Weinland

Pflegepersonal kritisiert neue Schutzmassnahmen

Das Pflegepersonal des Zentrums Kohlfirst fühlt sich diskriminiert. Grund dafür sind neue Schutzmassnahmen, die der Vorstand kürzlich beschlossen hat und Einschränkungen für Impfskeptische mit sich ziehen.

von Jasmine Beetschen
02. März 2021

Keine externen Weiterbildungen und keine Erhöhung des Arbeitspensums für nicht geimpftes Pflegepersonal. Dies ist die neue Regelung im Alters- und Pflegezentrum Kohlfirst in Feuer-thalen. Für einige Mitarbeitende ist diese Entscheidung nicht nachvollziehbar, wie sie in einem Schreiben an die Medien mitteilen. Impfskeptische fühlen sich vom Vorstand unter Druck gesetzt, wie «Top online» berichtete. Markus Späth-Walter, Präsident des Zweckverbands Zen­trum Kohlfirst, erklärt im Interview, weshalb sich der Vorstand für die Einschränkungen entschieden hat.

Im Zentrum Kohlfirst wurden die Schutzmassnahmen verschärft. Wie sehen diese im Detail aus?
Markus Späth-Walter: An der letzten Sitzung hat der Vorstand des Zweckverbands beschlossen, für das nicht geimpfte Personal zusätzliche Schutzmassnahmen einzuführen. Dazu gehören regelmässige Corona-Tests und der Verzicht auf externe Weiterbildungen.

Womit begrĂĽnden Sie die Massnahmen?
Bei solchen Veranstaltungen kommen Nichtgeimpfte aus vielen Pflegeheimen zusammen; die Gefahr, dass auf diesem Weg erneut Ansteckungen erfolgen, ist beträchtlich. Der massive Covid-19-Ausbruch vom vergangenen Herbst, von dem mehr als ein Drittel der Angestellten betroffen war und der bis heute wegen Long-Covid schmerzliche Absenzen zur Folge hat, brachte unser Personal an den Rand der Belastbarkeit und dar­über hinaus. Nur dank der hohen Flexibilität und Opferbereitschaft unserer Mitarbeitenden konnten wir diese Krise bewältigen. Umso wichtiger ist es nun, zu verhindern, erneut in eine personell ähnlich schwierige Lage zu geraten.

Die Einschränkungen sind also vorbeugend gedacht. Was erhoffen Sie sich zusätzlich von den Massnahmen?
Genau. Wir streben an, für die Bewohnenden und ihre Angehörigen möglichst rasch möglichst viele Freiheiten zurückzugewinnen. Eine Verlängerung von Besuchsverboten und massiven Einschränkungen der Bewegungsfreiheit um weitere Monate erachten wir als unzumutbar. Die zusätzlichen Schutzmassnahmen dienen diesem Ziel und haben mit Diskriminierung nichts zu tun.

Sie erwähnen den Vorwurf der Diskriminierung. Was sagen Sie dazu?
Die vom Vorstand beschlossenen Massnahmen haben skeptische Stimmen, aber auch viel Zustimmung ausgelöst. Ein Impfzwang ist rechtlich nicht möglich und wird von uns auch weder direkt noch indirekt angestrebt. Die Einschränkungen sollten auch nicht als Sanktionen gewertet werden. Wir sind unserem Personal sehr dankbar für ihre ausserordentlichen Leistungen im vergangenen Jahr und möchten niemanden diskriminieren –es geht hier um den Schutz der Mitarbeitenden und Bewohnenden. Wir achten die persönliche Entscheidung gegen das Impfen, behalten uns aber trotzdem vor, bei Neuanstellungen und bei Pensenerhöhungen die Corona-Impfung mitzuberücksichtigen.

Wie geht es nun weiter?
Inzwischen haben sich erfreulicherweise weitere Mitarbeitende zur Impfung entschlossen. Mit den Kritikern, die sich an uns gewandt haben, werden wir so rasch wie möglich das direkte Gespräch suchen. Längerfristig möchten wir tatsächlich erreichen, dass sich möglichst alle Mitarbeitenden gegen das für unsere Bewohnenden tödliche Virus impfen lassen.

Wie sieht die aktuelle Lage im Zentrum Kohlfirst aus?
Vor zwei Wochen haben rund 90 Prozent der Bewohnenden und mehr als die Hälfte des Personals die erste Impfung gegen Corona erhalten. Die zweite Impfung ist für Mitte März vorgesehen. Bis dahin sollten auch die Gespräche mit den Mitarbeitenden stattgefunden haben.

Nachgefragt im ZPBW

Auch Ralph Hug, Leiter des Zentrums für Pflege und Betreuung Weinland (ZPBW) in Marthalen, ist der Meinung, dass den Bewohnenden ein maximaler Schutz geboten werden soll. In der Frage der «Impfpflicht» – «die es wohlgemerkt nicht gibt» –, gehen sie aber einen anderen Weg. Im ZPBW gebe es keine Einschränkungen, falls sich jemand gegen eine Impfung ausspricht. «Ich denke aber, es ist sowohl nötig wie auch erlaubt, motivierend auf die Mitarbeitenden einzugehen und Verständnis und Bereitschaft zur Impfung zu schaffen», ist Ralph Hug überzeugt. Am Schluss bleibe es aber eine individuelle Entscheidung jeder einzelnen Person. Insgesamt 83 Bewohnenende und Mitarbeitende des ZPBW haben bereits die erste Impfung erhalten, die zweite steht heute an. (jbe)

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