Weinland

Die Wyland Chäsi ist in neuen Händen

27 Jahre führten Agnes und Friedrich Sommer ihre Spezialitäten-Käserei. Nun verabschieden sie sich in den wohlverdienten Ruhestand und über­geben den Betrieb Anfang April an Therese und Daniel Keller.

von Tizian Schöni
03. April 2024

Als das Ehepaar Sommer die Käserei 1997 von der Sennereigenossenschaft Henggart übernahm, wurde dort ausschliesslich Raclette-Käse produziert. Doch Raclette alleine rentierte nicht. Das hätten sie bald gemerkt, sagt Friedrich Sommer. 27 Jahre lang führte er die Käserei gemeinsam mit seiner Frau Agnes.

In dieser Zeit bauten sie den Betrieb nach und nach in die einzige Spezialitäten-Käserei zwischen Zürich und Schaffhausen um. Heute wird nicht mehr nur Schmelzkäse hergestellt, sondern auch Kräuterzauber, Rahmkäse, Cheddar oder Tannhütten-Käse. Insgesamt rund 20 Sorten sind es, die Friedrich und Agnes Sommer mit der Hilfe von fünf weiteren Mitarbeitenden produzieren.

Schrittweise vergrösserte sich der Betrieb: Im Jahr 2000 wurde das Reifungslager in der ehemaligen Landi in Gleisnähe gebaut, 2004 erneuerten die Sommers die Produktionsanlagen in der Molkerei an der Rebbergstrasse. Seit 2009 wendet im Reifungslager ein Roboter die schweren Käselaibe automatisch.

Stets ein Ausbildungsbetrieb
Parallel bildete der Milchtechnologe immer auch Lernende aus. «Mein erster Lehrling ist heute Direktor bei Aldi», sagt Friedrich Sommer. Kürzlich schloss die 32-jährige Judith Germann mit Bestnote (AZ vom 15.8.2023) ihre Lehre als Milchtechnologin in der Käserei ab. Noch etwas, das sich seit seinem Berufseinstieg verändert habe: Unter den Milchtechnologen seien immer mehr Milchtechnologinnen zu finden.

«Wir haben das Ganze regional verankert», sagt Friedrich Sommer. Als er die Käserei übernommen habe, seien die Volg-Läden in der Region nicht beliefert worden. Heute sind seine Produkte in den meisten Auslagen regionaler Lebensmittelgeschäfte zu finden, rund einen Drittel seines Umsatzes erwirtschaftet er so. Der Name Wyland Chäsi ist im Weinland längst zur Marke geworden, die für Regionalität und eine hohe Verarbeitungsqualität steht. Nebst Käse bieten die Sommers auch weitere Milchprodukte wie Joghurt oder Frischmilch an.

Zu einem wahren Kassenschlager habe sich der 2022 eingeführte Cheddar entwickelt. Ein Händler habe ihn auf die steigenden Importvolumen des gelb-orangen Käses aufmerksam gemacht, also begann er, an einer eigenen Produktion herumzutüfteln. Heute wird der Wyland-Chäsi-Cheddar streng nach dem britischen Originalrezept geschreddert und gepresst. Danach reift er drei bis sechs Monate luftdicht verpackt im Lager der ehemaligen Landi und wird anschliessend in die ganze Schweiz verkauft. «Bis nach Genf», sagt Friedrich Sommer – mit einem Quäntchen Stolz in der Stimme. Auf die Frage, weshalb ausgerechnet Cheddar im Käseland Schweiz so gut laufe, sagt Nachfolger Daniel Keller lachend: «Weil er so gut ist!» Friedrich Sommer ergänzt, er eigne sich sehr gut zum Backen, und es gebe viele in der Schweiz wohnhafte Ausländer, denen der Käse wohlbekannt sei.

Wandel in der Milchwirtschaft
Auch den Wandel haben die Sommers miterlebt. «Früher hatte ich zwölf Lieferanten, fünf davon in Henggart», sagt Friedrich Sommer. Heute seien es noch drei, und im Dorf selber gebe es gar keine Milchkühe mehr. Das Volumen ist aber ungefähr dasselbe geblieben: 1,4 Millionen Liter Milch verarbeiten die Sommers alljährlich in ihrer Käserei. Zum Vergleich: Die Schwimmbadanlage in Andelfingen fasst knapp zwei Millionen Liter Wasser.

Ab dem 1. April übergeben die alten Pächter die Käserei an Therese und Daniel Keller. Der Milchtechnologe mit Meistertitel arbeitet schon seit November 2022 im Betrieb mit, gelernt hat er das Handwerk in der Emmentaler-Käserei Räuchlisberg in Amriswil. Das Ehepaar Sommer geht dann in den Ruhestand – und erst einmal auf eine grosse Reise. Japan, Australien und die USA stehen auf dem Programm. Ob es auch dort den Käsereien nachgehe? «Abstreifen kann man das nicht», sagt Friedrich Sommer.

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