Weinland

Schnupperabend bei den Jägern

Die Jagdgesellschaft Waltalingen-Guntalingen lud zur Wildtierbeobachtung ein. Die rund 20 Gäste erlebten einen eindrücklichen Abend. Zwei stille Stunden auf einem Jäger-Hochsitz zu verbringen, braucht Mut. Man wird mit Tieren, aber auch mit sich selber konfrontiert.

von Beatrice Gachnang
11. Mai 2018

Wer mit dem Auto Guntalingen durchquert, sieht sie plötzlich auf einer Wiese: Wildschweine! Der aufmerksame Lenker bremst ab um festzustellen, dass die Tiere doch nicht so wild sind wie befürchtet. Es sind Schweine, die der Kunstschmied Oskar Reutimann selber aus Metall herstellt. Wildschweine sind Oskar Reutimanns Lieblings­tiere. Kürzlich konnte man erfahren, wieso: Reutimann ist Obmann der Jagdgesellschaft Waltalingen-Guntalingen, und in dieser Funktion lud er die Bevölkerung zu Wildtierbeobachtungen am Waldrand ein.

Bei Reutimanns zu Hause versammelten sich mehrere Jäger, Familien, jüngere und junggebliebene Einzelpersonen, um mehr über die einheimischen Wildtiere zu erfahren. Oskar Reutimann stellte zuerst die neue «Tierli-Kanzel» vor. Es ist eine «Stifte-Büez» der Neu-Jägerin Judith Moser. Die Kanzel ist eine Art mobile Hochsitz-Kiste, von der aus besonders Kinder gut Tiere beobachten können. Die Kanzel enthält aber auch viele Informationen sowie Sammelgut aus der Natur.

Beobachtung ist ein grosser Teil
Spannend erläuterte Reutimann das Leben und die Arbeiten des Jägers. Die Jäger rücken aus, wenn ein Reh von einem Auto angefahren wird. In diesem Fall reden Jäger von Fallwild. Wenn die Landwirte von Wildsauen geplagt werden, sind ebenfalls die Jäger Ansprechstelle. Sie beraten, stellen Zäune zur Verfügung und schiessen auch die eine oder andere Sau. Ein grosser Teil der Jägerzeit wird aber für Wildbeobachtungen aufgewendet, das «Aahocke», wie es im Jägerlatein heisst. Kein Wunder, kennen sich die Jäger wie kaum sonst jemand mit den Wildtieren aus.

Dieses «Aahocke» konnte von den Gästen eindrücklich erfahren werden. Allein, zu zweit oder zu dritt wurden die Neulinge auf den Beobachtungsposten ausgesetzt, wo es nun während zwei Stunden nur um Naturerfahrungen ging.
Bevor es losging, warnte Reutimann: «Vergässed d Wildsau!» Er regte an, Mücken zu beobachten, Spinnen, eine Maus. Alle Sinne zu gebrauchen, die Abendstimmung wahrzunehmen. Man erfuhr, dass Rehe Silhouetten schlecht sehen, aber jede Bewegung registrieren. Dass der Fuchs dagegen sehr gut sieht und das Wildschwein fast alles riechen kann. Reutimann erklärte, wie bei den Rehen ein Bock von einer Geiss zu unterscheiden ist und dass junge Füchse zuerst ein graues, weiches Fell tragen.

Das Bauchgefühl muss stimmen
Wer dem Jäger zuhört, spürt seine Freude an der Natur und die Liebe zu den Tieren. Es ist denn auch nicht die Leidenschaft zu töten, die einen Jäger ausmacht. Klar nehme er das Gewehr auf seinen Hochsitz jeweils mit. Aber manchmal schiesse er auch nicht, obwohl er könnte und dürfte. Einfach, weil das Bauchgefühl nicht stimme, meinte Oskar Reutimann.

Es war schon Nacht, als sich alle wieder am Feuer zu einem feinen Imbiss trafen. In fast feierlicher und ehrfurchtsvoller Stimmung erzählten die Teilnehmenden von ihren Beobachtungen. Mücken, blühende Bäume, Hornissen in grosser Zahl, Feldhasen, Füchse, Rehe und sogar eine Bache (so heisst die weibliche Wildsau in Fachsprache) mit Jungen wurde gesichtet! Vor allem aber war es ein Gefühl des Eins-Werdens mit der Natur, das alle glücklich machte. Meditation für Naturfreunde, sozusagen.

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