Weinland

Nur nichts tun ist falsch

Der Samariterverein Flurlingen und Umgebung veranstaltete einen öffentlichen Infoabend über den Einsatz von Defibrillatoren und Erste Hilfe. Ein guter Helfer im Notfall ist Adrenalin – und zu wissen, was zu tun ist.

von Eva Wanner
15. Februar 2019

Man hört es oft – und kann es doch nicht oft genug sagen: Geht es um Erste Hilfe, ist nur nichts tun falsch. Das betonte auch Mona Nussbaum, Präsidentin des Samaritervereins Flurlingen und Umgebung, am Dienstagabend in der Aula des Primarschulhauses Dachsen. Der Verein hatte auf Einladung der Gemeinde einen Informationsabend zum Thema Reanimation und Erste Hilfe im Allgemeinen veranstaltet. Zwei Dutzend Interessierte aus Dachsen und der näheren Umgebung nahmen teil – am Nachmittag hatten die Samariterinnen und Samariter bereits das örtliche Lehrerpersonal und die Gemeindearbeiter geschult.

Mona Nussbaum erläuterte anhand des Ampel-Schemas, wie im Notfall vorzugehen ist. Die erste Phase ist rot: «Sie werden erstmal erschrecken – genies­sen Sie dieses Gefühl, jetzt strömt Adrenalin durch Ihren Körper.» Rot heisst aber auch «schauen», die Situation erfassen. «Wenn Sie sich in der Küche in den Finger schneiden und davonlaufen, um ein Pflaster zu holen, kann in dieser Zeit das Öl in der Pfanne anfangen zu brennen.» Es gelte also, allfällige «Folgegefahren» auszumerzen. Die zweite Stufe, gelb, heisst «denken» (also: Schnitt im Finger heisst, man braucht ein Pflaster), und erst dann folgt grün wie «handeln» (Pflaster aufkleben).

Auch eine einfache Patientenbeurteilung demonstrierte Mona Nussbaum. Ist der Patient ansprechbar, muss gehandelt werden, die Situation ist aber nicht ganz so schlimm. Ist er nicht mehr ansprechbar, muss geprüft werden, ob er noch atmet – wenn ja, dann muss er in die stabile Seitenlage gebracht und der Notruf 144 alarmiert werden. Wenn er nicht mehr atmet, muss Nothilfe geleistet werden.

Der «Saulärm» kann helfen
Nothilfe – in diesem Zusammenhang sprechen Samariter von «BLS-AED». «BLS» wie «Basic Life Support», also (frei übersetzt) grundlegende lebenserhaltende Massnahmen, und «AED» wie «Automated External Defibrillator», sprich der Einsatz eines Defibrillators.

Solche Geräte wurden in den letzten Jahren vermehrt öffentlich zugänglich  installiert. In Dachsen ist einer bei der Turnhalle, einer auf der Verwaltung und im Sommer einer in der Badi zu finden. Im Winter hängt dieses Gerät an einer Liegenschaft an der Marthalerstrasse in Dachsen (von Dachsen aus in Richtung Rheinau).

Diese Defis machen einen «Saulärm», so Mona Nussbaum. In Dezibel wären das 98, so laut wie eine Motor­säge. Das laute, penetrante Geräusch kann dazu führen, dass jemand zu Hilfe eilt – im Notfall oft ein Vorteil. Jemand kann alarmieren, ein anderer holt den Defibrillator und die dritte Person reanimiert. Letzteres bedeutet: 30 Thoraxkompressionen (Herzdruckmassage) und zwei Atemstösse – nicht «Baywatch»-artig durch den Mund, sondern empfohlen wird, durch die Nase zu beatmen. Hierfür wird das Kinn leicht nach oben gedrückt, damit der Mund geschlossen bleibt, und zwei normale Atemstösse werden in die Nase abgegeben. «Sie müssen den Patienten nicht aufblasen, also nicht zu viel Luft holen», so Mona Nussbaum. Wer sich vor dem Beatmen ekelt, kann entweder eine Maske (Mehr- oder Einweg) zu Hilfe nehmen oder nur Thoraxkompressionen durchführen. Wenns dabei knackt, nicht erschrecken. «Ja, es kann sein, dass Sie jemandem eine Rippe brechen – aber in dieser Situation ist das unwichtig.»

Ganz schön anstrengend
Sollten mehrere Helfer vor Ort sein, wird empfohlen, alle zwei Minuten die Position zu wechseln. Ansonsten nehme der Druck und damit die Qualität der Kompressionen ab. Einige der Anwesenden lächelten – zwei Minuten, das ist ja nichts. Das Lächeln verging schnell. An mehreren Puppen konnte eine Reanimation ausprobiert werden, «sträng!», war mehr als einmal zu hören. Geübt wurde auch das Defibrillieren. Die Geräte, die in den Gemeinden hängen, sind einfach zu bedienen: Sie sagen, was zu tun ist. Wichtig ist, den Oberkörper zu entkleiden, die beiden Pads direkt auf die Haut zu kleben (bei starker Behaarung muss der Einwegrasierer, der den Geräten beiliegt, zur Hand genommen werden) und den Defi auf hartem, nicht leitendem Untergrund einzusetzen. Sind Untergrund und Patient nass – etwa nach einem Ereignis in der Badi – soll bei der Schock­abgabe durch den Defi einen Meter Abstand zum Patienten genommen werden. Das Gerät sagt so oder so, wenn man die Finger vom Patienten lassen muss – denn der Schock, der ausgelöst wird, ist 30 Mal so stark wie bei einem Kuhdraht.

Wie das Gerät funktioniert, erklärte Mona Nussbaum anhand eines bekannten Beispiels: Auf dem Röhrenfernseher ist ein «Ameisenrennen» zu sehen. Der Impuls: draufhauen. Entweder kommt dann wieder ein Bild oder nicht. Der Defi hingegen misst, ob noch ein Flimmern des Herzens vorhanden ist, wenn ja, gibt er einen Schock ab, wenn nein, dann nicht. Und das Wichtigste überhaupt bei der Ersthilfe? «Nur nichts tun ist falsch.»

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