Weinland

Mit Abstand, Blumen und Ballonen

Traditionellerweise werden die Erstklässlerinnen und Erstklässler am ersten Schultag von ihren Eltern begleitet. In diesem Jahr waren die Schulen herausgefordert, ihre Willkommensrituale in Corona-konforme Varianten abzuändern.

von Evelyne Haymoz
18. August 2020

«Habe ich auch alles im Thek? Werde ich bald neue Freunde finden? Werden sich mein Mami oder mein Papi ohne mich nun jeden Morgen langweilen?» Solche oder ähnliche Fragen dürften wohl manchem Schulkind am Ende der Sommerferien durch den Kopf gegangen sein. Zugegeben, die dritte ist der Fantasie der Autorin entsprungen. Die zentrale Frage der Eltern dürfte gelautet haben: «Dürfen wir unser Kind in die Schule begleiten?»

Gestern begann auch im Kanton Zürich wieder der Unterricht für rund 16'000 Erstklässler. Weil es ein spezieller Tag ist, der von den Schulen mit einem gemeinsamen Ritual gefeiert wird, werden sie oft von den Eltern begleitet.

Beispiele einiger Weinländer Schulen zeigen, mit welchen  Elementen die neu Eintretenden willkommen geheissen worden sind. Das Rad ganz neu erfunden hat keine der befragten Schulleitungen. Alle aber haben sich damit auseinandergesetzt, wie eine Corona-konforme Begrüssung aussehen könnte. Unterschiedlich geregelt war, ob die Eltern nur zum Pausenplatz, auch ins Schulhaus oder gar bis ins Klassenzimmer zugelassen waren.

In den Primarschulhäusern Andelfingen und Kleinandelfingen wird je eine erste Klasse mit insgesamt 46 Kindern geführt. «Traditionsgemäss besuchen die Erstklässler mit ihren Eltern die erste Lektion und werden danach von allen anderen Kindern begrüsst und mit einem Ritual in Empfang genommen», sagte Barbara Thalmann, Schulleiterin in Andelfingen. Neben einem Begrüssungslied würden die Lehrpersonen vorgestellt, und die Jüngsten erhielten von ihren Paten der 6. Klasse eine Sonnenblume.

Gestern wurde die erste Schulstunde jedoch ins Freie verlegt und als Postenlauf gestaltet. Einer der Posten führte das Kind-Elternteil-Duo doch noch kurz ins Schulzimmer, wo Erinnerungsfotos geknipst werden konnten. Im Schulhaus galt für die Eltern Maskenpflicht. Danach fand das oben skizzierte Ritual statt, und im Anschluss daran ging es für sie nach Hause, schliesslich musste die Sonnenblume in die Vase gestellt werden. «Die Kinder waren aufmerksam und hilfsbereit», schwärmt die Klassenlehrperson Vanessa Suter. «Das Bedürfnis der Eltern war, zu sehen, wohin das Kind kommt. Mit dem Postenlauf, der auch kurz ins Unterrichtszimmer führte, konnten wir diesem Anliegen nachkommen», sagt sie. «Und für die Kinder kennt der Unterrichtsbetrieb wenige Einschränkungen», ergänzt Barbara Thalmann. «Das Händewaschen und Abstandhalten zu Erwachsenen gehören mittlerweile ja zum Alltag.»

Was besondere Zeiten erfordern
In Henggart wurden die Neulinge ebenfalls mit Gesang und Sonnenblumen in den Kreis der Schüler aufgenommen. Schulleiter Marius Strebel kündigte an, dass es in der Schule nicht nur um das Lesen und Rechnen lernen gehe, sondern auch Bewegung und Musik auf dem Programm stünden. Anschliessend zogen die Schüler klassenweise ins Schulhaus ein. Ins Zimmer durften die Eltern nicht. Dies hatte die Primarschule den Erziehungsberechtigten bereits vor­gängig in einem Brief mitgeteilt. «Besondere Zeiten machen besondere Mass­nahmen erforderlich», hiess es darin.

Im Primarschulhaus in Oberstammheim wurden 30 Kinder eingeschult und auch mit dem Stammer Schullied und farbigen Papierblumen willkommen geheissen, überreicht vom Paten. Auch hier war nicht vorgesehen, dass Eltern das Schulhaus betreten, es sei denn, ein Kind benötigte noch etwas längere Begleitung – was vorkam, wie Schulleiter Res Heimlicher auf Anfrage mitteilte. In seiner Rede ging er unter anderem darauf ein, dass sie sich die Krone (in Anspielung auf Corona) nicht aus den Händen nehmen lassen würden, sondern selber denken und entscheiden sollten. Auch appellierte er an die Verantwortung jedes Einzelnen, seine Klasse mitzugestalten.

Res Heimlicher schätzt, dass 95 Prozent der Eltern der Maskenempfehlung nachgekommen seien. Im Schutzkonzept der Schule sei festgehalten, dass die Eltern auf eine Einladung warten und das Gebäude nicht betreten sollten. Der Schulleitung sei aber daran gelegen, Lösungen zu finden und Begegnungen mit Schutzmasken zu ermöglichen.

Auch im Flaachtal wurde, was das Begrüssungsritual anbelangt, «so viel wie möglich beibehalten», sagte Daniel Heuer, dortiger Schulpflegepräsident. Im Gegensatz zu den vorher erwähnten Schulen, die ihr Ritual bereits am Morgen inmitten feiner Regentropfen begannen, trafen sich die Flaachtaler erst kurz vor Mittag. So flogen die farbigen Ballone in den blauen Himmel.

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