Weinland

Einkaufstouristen als Beifang

Grenzwächter Peter Zellweger ist oft im Weinland unterwegs. Dabei kontrolliert er Personen und Fahrzeuge in der Hoffnung, dass ihm ein professioneller Schmuggler ins Netz geht. In seinem Beruf ist kein Tag wie der andere.

von Cindy Ziegler
31. August 2018

Grenzbewohner erkennen das dunkelblaue Auto mit der leuchtend gelben Aufschrift von Weitem: die Grenzwache. Oft steht sie beispielsweise in Rheinau beim Hallenbad oder beim Schützenhaus. An jenem Donnerstag, an dem die «Andelfinger Zeitung» Grenzwächter Peter Zellweger begleiten durfte, findet die Kontrolle weiter oben beim Wald zwischen Rheinau und Marthalen statt – im Schatten wegen der Hitze. Neben dem Grenzwachtposten Zürich Flughafen, dem Peter Zellweger und seine Kollegin angehören, ist auch der Posten Schaffhausen auf Platz.

«Das Spektrum einer Zollkontrolle ist riesig», sagt Peter Zellweger. Neben der Kontrolle von Einkäufen können auch Personen oder Fahrzeuge kontrolliert werden. «Zellweger mein Name, führen Sie Waren mit?», fragt der Grenzwächter eine Familie. Diese bejaht, sie hat in Jestetten eingekauft. Ein Blick in den Kofferraum zeigt: alles in Ordnung. Es sind vor allem Kosmetika. Genauer sieht Peter Zellweger bei Fleisch hin. Da würden die Bestimmungen nicht immer eingehalten. Nachdem er den Ausweis mit dem System abgeglichen hat und nichts auffällig ist, kann die Familie weiterfahren.

«Unser höchstes Ziel ist es», so Peter Zellweger, «professionellen Schmugglern das Handwerk zu legen.» Sie seien die grossen Fische, Einkaufstouristen eher Beifang. «Bei Schmugglern bringen Präsenzzeiten wenig», ergänzt er. Immer wieder unangekündigt und an unterschiedlichen Orten Kontrollen zu machen, sei deshalb unumgänglich. So ging ihm beispielsweise einmal einer ins Netz, der über 300 Kilogramm Fleisch illegal in die Schweiz bringen und an Gastronomiebetriebe weiterverkaufen wollte.  Der Mann hatte nicht nur die Zollbestimmungen verletzt, sondern auch die Kühlkette unter­brochen.

Verstärkung angefordert
Das Telefon klingelt. Am Grenzübergang Rafz-Solgen wird Verstärkung benötigt. Peter Zellweger und seine Partnerin setzen sich ins Auto und fahren über deutsches Gebiet nach Rafz. Den dortigen Fahndern fiel ein grosser, dunkler SUV mit drei jungen Männern auf. Diese gaben an, den Rheinfall besichtigt zu haben. Doch die Grenzwächter sind misstrauisch und beschliessen, das Fahrzeug und die drei Männer genauer unter die Lupe zu nehmen. Eine Hundeführerin lässt ihren Hund schnüffeln, dieser gibt bei einem Päcklein an. Darin befindet sich Cannabis, wie sich herausstellt, aber legales. Trotzdem fordern die Zuständigen ein Spezialteam an, welches das Auto nach in Hohlräumen versteckten Waren untersucht. Dafür kon­trollieren sie in der Garage des Grenzwachtkorps mit einer Kamera den Auspuff und andere grosse Hohlräume.

Jeder Grenzwächter hat eine Erstausbildung abgeschlossen. Mitarbeiter der Spezialteams sind technisch begabt und waren in handwerklichen Berufen tätig. Mit weiteren Geräten untersuchen sie das Fahrzeug, beispielsweise auf technische Manipulationen. Währenddessen nehmen andere Grenzwächter die Fingerabdrücke der Männer und überprüfen ihre Papiere. Peter Zellwegers Kollegin leistet Übersetzungshilfe, er hilft, wo es ihn braucht. «Kein Tag ist wie der andere», sagt er.

