Weinland

Kein Vereinsbeitrag bis März

Seit dem 1. Januar arbeitet die Gemeinde mit einem Notbudget – das erste Mal in ihrer Geschichte. Nun wurde bekannt, welche Posten vorläufig gestrichen sind. Getroffen hat es unter anderem das Papiersammeln und die «Dorfposcht».

von Tizian Schöni
12. Januar 2024

Am 7. Dezember lehnte die Gemeindeversammlung das Budget für 2024 ab. Es wäre eine Steuererhöhung von 82 auf 90 Prozent vorgesehen gewesen, und die Prognose sah nicht besser aus: Laut der Finanzplanung hätte es schon in zwei Jahren eine nächste Erhöhung gebraucht. Damit wollten sich die Stimmberechtigten nicht abfinden. Sie schickten die Vorlage zurück an den Absender, und noch an der Versammlung wurden diverse Sparvorschläge gemacht.

Nun darf die Gemeinde seit dem 1. Januar 2024 nur «unerlässliche» Ausgaben tätigen. Laut dem Handbuch über den Finanzhaushalt des Gemeindeamts sind das alle vertraglich gebundenen Gelder, etwa die Löhne der Angestellten, Mieten oder Zahlungen an die Zweckverbände. Ausserdem soll der laufende Betrieb aufrechterhalten werden, die Verwaltung darf also zum Beispiel Büromaterial anschaffen. 

Alles, was darüber hinausgeht, gilt als erlässlich. In Thalheim ist das zum Beispiel die Publikation der «Dorfposcht». Sie wird im Januar und März ausgesetzt. Ebenso gestrichen ist das erste Papiersammeln des Jahres, das jeweils vom Turnverein durchgeführt und von der Gemeinde finanziell unterstützt wurde. Auch der Teuerungsausgleich für die Personallöhne, eine externe Fachkraft für die Klausurtagung der Schulpflege oder eine Weiterbildung für Lehrpersonen müssen zumindest zuwarten, bis am 11. März voraussichtlich das neue Budget verabschiedet wird. «Alles, was ein ‹Kann› und kein ‹Muss› ist, fällt weg», kommentiert Gemeindepräsident Sandro Stelletti (parteilos). Die meisten der erlässlichen Ausgaben seien jedoch eher kleinere Ausgaben, die grösseren Posten der Gemeinde gälten als gebunden.

«Auf den Mann gespielt»
Sandro Stelletti wandte sich im neuen Jahr mit einem auf der Website publizierten Brief an die Einwohnerschaft. Dort heisst es, er habe die Stimmung an der Gemeindeversammlung als misstrauisch gegenüber dem Gemeinderat empfunden. Als Beispiel nennt er den budgetierten Ersatz eines Traktors für den Gemeindearbeiter, der 2024 hätte angeschafft werden sollen. Mehrfach war an der Gemeindeversammlung auf die Zahlen hingewiesen worden: Rund 8000 Betriebsstunden und 26 Dienstjahre habe das Fahrzeug schon auf dem Buckel. Komponenten passten nicht mehr auf den alten Traktor, Ersatzteile seien schwer zu beschaffen. Für den Gemeinderat klare Zeichen, dass das Gerät ersetzt werden muss.

Kritiker waren an der Versammlung anderer Meinung. Es kam sogar die Frage auf, ob der Werkbetrieb überhaupt einen Traktor benötige. «Wenn es nicht um Fakten geht, dann wird meistens auf den Mann beziehungsweise die Frau gespielt; es schien mir, als wolle man dem Gemeinderat an diesem Abend eine Lektion erteilen», schreibt Sandro Stelletti in seinem Brief.

Ablehnung als Protestnote ...
Dass es bei einer Ablehnung des Budgets nicht immer um das Budget selbst geht, zeigen mehrere Beispiele aus anderen Gemeinden. In Flaach lehnte die Kirchgemeindeversammlung 2021 den Voranschlag ab, weil die Teilnehmenden eine Mitgliedschaft in der Evangelischen Allianz Wyland verhindern wollten. Hagenbuch wies das Budget für 2015 aus Protest zurück, weil darin angeblich monatliche Kosten von 60'000 Franken für eine eritreische Flüchtlingsfamilie enthalten waren. Die Zahlen wurden später relativiert, bockig blieben die Stimmberechtigten dem Kanton gegenüber trotzdem: Man wollte ein Zeichen gegen die Bevormundung übergeordneter Behörden setzen.

... aber nicht im Falle Thalheims
Dass mit der Ablehnung etwas anderes als der Unmut über die massive Steuererhöhung verbunden war, ist im vorliegenden Fall allerdings unwahrscheinlich. «Hätten wir das gleiche Budget mit null Prozent Steuererhöhung vorgelegt, wäre die Vorlage durchgekommen», meint Sandro Stelletti auf Anfrage.

Ein Blick auf das Umland zeigt: Immer, wenn ein Budget abgelehnt wurde, war damit auch eine Steuererhöhung verknüpft. So zum Beispiel 2021 in Seuzach und Weisslingen, wo jeweils eine Steuererhöhung um fünf Prozentpunkte vorgesehen war. Beide Gemeinden schickten das Budget bachab – obwohl der Steuerfuss getrennt vom Budget hätte abgelehnt werden können. In jüngerer Zeit zweimal traf es Neuhausen: Die Stimmberechtigten lehnten das Budget 1999 (Steuererhöung plus vier Prozent) und genau 20 Jahre später 2019 (plus ein Prozent) ab.

Wie geht es weiter?
An einer ausserordentlichen Gemeindeversammlung am 11. März wird der Gemeinderat Thalheim ein überarbeitetes Budget zur Abstimmung vorlegen. Er muss dies bis Ende März tun, denn ohne Budget ist er nicht berechtigt, Steuern einzutreiben. Die Steuerrechnungen müssen jedoch zwingend Mitte Mai versendet werden. Gelingt es der Gemeinde nicht, bis dahin einen Steuerfuss festzusetzen, wird der Regierungsrat diesen bestimmen (lesen Sie dazu auch den Beitrag über die Flurlinger Gemeindeversammlung).

«Wir haben eine Handvoll Vorschläge zu möglichen Sparmassnamen erhalten», sagt Sandro Stelletti. Diese würden nun gemeinsam mit den Rückmeldungen aus der Versammlung ins Budget eingearbeitet, zusätzlich mache der Gemeinderat eigene Überlegungen. Wo konkret gespart werden soll, kann er allerdings noch nicht sagen. Das überarbeitete Budget wird wegen des engen Terminplans keinen ganzen Monat vor der Versammlung, aber so bald als möglich aufliegen.

War dieser Artikel lesenswert?

Zur Startseite