Geselligkeit, Natur und ein Apéro

Sommerserie (4) - Nur wenige Steigungen, dafür ein Apéro an der idyllischen Tössegg und eine kurze Bootsfahrt über den Rhein: Die Wanderung von Eglisau nach Rüdlingen mit der Männerriege Feuerthalen bietet viel Schönes.

Manuel Sackmann (msa) Publiziert: 08. August 2025
Lesezeit: 5 min

«Was ziehet so munter das Tal entlang, eine Schar im weissen Gewand», heisst es im oft gesungenen Turnerlied. Weiss gekleidet sind die meisten Herren, die mich am Bahnhof Eglisau willkommen heissen, zwar nicht. Gut aufgelegt aber alleweil. Schon bevor es richtig losgeht, wird fröhlich gescherzt, geneckt und diskutiert. Ich bin an diesem Morgen kurz vor halb zehn mit der Männerriege des Turn- und Sportvereins Feuer­thalen verabredet. Auf dem Programm steht eine Wanderung dem Rhein entlang zur Tössegg und – nach einer Fahrt mit der Fähre – auf der anderen Flussseite weiter nach Rüdlingen.

17 Mitglieder sind dabei. Das sei im üblichen Rahmen, erklärt Marcus Vieli. Rund 20 kämen immer mit. Einige seien turnerisch nicht mehr aktiv, andere sehr wohl. «Das Eidgenössische Turnfest 2025 in Lausanne haben wir ausgelassen», gibt der Wanderleiter zu. «Sonst waren wir aber immer dabei.»

Wir machen uns auf den Weg. 8,5 Kilometer warten auf uns, Marcus Vieli rechnet mit etwas über zwei Stunden Marschzeit. «Das schöne Wetter habe ich rechtzeitig bestellt.» Blauer Himmel und Temperaturen über 30 Grad sind angesagt.

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Die Strecke führt immer am Rheinufer entlang. An der Tössegg bringt uns die Fähre auf die Schaffhauser Seite. | Andelfinger Zeitung

Auch ohne Drachenboote schön

Der Bahnhofstrasse entlang geht es im südlichen Teil von Eglisau zunächst hinunter zum Rhein. Ob an diesem Morgen wohl einige auf dem Fluss für das Drachenbootrennen trainieren? Die Veranstaltung hatte Einfluss auf die Wanderplanung, wollte Marcus Vieli die Strecke doch ursprünglich in umgekehrter Richtung gehen und im Städtchen zu Mittag essen. «Davon wurde mir von den Restaurants abgeraten, weil rund um den Anlass hier die Hölle los sei.» Zu sehen ist davon nichts. Kein Drachenboot lässt sich blicken, auch sonst herrscht wenig Betrieb am Rhein. Schön ist der Ausblick von der Lochmühle über den Fluss und auf das Städtchen trotzdem. Und die gute Stimmung der Männergruppe mindert dies auch nicht.

Beim Vereinslokal der örtlichen Pontoniere geht es kurz relativ steil und via eine Treppe bergauf. Es ist der einzige grössere «Stutz» auf der Route. Schliesslich seien Herren im Alter zwischen 65 und 80 Jahren dabei, und die Wanderung solle für alle machbar sein, betont Marcus Vieli. Wenn möglich seien die Strecken daher immer grösstenteils flach.

Mir soll es recht sein. Ich mag den Altersdurchschnitt deutlich nach unten ziehen, aber auch ich laufe ganz gerne auf ebenem Terrain. Oben angekommen, folgen wir dem Rhein flussaufwärts dem Waldrand entlang. Vorbei am Weiler Tössriederen, wo einst ein riesiges unterirdisches Tanklager war (AZ vom 22.5.2020), führt uns der Weg stets geradeaus in Richtung Tössmündung und bietet immer wieder einen schönen Blick hinunter zum Fluss. Nach gut 80 Minuten, in denen es mehrheitlich leicht abwärts ging, deutet ein schmaler Steg schliesslich an: Wir haben unser Zwischenziel erreicht.

Allein sind wir nicht. Im Gegenteil: Wir werden von weiteren Feuerthalern erwartet. Marcus Vieli klärt auf: «Das Soziale ist uns sehr wichtig.» Deshalb sei ein Apéro auf halbem Weg, jeweils offeriert von einem der Ihren, stets fester Bestandteil ihrer Wanderungen. «So können auch ältere Mitglieder der Männerriege oder solche, die nicht mehr so gut zu Fuss sind, an der Gemeinschaft teilhaben.» Statt mitzulaufen, fahren sie mit dem Auto direkt zum Zwischenhalt und bereiten Getränke und Knabberzeug vor. Fröhlich grüs­sen sich alle, und die Wanderer zücken ihre mitgebrachten Trinkbecher. Auch ich bin angemessen ausgerüstet, da ich das Wanderprogramm aufmerksam gelesen habe. Ich begnüge mich aber mit Mineralwasser und verzichte auf den Weisswein. Denn im Grunde bin ich im Dienst. Das Journalistenleben hat seine Vorzüge.

