Weinland

Ein Festival ist nicht genug

Sein erstes Openair plante er als 20-Jähriger in Andelfingen. Inzwischen hat Dominic Schmid seine Leidenschaft zum Beruf gemacht: Er arbeitet bei den Musikfestwochen und führte das Festival durch die schwierigen Corona-Jahre.

von Tizian Schöni
28. Juli 2023

Dominic Schmid ist in Kleinandelfingen aufgewachsen. Dort war er in der Pfadi Andelfingen aktiv, wo er zum 60. Geburtstag des Vereins sein erstes Festival veranstaltete. 2007 schloss er seine Lehre als Geomatiker ab, 2013 begann er seine Ausbildung zum Sekundarlehrer und arbeitet seither Teilzeit in diesem Beruf. Im November 2019 übernahm er die Co-Geschäftsleitung der Musikfestwochen. Diese gab er auf dieses Jahr ab, arbeitet aber weiterhin beim Festival. Auch die Pfadi hat den heute 37-Jährigen noch nicht losgelassen: 2025 organisiert er das nächste Pfadi-Openair.

Dominic, deine ersten Musikfestwochen als Co-Geschäftsleiter konnten 2020 wegen der Pandemie nicht stattfinden. Ein Jahr später war die Situation für Grossanlässe nicht besser. Wie bist du damit umgegangen?
Dominic Schmid: Wir waren gezwungen, kreativ zu werden. Damals, im Sommer 2020, haben wir gemerkt: In der Steinberggasse geht es nicht. Mehrere Tausend Besucherinnen und Besucher auf so engem Raum, das war keine Option. Wir haben dann sicher zehn Plätze rund um die Stadt angeschaut und dazu noch jeden Platz aus verschiedenen Szenarien betrachtet. Was, wenn sich nur 500 statt 5000 Leute versammeln dürfen? Wie funktioniert der Ort, falls es eine Eingangskontrolle braucht? Damals war noch völlig unklar, welche Regulierungen im nächsten Jahr gelten würden.

30'000 Besucherinnen und Besucher zählte die 46. Ausgabe. Wie blickst du auf das Festival zurück?
Der Name war zwar derselbe, und unsere Partner oder langjährigen Unterstützerinnen waren schliesslich noch da. Aber eigentlich haben wir in dem Jahr ein völlig neues Festival aus dem Boden gestampft, darauf bin ich stolz. Mir gefällt dieses projektbasierte Arbeiten sehr, man sieht, wie etwas wächst.

Das neue Format in zwei Winterthurer Parks – statt zentral in der Altstadt – wurde von Stadtpräsident Michael Künzle damals als «kreativ, flexibel und professionell» gelobt. Sind dir solche Rückmeldungen wichtig?
Klar, aber häufig kriegen wir auch «indirekt» positive Feedbacks. Ein Beispiel: Wir haben bei den Musikfestwochen fast 1000 freiwillige Helferinnen und Helfer. Die meisten von ihnen sind schon seit Jahren dabei und melden sich jedes Jahr wieder für ihre Schichten an. Das zu sehen, gibt mir sehr viel zurück.

Welche Baustellen gibt es dieses Jahr?
Ganz oben in der Gasse, an der Kreuzung zur Obergasse, hatten wir bisher ein unschönes, weisses Verpflegungszelt. Das werden wir dieses Jahr durch einen zweistöckigen Bau mit Containern ersetzen und noch mehr auf externe Gastroangebote setzen. Als Musikfestwochen konzentrieren wir uns auf das, was wir gut können: Bier ausschenken (lacht).

Ein Blick in die Vergangenheit: 2006 hast du dein erstes Openair organisiert?
Ich bin in Kleinandelfingen aufgewachsen und war damals Kassier oder Abteilungsleiter der Pfadi Andelfingen, ich weiss es nicht mehr genau. Auf jeden Fall wollten wir zum Jubiläum ein Openair nicht nur für Pfadis, sondern für die ganze Bevölkerung aus der Region organisieren.

