Weinland

Eine zukunftsweisende Versammlung

Seit bald zehn Jahren arbeitet die Gemeinde an der Teilrevision des Richt- und Nutzungsplans, doppelt so lange schon an einem Tempo-30-Konzept. Eine Einzelinitiative bringt nun beides ins Wanken.

von Jasmine Beetschen
24. Oktober 2023

Seit bald zehn Jahren arbeitet die Gemeinde Feuerthalen an der Teilrevision der Richt- und Nutzungsplanung. Diese stammt noch aus dem Jahr 1983, respektive 1996, und muss zwingend angepasst werden. Bisher kam jedoch noch keine endgültige Abstimmung darüber zustande (AZ vom 17.1.2020).

Mitte Oktober hätte nun eine ausserordentliche Gemeindeversammlung die Gemeinde einen Schritt näher zum überarbeiteten Richt- und Nutzungsplan bringen sollen. Doch auch dieser Termin musste verschoben werden. Der Grund: eine Einzelinitiative von Paul Amsler, SVP-Politiker und Unternehmer aus Feuerthalen. In seinem Schreiben greift er ein Thema auf, dessen Diskussion gefühlt schon so alt ist wie die über die Teilrevision: das Gebiet Toggenburg und seine Entwicklung (AZ vom 2. und 12.7.2019).

Eine Strasse mit Potenzial
Die Toggenburgstrasse verläuft als Sackgasse und erschliesst das gleichnamige Wohnquartier, bevor sie in einen Flurweg mündet, der zum Friedhof und zum Zentrum Kohlfirst führt. Eingetragen ist sie seit Jahrzehnten als durchgehende Sammelstrasse – schon im Verkehrsplan von 1984 –, die den Verkehr aus den Quartieren aufnehmen muss, und sie bindet als solche in der Fortsetzung den Flurlingerweg und die Vogelsangstrasse bis zur Busschleife mit ein.

Und sie bildet den südlichen Teil einer Ringstrasse ums Dorf; der nördliche ist die Diessenhoferstrasse beim Bahnhof. Die Vogelsangstrasse wäre auch Teil einer Massnahme im Tempo-30-Konzept, in dem eine Einbahnstrasse entlang des Kirchwegs hinauf über die Toggenburgstrasse als Durchgangsstras­se den oberen Dorfteil vom Verkehr entlasten soll (AZ vom 16.7.2021).

«Im Hinblick auf die Verkehrssicherheit und im Speziellen auf die Schulwegsicherheit wäre das die einzig vernünftige Lösung», erklärt Gemeindepräsident Jürg Grau. Das hätten auch das umfassende Gesamtverkehrskonzept (GVK) und die dazugehörige Studie für den oberen Dorfteil durch ein Verkehrsplanungsbüro gezeigt. Als Nadelöhr bezeichnet er in diesem Zusammenhang die Kirchstrasse und den Kirchweg, wo ein Kreuzen nur schwer möglich ist. Zudem verkehren auf diesem schmalen Stück zahlreiche Schulkinder, wenn sie zwischen den Schulhäusern Stumpenboden und Spillbrett pendeln.

Viel Widerstand im Quartier
Um die Situation im Dorf zu entschärfen, soll das «Toggenburg»-Quartier genutzt werden. Doch obwohl alle, die im Gebiet schon gebaut haben, einem Grundbucheintrag bezüglich eines möglichen Ausbaus der Strasse und damit der entsprechenden Erschlies­sung des Quartiers in Form einer Ringstras­se zugestimmt haben, regt sich hartnäckiger Widerstand. So auch in der anfänglich erwähnten Einzelinitiative. Darin fordert Paul Amsler unter anderem, dass auf eine weitere Überbauung und Erschliessung verzichtet und diese auch aus der Vorlage der Teilrevision gestrichen werden soll. Durch die Erschliessung würden nicht nur die heutige Lebensqualität vermindert und Mehrverkehr generiert, sondern auch wichtige Fruchtfolgeflächen zerstört werden (vollständiges Schreiben siehe «Feuerthaler Anzeiger» vom 20.10.2023). Ausserdem eigne sich der hochgesättigte Untergrund zwar gut für die Landwirtschaft, doch sei er für eine Bebauung ungeeignet.

«Das ist ganz klar falsch», sagt Jürg Grau bestimmt. Schon der erfolgreiche Bau des Zen­trums Kohlfirst auf demselben Untergrund beweise das Ge­genteil. Das Grundstück Toggenburg sei für die Entwicklung des Dorfes von grösster Bedeutung. «Seine Lage macht es zu einem optimalen Standort für weitere altersgerechte Wohnungen, welche von unterschiedlichsten Ge­nerationen genutzt werden können: Genau das sind die Wohnangebote, welche wir im Hinblick auf den zukünftigen Generationenwechsel in der Gemeinde benötigen.» Somit gilt das Gebiet als wichtigste und wertvollste Reserve für die zukünftige Entwicklung der Gemeinde.

Aus diesem Grund spricht sich der Gemeinderat auch gegen die von Paul Amsler angeregte Auszonung aus. «Damit würde sich die Gemeinde viel für die Zukunft verbauen und ihren Entwicklungsspielraum stark einschränken», ist Jürg Grau überzeugt. Und auch finanziell spreche vieles dagegen: Durch die Auszonung würde die Gemeinde eine Verminderung des Volksvermögens in Höhe von rund 18,34 Millionen Franken einbüssen. Dazu käme in der laufenden Rechnung die Abschreibung des Grundstücks von rund 4,1 Millionen Franken. «Das hätte wiederum einen Einfluss auf den Steuerfuss: Bei der heutigen Ausgangslage würde dies rechnerisch eine Erhöhung um mindestens zehn Prozent über vier Jahre bedeuten», führt der Gemeindepräsident aus.

Ärgerliche Verzögerung und Arbeit
Generell sei die Initiative für ihn eine unnötige Verzögerung der Arbeiten am Richt- und Nutzungsplan. «Es geht hier nicht nur ums Toggenburg-Quartier, sondern auch um die Bau- und Zonenordnung (BZO), welche zwingend erneuert werden muss.» Das Verzögern sei nicht nur ärgerlich und mit viel Arbeit verbunden, sondern wirke sich schlussendlich auch auf die Kosten der Gemeinde, sprich des Steuerzahlers, der Steuerzahlerin, aus.

Natürlich sei es wichtig, dar­über zu diskutieren und gemeinsam eine Lösung zu finden. «Doch die vorliegende Einzelin­itia­ti­ve ist meiner Meinung nach rein aus egoistischen Gründen formuliert. Und das bringt eine Gemeinde nicht weiter», so der Gemeindepräsident. Daher hoffe er, dass am 24. November viele Einwohnerinnen und Einwohner den Weg zur Gemeindeversammlung finden würden, um über die Initiative abzustimmen.

Falls diese angenommen wird, ist der Gemeinderat verpflichtet, zu prüfen, wie die Initiative umgesetzt werden könnte. Dies hätte erneute Anpassungen von Plänen und Dokumenten wie zum Beispiel der BZO zur Folge. «Wir wären also wieder ein paar Felder zurückgesetzt», so Jürg Grau. «Meine Amtszeit ist bald vorbei. Wenn das Thema Tempo 30 und die Teilrevision des Richt- und Nutzungsplans noch zu einem guten Abschluss kommen könnten, wären für mich wichtige Meilensteine für die Zukunft noch in der laufenden Legislatur erreicht. Das wäre für die weitere Entwicklung der Gemeinde Feuerthalen sehr wichtig», so Jürg Grau.

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