Weinland

Neue Heimat für Mehlschwalben

Ein Grossteil des Dorfkerns bietet neu ein Zuhause für Mehlschwalben. Mit Hebebühne und Akkubohrer machten sich Hans-Caspar Ryser und Michael Koschar am Mittwoch auf Montage­tour.

von Jasmine Beetschen
15. März 2024

«Insgesamt haben wir 112 Nester dabei», erzählt Hans-Caspar Ryser aufgeregt. Er ist Vorstandsmitglied des Natur- und Heimatschutzvereins Mar­tha­len. Am Mittwoch war er in einer Herzensangelegenheit unterwegs: mehr Unterschlüpfe für Mehlschwalben zu schaffen. So machte er sich auf Montagetour durchs Dorf, um in den von Mehlschwalben noch nicht besiedelten Dorfteilen neue Kunstnester anzubringen. «Die Sympathieträgerin ist potenziell gefährdet. Umso wichtiger ist es, ihr geeignete Nistmöglichkeiten zu bieten», ist er überzeugt.

Mit diesem Ziel rief der Naturschutzverein in Marthalen eine Hilfsaktion ins Leben: Interessierte können sich als «neue Nachbarn für die Mehlschwalbe» melden. Die Lieferung der Nester und der Kotbretter sowie die Installation derselbigen sind für sie dabei kostenlos. «Ein einzigartiges Angebot», findet Hans-Caspar Ryser. Und eines, das genutzt wird: Auf einen Aufruf hin meldeten sich rund 18 Haushalte, mehrheitlich aus dem Dorfkern, die Interesse hatten, die kleinen Singvögel zu beherbergen.

Für die Installationen an den gemeldeten Wohnhäusern erhielt der Naturschützer Unterstützung von Michael Koschar und Werner Keller von der Zimmerei Keller in Marthalen. Diese organisierten eine Hebebühne für die besonders hohen Dachgiebel und koordinierten die gesamte Montagearbeit.

Kunstnester sind nötig, da die Mehlschwalbe kaum mehr Nistmaterial für ihre Naturnester findet. «Versiegelte Vorplätze und ‹aufgeräumte› Gärten sorgen dafür, dass Lehm und Dreck für den Bau fehlen», erklärt Hans-Caspar Ryser. Glücklicherweise werden Kunstnester in der Regel gut angenommen.

Die Mehlschwalbe lebt ausschliesslich ausserhalb von Gebäuden, mehrheitlich an Wohnhäusern. «Ganz anders als ihre Verwandten, die Rauchschwalben, die sich vor allem im Inneren von Ställen einnisten», ergänzt der Naturschützer. Vor knapp zwei Wochen konnten Interessierte bei einem Vortrag im Feuerwehrlokal mehr über mögliche Schutzmassnahmen für die kleinen Singvögel erfahren (AZ vom 5.3.2024).

Um die neuen Nester für die Anfang April aus dem Süden wiederkehrenden Tiere möglichst attraktiv zu machen, sollten sie in höchstens 500 Metern Distanz zu bereits bestehenden Kolonien montiert werden.

Vorfreude auf neue Nachbarn
Die Montage gestaltete sich nicht überall gleich einfach. Die meisten Häuser in der Kernzone sind Riegelhäuser. «Hier achteten wir darauf, die Nester und Kotschutzbretter an den Holzriegeln selbst anzubringen», erklärt Hans-Caspar Ryser. Das sei zum einen einfacher, zum anderen blieben so die Riegelfelder unbeschädigt. Wichtig bei der Montage sei zudem, sie so zu montieren, dass keine Feinde drankommen. «Reine Holzwände eignen sich beispielsweise nicht, da sich daran der Steinmarder festkrallen und zum Nest klettern kann.» Und wenn ein solcher einmal ein Nest besetzt hat, meiden die Vögel dieses auch in den folgenden Jahren.

«Nun hoffen wir, dass sich die kleinen Baumeisterinnen auch bald bei uns im Dorf einnisten», sagt Hans-Caspar Ryser nach getaner Arbeit. Willkommen seien sie sehr, wie Rückmeldungen aus der Bevölkerung zeigten. Dass so viel Sympathie für die Vögel gehegt werde, gehe ihm ans Herz. «Viele freuen sich auf die potenziellen neuen Nachbarn. Nun heisst es aber erst einmal abwarten.»

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