Später wechselt das Grenzwachtteam wieder nach Rheinau. Seit die Abfertigungszeiten am Zoll 2005 aufgehoben wurden, finden vermehrt Inland-Kontrollen statt. Grundsätzlich verändert sich das ganze Zollwesen seit einiger Zeit in diese Richtung, sagt Peter Zellweger. Man komme immer mehr weg von Präsenzzeiten und sei flexibler geworden.

Mit der App «Quickzoll» können im Ausland eingekaufte Waren zur Einfuhr angemeldet oder Zollabgaben über die Kreditkarte direkt bezahlt werden.
Mit der App «Quickzoll» können im Ausland eingekaufte Waren zur Einfuhr angemeldet oder Zollabgaben über die Kreditkarte direkt bezahlt werden. / Eva Wanner

Nicht mehr anstehen, sondern übers Handy verzollen

Wer ennet der Grenze einkauft und seine Waren verzollen muss, steht meistens lange an. Wie die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) schreibt, sei dieses Verfahren administrativ aufwendig und nicht mehr zeitgerecht. Seit Ende März ist deshalb die App «Quickzoll» auf dem Markt. Schweizerinnen und Schweizer können ihre Einkäufe so bequem über das Smartphone verzollen.

Über «Quickzoll» können Privatpersonen Waren, die sie im Ausland einkaufen, selbständig zur Einfuhr anmelden und anfallende Abgaben über die Kreditkarte direkt bezahlen, heisst es im Beschrieb der EZV. Automatisch abgezogen werden Freimengen und Wertfreigrenzen.

Waren werden einheitlich verzollt
Doch die App hat auch Nachteile. Beispielsweise werden alle Waren zum Mehrwertsteuersatz von 7,7 Prozent besteuert, auch solche, die eigentlich einem reduzierten Steuersatz (2,5 Prozent) unterliegen. Wie die EZV schreibt, erlaube diese Standardisierung eine Vereinfachung und Beschleunigung des Verzollungsprozesses. Wenn jemand möchte, dass der reduzierte Steuersatz (gilt insbesondere für Lebensmittel, Tierfutter, Medikamente und Bücher) angewendet wird, muss er seine Waren nach wie vor an einem besetzten Grenzübergang mündlich anmelden.

Ebenfalls weiterhin den Weg über einen bewachten Grenzübergang müssen Personen machen, die ihren Ausfuhrschein abstempeln lassen wollen. Wie die EZV schreibt, sei für die Rückerstattung der im Ausland bezahlten Mehrwertsteuer die ausländische Behörde zuständig. Mit «Quickzoll» werden nur die für die Schweiz geschuldeten Zölle und Mehrwertsteuern bezahlt.

Praktisch ist, dass die Wertfreigrenzen und Freimengen via App einfach überprüft werden können. Auch weitere Informationen rund um den Grenzübertritt, den Zoll, Beschränkungen und Verbote sind nachzulesen.

Teil des Digitalisierungsprogramms
«Quickzoll» ist Teil des Programms «DaziT». Damit sollen bis 2026 alle Zollprozesse digitalisiert werden, um den Grenzübertritt weiter zu vereinfachen und zu beschleunigen, schreibt die EZV. Ziel sei die zeit- und ortsunabhängige Erledigung von Grenzformalitäten. Dies entlaste die Wirtschaft, indem die Kosten für die Zollverfahren (Regulierungskosten) gesenkt werden.

Zudem könnten EVZ-Mitarbeiter effektivere und gezieltere Kontrollen vornehmen, welche die Sicherheit im internationalen Warenverkehr verbessern würden. Das Digitalisierungsprogramm kostet rund 400 Millionen Franken. (ciz)

Mehr Informationen: www.quickzoll.admin.ch

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