Weinland

Nächstes Kapitel im «Ochsen»

32 Jahre lang haben Ursula und Hans Baumberger in ihrem «Ochsen» gewirtet. Nun haben sie das Restaurant verkauft. Der neue Besitzer wünscht sich einen Pächter mit Erfahrung in italienischer Gastronomie.

von Eva Wanner
17. Mai 2019

Im oberen Stock des «Ochsen» hielten dereinst die Vögte der Umgebung Gericht ab. Aus dem Jahr 1555 stammen die ersten Quellen im Staatsarchiv, in denen das Gebäude erwähnt wird. 1920 wurde das erste Telefon von ganz Trüllikon im Gasthaus in Betrieb genommen. Und beim letzten grösseren Umbau 1975 wurde ein Zimmer zum Gastraum umgebaut, in dem der Fernseher gestanden hatte, zu dem das halbe Dorf jeweils gepilgert kam, als Flimmerkisten in heimischen Stuben noch nicht üblich waren.

Jede Ecke des «Ochsen» erzählt Geschichte – in den letzten 32 Jahren wurde dort jene von Ursula und Hans Baumberger geschrieben. Damals hatten sie das Restaurant von seinen Eltern übernommen. Nach über drei Jahrzehnten verlassen die Baumbergers ihr Restaurant nun. Sie haben es verkauft inklusive der Räume im oberen Stock, die sie bisher bewohnt haben, und der Scheune nebenan, in der ihre Pferde standen. Weit weg gehen Baumbergers nicht; sie sind künftig in Stammheim zu Hause.

Verkauft haben sie ihren «Ochsen» altershalber; Hans Baumberger ist 71, seine Frau 64. «Es darf auch mal gut sein», meinen sie, auch wenn die Jahre rückblickend schnell verflogen seien. Unzählige Familienfeste, Hochzeiten und gar einmal ein Herbstfest haben sie miterlebt. Sie haben ihre Arbeit immer gerne gemacht; freuen sich aber auch, bald Zeit für alles zu haben, was in den letzten Jahren oder Jahrzehnten zurückstehen musste. «Natürlich reut es einen irgendwo», müssen sie dann doch ein wenig Wehmut zugeben. Das lachende und das weinende Auge – auch hier.

Der Käufer war Gast im Restaurant
Wie der Verkauf vonstattenging, ist für das Ehepaar optimal. Der Käufer war vor einiger Zeit als Gast im Restaurant, als er mit Ursula Baumberger ins Plaudern kam und sie erwähnte, dass sie und ihr Mann das Lokal gerne verkaufen würden. Robert Hofer, Eigentümer der Leemann + Bretscher Gruppe (kurz L + B) in Winterthur, war interessiert. «Mir hat das Haus an dieser dominanten Lage immer sehr gut gefallen. Zudem wollte ich in meiner Nähe ein gutes Restaurant am Leben erhalten», beschreibt er seine Beweggründe, die Liegenschaft zu kaufen.

Er hat den «Ochsen» per 1. August zur Pacht ausgeschrieben, Interessenten seien vorhanden und Abklärungen am Laufen, aber es sei noch kein Entscheid gefallen, so Robert Hofer weiter. Hauptkriterium für einen neuen Pächter ist laut der Ausschreibung, dass dieser Erfahrung im italienischen Gastgewerbe mitbringt. Warum? «Wenn ich mich für den Rest meines Lebens auf eine Küche beschränken müsste, würde ich die italienische wählen», sagt Robert Hofer zu diesem Wunsch. Bisher wird im Landgasthof gutbürgerliche Küche serviert.

Gespannt, wie es weitergeht, dürften auch die Gäste sein. «Es ist schön, dass uns alle gönnen, dass wir einen neuen Lebensabschnitt beginnen, aber auch sagen, dass sie uns vermissen werden», finden Baumbergers. Umgekehrt gelte dasselbe – und sie selbst werden bestimmt auch wieder Gast im «Ochsen» sein. Und als Aussenstehende sehen, wie die Geschichte des Hauses weitergeschrieben wird.

 

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