Kaum hat man den (Gas-)Grill angeworfen und die ersten Getränke in den Garten gebracht, surren sie einem schon um den Kopf und weichen fuchtelnden Armen aus – Wespen. Die hochsommerlichen Temperaturen sind für die Insekten mit dem Stachel optimal. Auch dass es bereits im Frühling warm und trocken war, kommt ihnen entgegen.
Dass man in diesem Jahr aber erst wenige Wespen zu Gesicht bekam, liege daran, so heisst es in einem Bericht der «Tageswoche», dass wir wegen dem schönen Wetter das Gefühl haben, es sei bereits Spätsommer. Viele Wespen sehen wir nämlich erst dann, wenn die Saison schon fast vorbei ist – das bestätigt auch der Imker David Hablützel aus Schlatt. Er sagt, dass die Nester in diesem Sommer grösser sind als sonst zur gleichen Zeit. «Kein Wunder, bei dem Wetter können sie 24 Stunden am Tag am Nest bauen.» 2018 sei ein Wespenjahr, heisst es in den Medien.
Gegen das Vorurteil, Wespen und auch Hornissen seien aggressiv und würden grundlos stechen, wehrt sich David Hablützel. Nicht die Wespen würden sich falsch verhalten, sondern der Mensch tue es. Damit meint er nicht nur das unangebrachte Herumfuchteln (siehe Kasten), sondern auch, wie wir mit der Natur umgehen. Das Spritzen von Insektiziden schade dem Ökosystem und so auch den Wespen.
Keine unnützen Plagegeister
Wespen seien keine unnützen Plagegeister, sondern Schädlingsbekämpfer, so der 39-Jährige. Wespen und Hornissen würden nämlich Schädlinge wie den Borkenkäfer oder auch Mücken fressen, um die Brut zu füttern. Um zu fliegen, quasi als Betriebsstoff, schlürfen sie Nektar; diesen zu finden, werde auch immer schwieriger, weil es immer weniger Blumenwiesen gebe.
Sowohl David Hablützel wie auch der Dätwiler Naturwissenschaftler und Biologe Gaston-Denis Guex, der den Imker oft bei Umsiedlungen begleitet und ein paar Völker in seinem Garten beherbergt, haben eine Leidenschaft für die Stechinsekten.
Auf die Wespe gekommen ist David Hablützel durch seinen Sohn. Bei einem Spaziergang hatte dieser ein Honigbienenhaus entdeckt und wollte es von innen begutachten. Nach einem Besuch im Häuschen wünschte sich der Sohnemann eigene Bienen und eigenen Honig, woraufhin der Papa eine Imkerausbildung absolvierte. Später wurde er angefragt, um Wespennester abzuräumen – es hatte sich wohl herumgesprochen, dass er es gut mit dieser Art Insekten kann. Aus Liebe zu den Wespen spezialisierte sich David Hablützel auf Umsiedlungen von Nestern.
Schon immer Schädlingsbekämpfer
Bereits früher als SBB-Kondukteur, IT-Spezialist und Sicherheitsmann sei er «Schädlingsbekämpfer» gewesen. Die Schädlingsbekämpfer, die er heute unterstützt, Wespen, mag er aber am liebsten. Deshalb ist es ihm ein Anliegen, dass sie wenn möglich in ihrem Nest bleiben können. Wenn das nicht geht, weil sie an einem unglücklichen Ort genistet haben, nimmt er als Spezialist Umsiedlungen vor. Ein Volk mit Gift zu töten, sei die letzte Lösung. Wenn es doch mal nötig sei, solle man unbedingt einen Fachmann zuziehen. Bei herkömmlichem Gift müssten die Tiere über mehrere Minuten leiden, bei Gift vom Spezialisten sei es nach wenigen Sekunden vorbei.
David Hablützel wird häufig gestochen. Das stört den Familienvater aber nicht, im Gegenteil. «Ich brauche die Stiche ab und zu», sagt er mit einem Augenzwinkern. Wespen- und auch Hornissenstiche seien, ausser bei Allergikern oder in Gesichtsnähe, harmlos. Als Heilmittel empfiehlt er, zu kühlen und den Stich mit Spitzwegerich zu behandeln. Gaston-Denis Guex schwört derweil auf Lavendelgeist. So oder so, die beiden Herren freuen sich, wenn sie beim Grillieren Besuch von Wespen bekommen.
www.umsiedlungen.ch
Im Wespenjahr viel zu tun