Hat das geklappt?
Also von der Bevölkerung kam dann fast niemand (lacht). Aber wir hatten noch andere Pfadi-Abteilungen eingeladen, ein paar von denen kamen schon vorbei.

Es trat die berühmte Kinderband «Schtärneföifi» auf, und es gab sogar ein Camping für die Übernachtung. Ein ziemlicher Wurf für damalige Verhältnisse!
Ja, für uns war es ein grosses Ding. Aber wir waren damals auch ziemlich naiv. Jeder hat geschaut, dass sein Zeug stand, doch eine Übersicht über das Budget hatte niemand. Am Ende klaffte dann ein ziemliches Loch in der Kasse, wir hatten mit mehr Gästen gerechnet. Zum Glück nahmen wir noch im selben Jahr an einem Wettbewerb von Swiss Olympic teil, da gewannen wir 10'000 Franken. Damit war der Verlust wieder ausgeglichen.

Trotz des zweifelhaften Ausgangs: Die Pfadi-Openairs haben dich nicht losgelassen. 2025 soll ein «Pfadi Folk Fest» in Winterthur stattfinden, du bist dort im Vorstand. Was ist das?
Das PFF hat – wie viele Pfadi-Traditionen – seinen Ursprung in England. Es ist eigentlich ein Anlass von und für leitende und ehemalige Pfadis, bei dem Musik im Vordergrund steht. Heute sagen wir einfach «Pfadi-Openair», natürlich sind aber auch Nicht-Pfadis willkommen. Für das 50-Jahr-Jubiläum schwirrt mir schon lange die Idee im Kopf herum, das Festival wieder nach Winterthur zu holen. Denn 1975 fand das erste PFF der Schweiz dort statt, gleich bei der Mündung der Steinberggasse in den Neumarkt.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem «Pfadi Folk Fest» und den Musikfestwochen?
Ich weiss nur: Teile des PFF fanden 1975 in der Winterthurer Altstadt statt, im OK war damals Walter Hodel, der Bruder von Markus Hodel, der ein Jahr später die Musikfestwochen aufgleiste. Walter soll dann zu seinem Bruder mal gesagt haben: «Geht doch auf die Gasse». Denn die ersten Musikfestwochen fanden damals noch im Musikclub «Africana» statt.

Wie weit seid ihr in der Planung, und mit wie vielen Besucherinnen und Besuchern rechnet ihr?
Wir haben ein Datum und einen Platz. Momentan besetzen wir das OK und haben schon fast alle Ă„mtli verteilt. Wir erwarten etwa 3500 bis 5000 Personen.

Und wo wird es stattfinden?
Da wir noch auf die Bewilligung der Stadt warten, kann ich das noch nicht genau sagen.

Vor Kurzem hast du die Geschäftsleitung der Musikfestwochen abgegeben, arbeitest aber weiterhin in einem 60 Prozent-Pensum dort. Daneben bist du noch als Sekundarlehrer tätig. Zwei ziemlich unterschiedliche Jobs …
Für mich sorgt genau diese Verschiedenheit für einen idealen Ausgleich. Zudem ist die Arbeit für ein Festival sehr saisonal geprägt, im Sommer gibt es viel zu tun, im Winter weniger. Als Sekundarlehrer habe ich in den «Leerzeiten» oft vikarisiert. Die Musikfestwochen bleiben aber definitiv mein grösster Lebensinhalt.

Die Musikfestwochen finden dieses Jahr vom 9. bis 20. August in der Winterthurer Altstadt statt. Kostenpflichtig ist das Programm nur am zweiten Wochenende. Nebst zahlreichen Schweizer und Winterthurer Künstlerinnen und Künstlern (Sebass, Soldat Hans, EKK) treten auch international bekannte Musikmachende auf (Bilderbuch, Danger Dan, The Black Angels). Zum Festival gehören auch Lesungen, Theateraufführungen und ein Gottesdienst.

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