Fahrdienst-Zentralisierung kommt nicht nur gut an

Region - Seit Ende letztes Jahr wird der Rotkreuz-Fahrdienst für den ganzen Kanton zentral in Zürich koordiniert. Berg am Irchel hat ein eigenes Angebot geschaffen, Flaach nicht. Eine Frau trauert der alten Lösung nach.

Roland Spalinger (spa) Publiziert: 09. Februar 2024
Lesezeit: 4 min

Die Nummer von Hermann Peter ist noch in Betrieb, wird aber nach Zürich umgeleitet. Seit Dezember 2023 wird auch der Rotkreuz-Fahrdient von Flaach dort zentral koordiniert. Es sei zunehmend schwieriger geworden, Einsatzleiter wie Hermann Peter zu finden, erklärt Neva Hänni, Regionalleiterin des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) die Änderung. Aus ihrer Sicht überwiegen die Vorteile einer zentralen Lösung.

Eine Nutzerin aus Flaach beurteilt dies anders. Mit Hermann Peter sei es super gewesen. Nun ertöne bei Anrufen oft ein unpersönliches Band. Eine Bestätigung gebe es nicht mehr, und teurer sei es auch geworden. Sie träume «den paradiesischen Zuständen» nach, schrieb sie der «Andelfinger Zeitung».

Team- statt Einsatzleiter
Er fahre ja noch, sagt Hermann Peter auf Anfrage. Und als Teamleiter rekrutiere er weiterhin neue Fahrerinnen und Fahrer und organisiere deren Weiterbildungen. Nur die Einsatzleitung, die er etwa sechs Jahre lang gemacht habe, sei nicht mehr bei ihm. Auf etwa sechs bis acht Stunden pro Woche schätzt er den zeitlichen Aufwand dafür. Er hätte diese Arbeit auch noch weitergeführt, könne mit der Änderung aber gut leben. Die Anzahl zu koordinierender Fahrten habe abgenommen.

Laut Neva Hänni ist es in Flaach durchschnittlich eine Fahrt pro Woche. Ortschaften mit vielen Fahrten werden seit einigen Jahren zentral von Zürich aus betreut. Auf Dezember gelte das für den ganzen Kanton. Wo es gut gelaufen sei, sei spät umgestellt worden, zum Beispiel in Flaach und Buch am Irchel. Oder in Berg am Irchel, das aber einen anderen Weg geht.

Angela Schmid: «Zu kompliziert»
Zwar bietet das SRK auch dort seinen Fahrdienst an. Aus Angela Schmid, seit 35 Jahren Einsatzleiterin für das SRK, wird aber keine Teamleiterin. Ihre Gemeinde bietet seit Anfang 2024 selber einen freiwilligen Fahrdienst für die Orte Berg und Gräslikon an. Ähnlich, wie es die Gemeinden Altikon, Dinhard, Ellikon an der Thur und Rickenbach im Herbst 2023 gemacht hätten, sagt Angela Schmid. Der Gemeinderat habe dieser Lösung zugestimmt und trage die Versicherungskosten für die Fahrerinnen und Fahrer.

Als «zu kompliziert» empfindet sie die Neuerungen unter dem Dach des SRK für eine kleine Gemeinde. Da habe sich die Angebotserweiterung nach dem früheren System mit ihr als Ansprechperson angeboten. «Wir kennen unsere Leute», sagt sie. Der Aufwand halte sich in Grenzen. Es seien mal drei Anrufe pro Woche gewesen, zwischenzeitlich aber auch monatelang keiner. «Für uns stimmts.»

Gleich bezahlen oder mit Rechnung
Mit dem Rotkreuz-Fahrdienst lassen sich vor allem kranke oder betagte Frauen und Männer zu Therapien in Spitäler oder zu Arztpraxen fahren, die selber kein Auto besitzen. Die meisten lebten zu Hause, sagt Neva Hänni.

Beim Rotkreuz-Fahrdienst wird pro Kilometer bezahlt. Während in Berg und Gräslikon Gäste, die den freiwilligen Fahrdienst der Gemeinde nutzen, also weiterhin gleich nach der Fahrt den Fahrenden für die Strecke entlöhnen, erhält die Kundschaft des Rotkreuz-Fahrdiensts neu monatlich eine Rechnung.

Diese Änderung und der höhere Tarif (vor allem wegen der Mehrwertsteuer, die nun den Fahrgästen belastet und nicht mehr über Spendengelder finanziert wird) sind laut Neva Hänni die grössten Kritikpunkte. Sie ist aber überzeugt, dass sich die anfängliche Unsicherheit legen wird. Das System bewähre sich in allen vier Fahrdienst-Regionen des Kantons. Es sei auch praktisch für Gäste, die Rechnung zum Beispiel direkt der Krankenkasse weitergeben zu können.

Erreichbar ist der Rotkreuz-Fahrdienst (es gibt ihn seit 70 Jahren) von Montag bis Freitag zu Bürozeiten über die Nummer 044 388 25 00. Fahrten sollten frühzeitig gebucht werden, gern drei Tage im Voraus, so Neva Hänni. Kurzfristige Absagen kommen auch über das Wochenende dank einem externen Partner an. Für Notfälle müssten anderweitige Transporte organisiert werden, zum Beispiel eine Ambulanz.

Nicht zu verwechseln ist das SRK-Angebot ferner mit eigenen Fahrdiensten zum Beispiel von Heimen. Das Zen­trum für Pflege und Betreuung Weinland in Mar­tha­len kann auf etwa 40 Freiwillige zählen, sechs davon sind Fahrerinnen und Fahrer für Bewohnende und für den Mahlzeitendienst. Ohne Freiwillige ginge es kaum mehr, sagt Geschäftsführer Ralph Hug.