ein Quartier?
Es soll ein Dorf bleiben, und die «Post» gehört da dazu. Sie ist nicht marode, sondern erhaltenswert für das ganze Weinland. Schon vor 50 Jahren konnte das Lokal nicht vom Dorf allein existieren, es hat überregionalen Charakter. Die Genossenschaft soll als Gemeinschaft der Menschen in den Wohnungen und dem Restaurant leben. Das ist unser Wunsch.

Samuel Krebs ist 62-jährig und lebt in Niederwil. Seine Firma Krebs Gerüstbau GmbH beschäftigt rund 30 Mitarbeitende und bezieht gerade den Neubau auf dem Gelände der Robert Schaub AG in Andelfingen.

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