Weinland

Ein Hotel aus Sand für die andere Schwalbe

Trotz der Nähe zum Rhein: Für Uferschwalben ist auf dem ehemaligen Kiesgrube-Areal beim Schützenhaus Rhein­au ein Sandhügel angelegt worden. In Mar­thalen sind solche künstlichen Nistplätze ein Erfolg.

von Roland Spalinger
04. Mai 2021

Die Uferschwalbe sei oben auf der Liste, sagt Hans-Caspar Ryser. Sprich, der Bestand dieses Vogels ist «verletzlich». Vor der Renaturierung der Thur «gab es sie bei uns kaum mehr», so der Mar­tha­ler Naturschützer. Nur noch in Kiesgruben, in den Sandadern von steilen Wänden, gruben die Langstreckenzieher ihre Röhren und brüteten.

Im Kanton Zürich gab es in den vergangenen Jahren noch fünf bis acht Uferschwalben-Brutkolonien, heisst es bei der Baudirektion auf Anfrage. Auch wenn die Thur auf ihrem letzten Abschnitt mäandern kann – die Voraussetzungen im Kanton für natürliche Brutstätten seien «nicht besonders ideal».

Es brauche naturnahe Uferabschnitte mit Uferabbrüchen mit grabbaren Sandschichten, die sich in einer ge­wissen Höhe über dem Wasserspiegel befinden. Zudem müsse der Ort störungsfrei sein. «Diese ‹Dreierkombination› ist selbst an revitalisierten Gewässerabschnitten nicht einfach zu erfüllen.»

Mit überschüssigem Sand gebaut
Birdlife Schweiz hilft nun nach und legt in verschiedenen Kantonen Sandhügel an, die Abhilfe schaffen können. Jüngstes Beispiel im Weinland ist der Standort nahe dem Schützenhaus Rhein­au. Im Winter wurde der Hügel auf dem ehemaligen Kiesgrube-Areal laut Baudirektion mit geeignetem, überschüssigem Sand aus einer Grube in Schaffhausen aufgeschüttet und verdichtet. Der Sand sei gratis abgegeben worden, den Hügel finanzierte die Fachstelle Naturschutz des Kantons.

Und in diesem Schwalbenhotel (Mehlschwalbenhotel siehe «AZ» vom 10.6.2016 und 5.6.2018) gehts nun sprichwörtlich zu und her wie in einem Bienenhaus. Von blossem Auge und aus Distanz – «die Vögel sind störungsempfindlich, der Zaun beim Hügel selber soll Tiere abwehren, für Menschen verbindlich ist das Verbotsschild an der Strasse», betont die Baudirektion – ist nicht zu erkennen, wie die Uferschwalben in den Löchern verschwinden oder daraus ausfliegen.

Uferschwalben sind 12 bis 13 Zentimeter gross, wiegen 12 bis 18 Gramm und ernähren sich von Insekten. Ihre Flügel haben eine Spannweite von 27 bis 29 Zentimetern. Den Winter verbringen sie in Afrika, «in der Nähe des Äquators», sagt Hans-Caspar Ryser. Im Frühling kommen sie zurück, Ende April brüten sie, wobei sie wie Eisvögel die Eier in die Brutröhre legen und darin die Jungen grossziehen.

Jede zusätzliche Kolonie sei wichtig, teilt die Baudirektion mit. Und auch Hans-Caspar Ryser ist erfreut über einen weiteren Standort in der Nähe. Der künstliche Sandstein, den die Firma Toggenburger nach einem Vorbild in Rafz nach der Umlegung des Bachs in Niedermarthalen angelegt hat, sei ein «Riesenerfolg». Im letzten Frühling wurden dort über 120 Brutröhren gezählt.

Es braucht neue Abbrüche
In dieser Kiesgrube seien immer wieder neue Abbrüche entstanden, zuletzt aber nicht mehr, weshalb die grosse Kolonie gefährdet gewesen sei. Denn inaktive Kiesgruben überwachsen, Uferschwalben aber brauchen immer wieder neue Abbrüche – an Flüssen verursacht durch Hochwasser, in Kiesgruben durch Bagger. Am Sandhaufen in Rhein­au werden Vogelschützer die Steilseite jeweils im März kurz vor Ankunft der Uferschwalben frisch abstechen.

Und auch dann gilt wieder, worauf die Baudirektion deutlich hinweist: Absperrungen beachten, die neu eingesäte/bepflanzte Fläche nicht betreten, «was im Übrigen auch nicht gestattet ist», so die Baudirektion.

Mauersegler am Bundeshaus

Ein begehrtes Haus für Vögel ist das Bundeshaus in Bern. Wie die SRF-Nachrichtensendung «10 vor 10» am 27. April berichtete, hat sich der amtierende Nationalratspräsident und Landwirt Matthias Aebi, gemäss Beitrag «ein SVPler mit grüner Ader», besonders dafür eingesetzt, dass am «Sandstein-Monument» zwölf Nistkästen für Mauersegler und Alpensegler montiert werden konnten. Diese sind ein bisschen grösser als Uferschwalben. (spa)

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