Weinland

Er war 60 Jahre in der Feuerwehr

1963 wurde Franz Hofmann Feuerwehrmann – Ende 2023 erledigte er seine letzten Handgriffe an den Fahrzeugen der Feuerwehr Thurtal-Süd. Ein Rückblick auf 60 Jahre Freiwilligenarbeit.

von Tizian Schöni
26. April 2024

«Ich möchte keine grosse Sache daraus machen», sagt Franz Hofmann gleich zu Beginn des Gesprächs. Der 78-jährige Dinerter wollte anfangs lieber nicht, dass es einen grossen Wirbel um sein Engagement gibt. Schliesslich stimmte er doch zu, allerdings nur, wenn sein ehemaliger Chef, Kommandant Manfred Rothlin, mit dabei sei. Ordnung muss sein. Als Treffpunkt wählte er den Ort, der bis vor wenigen Monaten seine zweite Heimat gewesen war: das Feuerwehrlokal Thurtal-Süd.

Einen guten Teil seiner sechzig Jahre im Dienst war Franz Hofmann dort engagiert. Als er 1963 eintrat, hatte jede der vier Gemeinden noch einen eigenen Löschzug. Die Fusion von Altikon, Dinhard, Rickenbach und später Ellikon geschah erst um die Jahrtausendwende. «Damals hat man die Jungen einfach gepackt», sagt der Veteran auf die Frage, wie er zum Verein gekommen sei. Gut 100 Personen habe die Ortsfeuerwehr damals gezählt – die Gemeinde Dinhard hatte damals 590 Einwohnende.

Feuerwehr war früher Pflicht
Früher sei es selbstverständlich gewesen, Mitglied der Feuerwehr zu sein, erklärt Manfred Rothlin. Das liegt auch daran, dass die Mitgliedschaft im Kanton Zürich lange Zeit Pflicht war. Eine 1946 erlassene Verordnung auferlegte sie allen Männern zwischen dem 20. und 49. Altersjahr. 1978 wurde zwar eine grundsätzliche Freiwilligkeit eingeführt, noch immer konnten Gemeinden ihre Bürger aber für längstens fünf Jahre verpflichten, sollte es nicht genügend Freiwillige geben. Erst 1991 wurden Bürgerinnen und Bürger definitiv von der Dienstpflicht und den Ersatzzahlungen befreit.

Umso wichtiger sind seither die Personen, die sich freiwillig für die Feuerwehr melden. In Dinhard kam Franz Hofmann drei Jahre nach seinem Eintritt in die neu gegründete Verkehrsgruppe, die sich um die Sicherung des Brandorts, Umleitungen und freie Zufahrten für die Rettungsfahrzeuge kümmerte. Seine Ausbildungen sind im Dienstbuch fein säuberlich festgehalten: 1977 absolvierte er einen Verkehrskurs, danach stand er der Gruppe als Korporal vor. Später kamen Fahrschul-Ausbildungen hinzu. 

Das in Winterthur oder Kloten Erlernte gab er in Dinhard an seine Kollegen weiter. «Damit sie nicht mit 120 über eine Kreuzung fuhren oder die Hörner richtig bedienen konnten», schmunzelt Franz Hofmann. Eine spezielle Prüfung habe es damals noch nicht gegeben. Allerdings waren auch die Fahrzeuge etwas anders dimensioniert. Von grossen Tanklöschfahrzeugen (TLF) oder Drehleitern konnten die jungen Männer aus Dinhard damals nur träumen. «1986 bildeten wir an einem Toyota HiAce aus», sagt der Ehemalige. Der Kleinbus diente als Material- und Mannschaftstransporter. «Da hatten wohl höchstens ein paar Schläuche und eine Leiter Platz?», fragt Kommandant Manfred Rothlin. «Ja, aber das Radio funktionierte», antwortet Franz Hofmann.