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Mit der Fähre auf die andere Seite

Nach knapp 30 Minuten Pause ziehen wir weiter. Mehrfach ist Marcus Vieli die Route auf der linken Rheinseite vorgängig abgelaufen. Er weiss daher, dass der Wanderweg nicht überall «ideal in Schuss» ist, weshalb unser Endziel auch nicht Flaach, sondern eben Rüdlingen ist. Wir wechseln also die Seite. Für vier Franken pro Person bringt uns die Fähre ans Schaffhauser Ufer.

Von dort aus gehe es nur noch flach dem Fluss entlang, lässt der Wanderleiter verlauten. Er sollte sich irren. Bald schon landen wir in einer Sackgasse. Der eigentliche Weg führt einige Meter über uns ein Stück weit den Hügel hinauf. Marcus Vieli gibt zu, diesen Teil der Strecke bei seiner Vorbereitung nur von der anderen Seite des Rheins aus beurteilt zu haben, «weil es ja nur noch geradeaus geht.» Die kurze Sackgasse sei neu, versichert er lachend, während er von seinen Kameraden scherzhafte Häme einstecken muss. Er nimmt es gelassen.

Die Stimmung bleibt ungetrübt. Viele gehen die paar Dutzend Meter zurück und biegen in den ansteigenden Weg ein. Einige beweisen derweil, dass sie auch im fortgeschrittenen Alter noch fit sind, und bewältigen den Höhenunterschied querfeldein. Oben ist es dafür mit Ausnahme eines kurzen Stücks an der Sonne fast durchgehend schattig und flach. Der kiesige Untergrund ist angenehm zum Laufen. Vorbei an Rebflächen erreichen wir Rüdlingen früher als erwartet. Bis der Bus kommt und die Gruppe für das Mittagessen nach Flaach bringt – in Rüdlingen hat an diesem Tag kein Restaurant offen – bleibt noch Zeit, um Oskar einen Besuch abzustatten. Der stattliche Karpfen lebt im Brunnen vor der «Stube» und sorgt bei den überraschten Feuerthalern für Heiterkeit.

Nach dem obligaten Gruppenfoto auf der Steintreppe im Schatten kommt kurz nach halb eins auch schon der Bus. In Flaach steigen die Turner aus. Sie haben im «Weingarten» reserviert, wo auch die Apéroequipe wieder hinzustösst. Ich verabschiede mich und fahre weiter in Richtung Andelfingen – der Büroteil meiner Arbeit wartet.

Jeden Monat unterwegs, bei jedem Wetter


Die Männerriege des Turn- und Sportvereins Feuerthalen ist mit Ausnahme des Dezembers jeden Monat unterwegs, immer am letzten Mittwoch. «Egal, welches Wetter», betont Marcus Vieli. Er ist einer von fünf Wanderleitern, die sich abwechseln. Sie treffen sich jeweils im Herbst und planen die Routen für das ganze Jahr. Los geht es immer vormittags. Fixpunkte sind der von einem Mitglied offerierte Apéro auf halbem Weg und das Mittagessen zum Abschluss der Tour. Letzteres werde in der Regel auf etwa 13 Uhr gelegt, sagt Marcus Vieli. «Wir wollen den Arbeitern nicht die Plätze wegnehmen.»

Gewandert wird vorzugsweise in der Nähe, also in den Kantonen Zürich, Schaffhausen, Aargau und Thurgau. Die Strecken sind mehrheitlich flach und meist ungefähr zehn Kilometer lang, sodass sie für möglichst viele der Mitglieder machbar sind.

Jeder Wanderleiter habe seine Vorlieben und Eigenheiten, sagt Marcus Vieli. Der gelernte Modellbauer kam durch die Arbeit aus Vals GR in die Region Schaffhausen. In Feuerthalen war er im Gemeinderat. Überhaupt sei seine Wahlheimat ein Sammelbecken vieler «Fremder». Die Mitglieder des Turn- und Sportvereins stammten aus der Region, aber auch wie er aus vielen anderen Ecken der Schweiz. Marcus Vieli hat zudem eine Vergangenheit beim VBS. Deshalb reichere er seine Wanderungen gerne mit informativen und historischen Anekdoten zu bestimmten Orten oder Gebäuden an. «Aber man sollte es nicht übertreiben», sagt er augenzwinkernd. (msa)

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Marcus Vieli (Mitte, 3. von links) und seine 16 Feuerthaler Wanderkameraden am Ziel in Rüdlingen. | Manuel Sackmann