Weinland

Eine eigene Standseilbahn im Garten

Um beim Umbau keinen Bagger gebrauchen zu müssen, der seinen Garten zerstört, hat Michael Gut eine automatisierte Transportbahn konstruiert. Sie ist nicht das erste Do-it-yourself-Projekt des Tüftlers.

von Bettina Schmid
27. November 2020

Das Untergeschoss des Einfamilienhauses von Michael Gut ist ein Traum für jeden Hobby-Handwerker. Mehrere Metall- und Holzverarbeitungs­geräte wie eine Drehbank oder eine Fräs- und Bohrmaschine stehen in den Kellerräumen, zudem zahlreiche Materialvorräte und Zubehör. Wie unschwer zu erkennen ist, liebt es der Dachsemer seit seiner Kindheit, zu werkeln und etwas mit seinen Händen zu erschaffen. «Früher stand ich stundenlang an der Werkbank meines Vaters und baute zusammen mit meinem Bruder nützliche und weniger nützliche Dinge aus Holz oder Alteisen, das wir auf dem Schulweg am Strassenrand fanden», erinnert er sich.

Inzwischen hat er sein Können perfektioniert und stellt allerlei Brauchbares her, zurzeit etwa Türgriffe aus Aluminium für einen befreundeten Architekten. Als studierter Elektrotechniker verfügt er zudem auch über das theoretische Wissen, kompliziertere Dinge zu entwickeln und anschliessend umzusetzen – inklusive Programmierung.

Technische Finessen im Haus
An seinem Haus älteren Jahrgangs hat er fast alles selbst umgebaut. Sei es eine Solaranlage auf dem Dach, die mittels der selbst programmierten Steuerung mit der Wärmepumpe sowie den elektrischen Fensterstoren kommuniziert und so die Ener­gie­nutzung optimiert, die Badezimmerrenovierung inklusive dem Verlegen neuer Wasserleitungen und einer Dusche mit Wärmerückgewinnung oder eine automatisierte Bewässerungsanlage für seinen Garten mit Pumpsystem aus dem Regenwassertank. Ein Projekt, das er erst kürzlich abgeschlossen hat.
Und auf dieses ist er besonders stolz, denn für den Einbau des 7000 Liter fassenden, unterirdischen Regentanks hat er kurzerhand eine Standseilbahn entwickelt. «Mein Haus liegt an einem Hang, und ich hätte die 30 Kubikmeter Aushubmaterial jeweils mit einem Bagger über die Böschung bis zur Mulde auf der Strasse fahren müssen.» Der Garten wäre zerstört gewesen. Deshalb kam er auf die Idee, ein alternatives Transportsystem zu konstruieren. Zuerst habe er an einem Förderband herumstudiert. Dieses stellte sich allerdings als nicht praktikabel und viel zu teuer heraus. Eines Tages sei ihm plötzlich der Gedanke einer Transportbahn gekommen. Diese sollte simpel, aber funktional sein. Mit einem Motor und einer speicherprogrammierbaren Steuerung, sodass er nur noch auf den Startknopf drücken und dazwischen am Aushubloch weiterschaufeln konnte.

Viermonatige Entwicklungszeit
Im Keller baute er den Prototyp und probierte die erste Fahrt aus. Nicht alles funktionierte auf Anhieb. Das verwendete Nylonseil stellte sich als zu dehnbar heraus. Er wechselte auf ein sechs Millimeter dünnes Stahlseil, welches am Ende durch eine Spannvorrichtung umgelenkt wurde. Auch das anfänglich angedachte Skilift-Prinzip, bei dem das Seil einfach rundherum läuft, habe sich als nicht praktikabel erwiesen.

Nach viermonatiger Entwicklungszeit war die Transportbahn fertig und funktionstüchtig: 20 Meter Gleise aus Tannenholz, 100 Meter Stahlseil sowie einen Wagen aus Schaltafeln, welcher bis zu 40 Schaufeln pro Fahrt oder 200 Kilogramm transportieren kann. «Es funktioniert wie eine Standseilbahn mit einer Doppelseilwinde», erklärt Michael Gut. Ein Seil zieht den Wagen rauf, das andere runter. Seine Fracht entleert er über die eingebaute Bodenklappe selbständig in die Mulde und fährt dann automatisch zum Ausgangspunkt zurück. Dafür hat der 41-Jährige eine Steuerung eingebaut, welche von mehreren Endschaltern die Position des Wagens erhält.

Anschliessend wird über einen Frequenzumformer der Antriebsmotor mit der gewünschten Drehzahl und Drehrichtung angesteuert oder gestoppt. Ein Hebel am Wagen sorgt dafür, dass die Klappe sich nach dem Kontakt mit einem Holzbalken selbständig öffnet und bei der Rückfahrt wieder schliesst. «Eine simple, rein mechanische Lösung.»

Käufer gesucht
Insgesamt rund 700 Fahrten à 34 Meter in 30 Sekunden hat der Wagen in den letzten Monaten zurückgelegt und dabei tonnenweise Aushubmaterial und auf dem umgekehrten Weg Kies transportiert. «Ich bin schon etwas stolz darauf, dass es so gut geklappt hat», meint er. Das Zubehör wie den Drehstrommotor oder die Steuerung fand der Hobbyhandwerker auf dem Occasionsmarkt im Internet, die Metallteile stammen teilweise aus der Hausrenovation. So dienten die alten Trinkwasserrohre etwa als Räderachsen.

Da sein Umbau nun abgeschlossen ist, kann Michael Gut die Transportbahn nicht mehr gebrauchen. «Die Nachbarskinder hatten zwar ihren Spass damit, doch sie nimmt etwas viel Platz weg.» Gerne würde er die Anlage jemandem weitergeben, der sie wiederverwenden kann. Allerdings müsse es eine Person sein, die handwerklich begabt sei und die Bahn handhaben könne. Der Preis sei verhandelbar, er stelle sich um die 1500 Franken vor, sagt Michael Gut, und fügt schmunzelnd an: «Falls ich keinen geeigneten Käufer finden sollte, eignet sich das Tannenholz, aus dem die Gleise sind, immerhin prima für ein schönes Feuer im Garten.»

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