Weinland

Thomas Meisters Kür

Die Firma Meister Abrasives war die Pflicht von Thomas Meister, die Autohalle ist die Kür. Am Samstag war Eröffnung der eindrücklichen Lokalität. Nik Hartmann moderierte, Stefanie Heinzmann sang.

von Roland Spalinger
02. November 2021

Der Vorhang, der sich sozusagen öffnete, war eine Glaswand. An diese schauten die geladenen Gäste, als sie mit einem Apéro-Getränk in der Hand im Eventsaal standen und erstmals die Stimme von Nik Hartmann hörten. Und plötzlich war dort kein Milchglas mehr, sondern der Blick frei in den angrenzenden Bar- und Restaurantbereich Lucie’s Finest und Lucie’s Classics – Lucie heisst der Citroën Traction Avant, der über dem Grill platziert ist.

Möglich macht dies Flüssigkristall (Sage-Glass), das wie der Bildschirm eines LCD-Geräts funktioniert und bloss eines von vielen raffinierten Details der Autohalle ist. Diese hat Thomas Meister im Andelfinger Industriequartier hochziehen lassen. Sie würde sich aber auch in New York oder Tokio gut machen, meinte Nik Hartmann. Der bekannte TV-Mann führte durch den Abend des wichtigsten Meilensteins des neuen Lokals, der offiziellen Eröffnung.

Auch die weiteren Programmpunkte waren erlesen – vom Menü mit Kalbshohrücken und wunderbarem Kartoffelstock (in der Karte Wurzelpüree genannt) bis zur musikalischen Einweihung des Eventraums mit Stefanie Heinzmann. Die Walliserin war auf der Rückreise einer Tour, die sie nach Köln, Berlin und in den Europapark geführt hatte; unter anderem war sie vor zwei Wochen in der TV-Show (SRF-ARD-ORF) «Klein gegen Gross» aufgetreten und hatte für ein Millionenpublikum gesungen. In Andelfingen waren es weniger, auch wenn nebst den Geladenen weitere Gäste dazukamen.

Oldtimer statt Oliven
Eigentlich wollte Thomas Meister (63) ja in Italien einen Gutshof kaufen und einen Olivenhain pflegen. Weil das nicht klappte, realisierte er als Plan B die Autohalle für seine Leidenschaft – Oldtimer. «Freunde alter Autos sind gemütliche Menschen», sagte er im Gespräch mit Nik Hartmann und verglich sein Engagement mit dem Eiskunstlauf: Das Berufliche sei die Pflicht gewesen, die Autohalle nun die Kür.

Dann mache er erst jetzt das, was er sein Leben lang wollte, hakte Nik Hartmann nach. Die Firma Meister Abrasives zu führen, sei auch faszinierend gewesen, vor allem «das Technische», erzählte Thomas Meister. Als er 1982 in den elterlichen Betrieb eingestiegen sei, habe er aber nicht gewusst, was auf ihn zukomme. Und eigentlich habe er damals auch nicht unbedingt den Kontakt zu den Eltern und der Firma gesucht. Heute könne er sagen, es sei gut gekommen und richtig gewesen. Sein Vater würde sagen, er (der Vater) habe die Firma gut aufgebaut, und der Sohn habe es auch gut gemacht.

Nach einem Herzinfarkt 2014 hat Thomas Meister die Gruppe verkauft und bald mit der Planung der Autohalle begonnen. Wie der Bau im Ort aufgenommen wurde, wollte Nik Hartmann weiter wissen. Einige hätten gesagt, «dä spinnt!», antwortete der Initiant. «Das ist ein gutes Zeichen!», warf Stefanie Heinzmann ein, die nicht nur sang, sondern auch Persönliches erzählte. Zum Beispiel, dass sie am Anfang ihrer Karriere unsicher gewesen sei und sich selber lieben lernen musste. Ohne Zweifel, so Thomas Meister, würde man sich nicht weiterentwickeln. Wenn er eine Idee habe und von dieser überzeugt sei, setze er sie aber um.

Gut gebucht
Wie er und seine Frau Marie-Josée das gemacht haben, ist schön anzuschauen. Unter dem Dach der Autohalle, die «nicht für die oberen Zehntausend» sei, sondern für alle, wie er betonte, sind sechs Betriebsbereiche vereint und 28 Vollzeitstellen geschaffen worden. Das Echo ist gut. Bis Ende Januar sind laut CEO Simon Schmid bereits 80 Events gebucht. Der erste fand am Montag statt, eine Weindegustation von Patrick Thalmanns Winzerei zur Metzg. Und am Wochenende lädt die Andelfinger Musikgesellschaft dort zur Unterhaltung – Leo Rolli, Vizepräsident und Andelfinger Bausekretär, hat wegen der Akustik schon mal gut hingehört.

Gastronomieleiter Lukas Huwiler strebt mit dem auf Businesskunden ausgerichteten Hotel den Vier-Stern-Standard an, aber nicht unbedingt die Qualifizierung. Und im Restaurant setzt Küchenchef Marko Prüstel auf Regionalität – er lebt in Volken und kochte im «Taggenberg». Das Lokal ist 365 Tage offen, auch über Mittag, wodurch die Firma Meister wohl über die schönste Kantine verfügt. Am Tisch zubereitet wie im «Finest» wird dann natürlich nicht.

Herzstück des Betriebs oder der Grund, war­um er überhaupt gebaut wurde, ist der Automobilbereich mit Werkstatt und Einstellhalle. Thomas Meister hatte seine Oldtimer bisher an verschiedenen Standorten untergebracht. Nun sind seine Classics wie die knapp 100 anderen schön platziert und präsentiert – beim Gang auf die Toilette ist ein Blick auf einige Exemplare möglich. Ein paar Plätze sind noch frei, die Preise (ab 190 Franken) seien fair, wie anwesende Autojournalisten einordneten. Sie zeigten sich überzeugt von der Durchmischung, das sei in der Autohalle anders als bei vergleichbaren Betrieben. Diese haben ganz sicher keine Rauchglasscheiben, die auf Knopfdruck durchsichtig werden.

War dieser Artikel lesenswert?

Zur Startseite

Zeitung Online lesen Zum E-Paper

Folgen Sie uns