Weinland

Nach einer Woche Corona-Schulfrei: «Da sein reicht!»

Die Schulen sind für mindestens sechs Wochen zu, die Eltern arbeiten mehrheitlich im Homeoffice. Stress oder geschenkte Zeit mit den Kindern? Ein Erfahrungsbericht der Corona-Schulfrei-Woche 1.

von Bettina Schmid
24. März 2020

Mein Fünfjähriger nahm die Nachricht, ab Montag nicht mehr in den Chindsgi gehen zu können, relativ gelassen. Ich sah mich wie viele andere mit der Frage konfrontiert, wie sechs Wochen Kindergartenfrei überbrückt werden können. Zum Glück poppten kurz nach der Ankündigung unzählige Basteltipps und Lernaufgaben im World Wide Web auf. Läden mit Spielsachen und Bastelmaterialien bieten teilweise Lieferdienste an, sollten die heimischen Bestände knapp werden (siehe Kasten). In Artikeln von Pädagogen las ich, wie wichtig es sei, eine Tagesstruktur beizubehalten.

Motiviert überlegte ich mir einen Ablaufplan und gab ihn am Sonntagabend meiner bald Vier- und meinem Fünfjährigen bekannt. Am Vormittag würden wir uns jeden Tag einem Projekt widmen: Wohnung dekorieren (Basteln und Kreativität), gemeinsam kochen und backen (leichter Matheunterricht), das Hochbeet bepflanzen (Naturkunde) – meine Liste füllte ein ganzes A4-Blatt. Jeweils am Nachmittag sollten die Kinder Freizeit haben (Soziales), oder wir würden nach draussen gehen in den Wald (ha, Turnunterricht auch abgedeckt).

Homeoffice ohne Büro

Der erste Tag klappte problemlos. Meine beiden Kinder fühlten sich wie in vorgezogenen Sommerferien, spielten mit den Nachbarskindern und halfen beim Betten abziehen. Doch wie in der Aussenwelt überschlugen sich auch bei uns die Ereignisse in kurzer Zeit (ok, bei uns etwas weniger dramatisch): Ab Dienstag tüftelte der Papa plötzlich nicht mehr im Geschäft, sondern im Homeoffice an komplexen Konstruktionslösungen für seine Kräne; in einer 4,5-Zimmerwohnung ohne abgetrenntes Büro nicht so einfach. Es gab neue Regeln: Die Kinder mussten leise sein, im Korridor spielen ging nicht mehr, da dort ja der Schreibtisch steht.

Zum Glück machte das Wetter mit: Den grössten Teil des Tages verbrachten wir draussen mit den Nachbarskindern, die A4-Liste mit den Projekten war erstmal auf die Seite gelegt.

Gegen Ende von Woche 1 kamen Zweifel auf: Rund ums Haus spielten teilweise 13 Kinder miteinander. War dies noch bundesratsweisungskonform? Das Ansteckungsrisiko bereits zu gross, auch wenn die Kinder unserer Überbauung unter sich blieben?

Als sich die Corona-Lage weiter zuspitzte und neue Verbote ausgesprochen wurden, versuchte ich am Freitag, meine Kinder im eigenen Garten zu behalten. Gar nicht so einfach, da dieser nicht richtig nach aussen abgegrenzt ist. Also wieder etwas mehr Zeit drinnen verbringen. Dafür hatten wir endlich Zeit und Musse, die Chindsgi-Aufgaben zu erledigen, welche wir im Rahmen des Fernunterrichts von der Lehrperson erhalten hatten. Den Regenbogen malte mein Sohn mit gros­sem Eifer. Und ich stiess im Geheimen ein Dankesgebet aus, dass er erst im Kindergarten ist und ich ihm nicht wie andere Eltern Algebra, Variablenrechnen oder Physik beibringen muss.

Neue Erkenntnis

Nach der erfolgreich abgeschlossenen Corona-Schulfrei-Woche 1 mit ihrer ziemlich tiefenentspannenden Wirkung frage ich mich nun, wie die zweite wird. Das Wetter sieht weniger frühlingshaft aus, mit den Nachbarskindern darf gemäss Bundesratsentscheid vorerst nicht mehr gespielt werden. Sollte es etwas stressiger werden: Zuviel erwarten darf man in dieser verunsichernden Zeit, in der die gewohnten Alltagsstrukturen fehlen, nicht. Es muss kein super pädagogisch wertvolles Wir-basteln-singen-tanzen-ler­nen-gärtnern-backen-malen-Programm sein. Füreinander da zu sein und zu schauen, dass wir und die anderen gesund bleiben, reicht!

Und so, hoffe ich, schauen unsere Sprösslinge in einigen Jahren mit vielen schönen Erinnerungen an haufenweise gemeinsam verbrachter Zeit auf den Lockdown zurück, anstatt auf anstrengende Tage mit gestressten Eltern, die als Ersatzlehrer und mit gleichzeitigem Homeoffice alles perfekt machen wollten.

Heimlieferservice von Bastelmaterial

Aufgrund der Ladenschliessungen bieten immer mehr Unternehmen Lieferdienste, Abholmöglichkeiten oder Selbstbedienung an – auch im Zürcher Weinland. So können bei der Papeterie Kurt Schwaninger AG, welche eine Filiale in Andelfingen betreibt, ab sofort Telefonbestellungen aufgegeben werden. Die bestellten Artikel würden innert 24 bis 48 Stunden im Kanton Schaffhausen, dem Zürcher Weinland und dem nahen Thurgau in die Briefkästen der Kunden geliefert, das Geld muss vorgängig dort hinterlegt werden. Zudem wurde der bereits bestehende E-Shop für Büromaterial vorübergehend mit den wichtigsten Schul- und Bastelmaterialien ergänzt. (bsc)

Büro- und Schulmaterial sowie eine Auswahl des Bastelsortiments:
https://kschwaninger.officeprofi.ch
Telefonbestellungen: 052 681 19 02,
Mo bis Fr, 8 bis 12 und 13.30 bis 17 Uhr.

War dieser Artikel lesenswert?

Zur Startseite