Ausrüstung wurde stetig komplexer
Jahre später wurde er Materialwart des Depots. «Mit dem Vorgänger waren sie nicht zufrieden», sagt der Feuerwehr-Veteran. Von ihm sollte das keiner sagen können. In den Neunzigerjahren, als die Atemschutzgeräte eingeführt wurden, habe er seine Mannen ganz genau beaufsichtigen müssen, wenn sie nach einer Übung ihre Ausrüstung putzten. «Es war eine schwierige Büez, die wollten natürlich so schnell wie möglich ins Bier», sagt Franz Hofmann. Doch unter seiner Ägide kam erst die Arbeit, dann das Vergnügen. «Die, die fertig waren, halfen den anderen, und am Schluss ging man gemeinsam in die Beiz.»

Im November 1995 schaffte die Feuerwehr ein neues TLF an. Gemeinsam mit 15 anderen Maschinisten seien sie in den Kurs gefahren, als der Kommandant zu ihm gesagt habe, er könne dann gleich Gruppenchef der Mannschaft für das neue Gefährt werden. «Dabei sah ich das TLF selbst zum ersten Mal», sagt Franz Hofmann. 

Pager nach zwei Tagen im Einsatz 
Kurz darauf wurden alle Feuerwehrleute mit einem Pager ausgerüstet, damit sie noch zuverlässiger alarmiert werden konnten. «Die Instruktion war am Dienstagabend im Restaurant Thurtal in Altikon», erinnert er sich. Die Pager kamen schon zwei Tage später zum Einsatz: Ein Heizlüfter setzte in der Nacht auf den 8. Dezember ein Lagergebäude in Kirch Dinhard in Brand. Rund 120 Personen waren an den Löscharbeiten beteiligt, es entstand ein Sachschaden von einer halben Million Franken. Sogar ins Schweizer Fernsehen schaffte es der Brand. «Die Feuerwehrleute konnten verhindern, dass eine Autovertretung im gleichen Haus auch noch abgebrannt ist», berichtete ein Sprecher von Schweiz aktuell. Pager und TLF hatten sich bewährt.

Auf den 1. Januar 1996 fusionierten die Ortsfeuerwehren von Altikon, Dinhard und Rickenbach zum Sicherheitszweckverband Thurtal-Süd. In der neuen Organisation kümmerte sich Franz Hofmann weiterhin um die Fachausbildung an den Fahrzeugen. Beruflich war er in einer Winterthurer Firma als Fahrzeugbauer beschäftigt, deshalb hatte er nicht nur Ahnung «von allem, was einen Motor hat», sondern auch gute Beziehungen ins Strassenverkehrsamt. Keine schlechte Voraussetzung, denn mittlerweile mussten die Feuerwehrleute eine separate Prüfung für «Feuerwehrmotorwagen mit einem Gesamtgewicht von mehr als 7,5 Tonnen» absolvieren. «Ich wusste immer, worauf zu achten war, damit es unsere Fahrschüler durch die Prüfung schafften», sagt Franz Hofmann. Und auf eine Zahl ist er dann doch stolz: Von 35 Fahrern, die er in dieser Zeit ausbildete, seien nur zwei durch die Prüfung gerasselt. 

Aus gesundheitlichen Gründen musste der Veteran ab 2006 kürzertreten. Noch immer kümmerte er sich aber mit Hingabe um Fahrzeuge und Ausrüstung, prüfte Luftdruck und Ölstand, putzte Wasserfilter oder fuhr die Autos für Services oder Reparaturen in die Garage. «Wenn Franz etwas machte, dann machte er es richtig», sagt sein Kommandant. Wenn er ihn wegen anstehenden Arbeiten angerufen habe, sei es manchmal schon eine halbe Stunde später erledigt gewesen. Zu seinem Abschied Ende 2023 schenkten ihm seine Kameraden einen Brand, den sogar Feuerwehrleute mögen: Ein handgemachtes Eichenfässchen voll Säntis Malt Whisky.

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