Weinland

Es wird Mehrverkehr geben

Die Freude über 48 neue Wohnungen im Gebiet Hirstig hält sich bei der Nachbarschaft in Grenzen – wegen dem zu erwartenden Verkehr. Am Donnerstag hat die Baufirma von sich aus informiert.

von Roland Spalinger
19. März 2024

«Ich begrüsse Sie zur ausserordentlichen Gemeindeversammlung», sagte René Erb und schmunzelte. Mehr als 50 Frauen und Männer standen vor ihm im Halbkreis – aber nicht im alten Gemeindesaal. Und er ist auch nicht im Gemeinderat von Kleinandelfingen, sondern Pro­jektleiter bei der Landolt Gruppe, die im Gebiet Hirstig eine Überbauung plant. Die Einladung zur Projekt­informa­tion ging an die Nachbarschaft. Und dann füllten sich die Reihen im Ökonomieteil der bestehenden Liegenschaft, auch «Villa» genannt, immer mehr. Er ha­be gar nicht gewusst, dass hier so viele Menschen leben würden, sagte einer. Eine andere bemerkte, sie kenne gar nicht alle. Der «AZ» war die Einladung ebenfalls zugespielt worden.

48 Wohnungen, 97 Tiefgaragenplätze
12'000 Quadratmeter umfasst die freie Fläche im Hirstig. Im Norden grenzt sie an das tiefer gelegene Gebiet des Werkhofs Landolt, im Osten und Süden an Einfamilienhäuser. Im Westen unterhalb des zum Teil bewaldeten Steilhangs ist die Weite der landwirtschaftlich genutzten Thurebene zu sehen. Es ist nicht die letzte Fläche in diesem Gebiet, aber es sind die letzten zwei grossen Parzellen.

Das erste Haus wurde dort 1944 gebaut. Ab 1970 kamen weitere dazu. Im Gis-Browser dominieren beim Gebäudealter hellgrün und gelb – gebaut ab 1991, zum Beispiel die «Villa». Das Land dar­um herum blieb frei. Im Quartier war klar, dass dies nicht immer so bleiben wird. Was nun aber geplant ist, erschreckt viele.

Dessen ist sich auch die Firma Landolt bewusst, weshalb sie zur Information lud, «bevor die Bauvisiere stehen», wie René Erb sagte. Sie wollten einen Eindruck vermitteln, aber auch aufzeigen, was die Bau- und Zonenordnung zulassen würde. Die Botschaft war klar: Es wäre noch mehr möglich, man nehme Rücksicht auf das Bestehende.

Mit einer Visualisierung in Form eines Films wurden die Anwesenden auf einen Flug durch das entstehende Quartier im Quartier und sogar in eine Wohnung mitgenommen. Die «Villa» bleibt, an die Stelle des Ökonomieteils kommt ein Doppelhaus zu stehen. Dazu kommen sechs Mehrfamilienhäuser mit 48 Wohnungen, 12 mit 2,5, je 18 mit 3,5 und 4,5 Zimmern. Wohneigentum und Mietwohnungen sollen je die Hälfte ausmachen.

In der Zone W2/25 sind zwei Vollgeschosse möglich, die Fläche kann zu einem Viertel überbaut werden. Architekt Jonas Schmidli, Rafz, verwies auf den Spielplatz sowie den Innenhof mit Begegnungsplatz und Bäumen. Neun Meter hoch sind die Flachdachgebäude mit zwei Voll- und einem Dachgeschoss. Mit Satteldach wären sie höher. Sie wollten nicht «klotzen», sondern hätten einen «angemessenen Umgang» gewählt, so René Erb. Im Austausch mit der Behörde seien auch Anpassungen gemacht worden. Unter allem sind zwei Tiefgaragen mit total 97 Plätzen vorgesehen.

Der Verkehr der anderen stört
In der Fragerunde gab es nur ein Thema: die Erschliessung. «Es gibt Mehrverkehr», das könne man nicht schönreden, sagte René Erb. Verkehrsträger sei die Strasse Gass. Die zwei Tiefgarageneinfahrten befinden sich an der Gass, eine im vorderen Bereich, die andere ganz hinten am Schluss der Sackgasse. War­um nicht über das Gelände des eigenen Werkhofs, wurde eingeworfen, dort sei die Tiefe bereits vorhanden. Im Quartier habe es jetzt schon genug Autos, 100 zusätzliche seien zu viel, die Gass zu schmal, zu gefährlich, Kinder seien unterwegs. Auch in Kleinandelfingen stört der Verkehr der anderen.

René Erb zeigte Verständnis dafür, dass eine Baustelle für Betroffene unangenehm sei. Sie würden das ihnen Mögliche tun. Sie seien aber auch angehalten, sorgsam mit Bauland umzugehen, die Bodenpreise seien hoch. Wohnungen an dieser Lage hätten ihren Preis, Einfamilienhäuser wären beinahe unerschwinglich. Er rechnet mit einer Bauzeit von zwei Jahren, die Baubewilligung dürfte nicht vor Mitte 2025 vorliegen.

Ein Mann bedankte sich bei der Firma Landolt, von sich aus informiert zu haben, das sei nicht selbstverständlich. Ein anderer meinte im Gespräch, dass die Bauherrschaft sich kaum ernsthafte Gedanken über die kommende Verkehrssituation gemacht habe, auch während der Bauzeit. Sie werde zum Prüfstein bei der Beurteilung des Baugesuchs. CEO Christian Landolt war ebenfalls anwesend. Er bedankte sich beim Schreibenden für eine faire Berichterstattung – irgendwie war es doch ein bisschen wie an einer Gemeindeversammlung.

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