Weinland

Durch das Rohr entsorgt

Seit vier Wochen können Private all das, was im Haushalt anfällt, im neuen Eco-Center in Riet entsorgen. Armin Mühle erzählt, weshalb der Neubau keine Schnapsidee war.

von Evelyne Haymoz
05. Januar 2021

«Finde ich eine Idee gut, ziehe ich sie durch. Ich verbiege mich nicht», sagt Armin Mühle, Geschäftsleiter der Hs. Mühle Recycling AG. Diese Geradlinigkeit trug ihn auch durch die vergangenen eineinhalb Jahre, in denen in Riet (Neftenbach) eine neue Sammelstelle für Private entstand. «Das Eco-Center ist eine komplett neue Dienstleistung», betont der 58-Jährige stolz. Sein Unternehmen ist sonst auf das Entsorgen von Abfällen aus Industrie- und Gewerbebetrieben sowie auf die Leerung von Gemeinde-Sammelstellen ausgerichtet.

Seit dem 7. Dezember können Pri­vate nun direkt mit dem Auto in die helle Halle fahren und all das entsorgen, was im Haushalt an Abfällen anfällt: Von der Aludose über Altpapier und Petflaschen bis hin zu Sperrmüll.

Das System sei «easy»: gesteuert über ein Lichtsignal am Eingang und durch Angestellte, die den Kunden Parkfelder zuweisen würden. Gleich daneben befinden sich die kostenlo­sen Entsorgungsstationen: Korkzapfen, Kaffeekapseln, Glas und mehr rutschen dort durch Röhren ins Untergeschoss, wo Container die Materialien aufnehmen. Mittels Videoüberwachung wird sichergestellt, dass die Behälter rechtzeitig geleert werden. Die Verteilung auf zwei Ebenen bringe auch logistische Vorteile mit sich und diene der Sicherheit, da die Kunden vom übrigen Betriebsverkehr getrennt seien.

Die Idee, Rohre zu benutzen, sei ihm beim Abbruch einer Mühle gekommen, wo Körner durch ein solches System aus den Silos in die Mühlen transportiert wurden, erzählt der Geschäftsleiter. «Das könnte auch beim Entsorgen funktionieren», dachte er sich.

Und so rutschen oder segeln 95 Prozent der angelieferten Güter durch Rohre oder über eine Brüstung ein Stockwerk tiefer. Kostenpflichtiges Sperrgut und Sondermüll wird hingegen auf einem Wagen gewogen und im Kassenhäuschen abgerechnet. Das anschlies­sende Sortieren übernehmen die Damen vom Eco-Center.

Über fünf Millionen Franken kostete der Neubau. Bei der Einrichtung seines Centers zeigte sich Armin Mühle kreativ und recycelte einige Objekte. So wurde an der Ostfassade das «Mühle-Chörbli» angebracht. Dar­über prangt das Cockpit eines italienischen Sportflugzeugs als Vordach, und eine wandtafelgrosse Landkarte einer Sekundarschule bringt Farbe in die Kantine.

«ECO» aus drei Kreisen
Überhaupt sind immer wieder südliche Elemente zu finden: Ehemalige Kolben eines Schiffsmotors von Sulzer stützen das Obergeschoss des Eco-Centers. Von unten betrachtet verleihen sie der Abwurfstation ein römisches Antlitz. «Es erinnert mich an ein Amphitheater», sagt Armin Mühle. Selbst auf den Namen stiess er im Süden, als er nach einer Motorradtour auf Sardinien sein Bierglas mehrmals nebeneinander abstellte und auf die zurückbleibenden Kreise blickte: Die Buchstabenfolge «ECO» sprang ihm entgegen. «Es war also keine Schnaps-, sondern eine Bieridee», sagt er und lacht.

Entsorgen ist ein Grundbedürfnis
Wer Armin Mühle dabei zuhört, wie er über die Entstehung der modernen Entsorgungsanlage spricht, merkt rasch, dass er eine langfristige Geschäftsvision verfolgt. Auch dass das Eco-Center zwischen Aesch und Ohringen sich nun in der Anfangsphase befinde und dass diese bescheiden verlaufe, sei normal. Das Ziel, das er im Laufe dieses Jahres erreichen will, sind täglich 300 bis 500 Lieferungen von Privaten, doppelt so viele am Samstag. Zu seinem Einzugsgebiet zählt er Seuzach, Wülflingen und das ganze Zürcher Weinland.

In Dachsen ist er seit diesem Jahr für die Leerung der neuen Sammelstelle («AZ» vom 3.11.2020) und der Grüngutabfuhr verantwortlich.

«Lokal, schnell und nachhaltig zu entsorgen ist ein Grundbedürfnis», meint Armin Mühle. Das verändere sich nicht. Früher habe man Lumpen und Knochen wiederverwertet, heutzutage wünsche der Kunde, dass Kunststoffe, Elektroschrott und Kaffeekapseln recycelt würden.

Seit bald 40 Jahren arbeitet er im Betrieb, der sich von einer Reparaturwerkstätte zum modernen Recycling- und Entsorgungsbetrieb entwickelt hat. Nach seiner Lehre als Automechaniker in Flaach und der Weiterbildung zum Technischen Kaufmann stieg er bei seinen Eltern ein. Damals waren sie zu siebt, heute sind es allein so viele Auszubildende, hinzu kommen 30 Mitarbeitende. Vier Frauen über 40 hat er vor wenigen Wochen aus dem Weinland für das Eco-Center rekrutiert.

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