Weinland

Von Trachten und Traditionen

Alice Bachmann weiss alles über Trachten. Ihr Wissen gab sie am Samstag in der Kirche weiter. Das Interesse an ihrem Vortrag war dementsprechend gross.

von Cindy Ziegler
19. Juni 2018

"Traditionen leben davon, weitergegeben zu werden», begann Pfarrer Jürgen Terdenge den Vortrag von Alice Bachmann (kleines Bild) über Trachten – eine lebendige Tradition in Dinhard, wie es scheint. Rund 50 Personen, davon weit über die Hälfte in Trachten gekleidet, lauschten am Samstagmorgen in der Kirche den Worten der Expertin.

So wie Traditionen würden auch Trachten weitergegeben. Alice Bachmann erzählte beispielsweise, dass sich die Schweizer im und nach dem Ersten Weltkrieg besannen und sich fragten, was denn zur Schweiz gehöre. Offensichtlich kam man damals zum Entschluss, dass das unter anderem Trachten seien. 1926 wurde die Schweizerische Vereinigung zur Erhaltung der Trachten und zur Pflege des Volksliedes gegründet. Ein Jahr später wollten auch die Weinländerinnen und Winterthurerinnen (damals zusammen) der Vereinigung beitreten.

Bei den Trachten gibt es eine klare Hierarchie: Von der Arbeitstracht zur Sonntagstracht und Festtagstracht. Über 30 Jahre lang gab es zudem eine Zwischentracht. «Im Weinland sieht man vor allem die Arbeitstracht», erklärte Alice Bachmann. Sie sei weniger empfindlich und elegant als die anderen Trachten. Trotzdem gibt es auch für diese Tracht Accessoires: gehäkelte Ärmel, ein Schal, der über die Schulter geworfen wird, die passende Tasche. Und natürlich die Strümpfe. «Heute kommen wir immerhin wieder in die Schuhe», sagte Alice Bachmann mit einem Augenzwinkern.

Bei Festen kleiden sich die Weinländerinnen, früher und manchmal auch noch heute, gerne mit der Festtagstracht. Diese besteht aus einem mit Reben bestickten Mieder und einer gelben Seidenschürze. Zwischenzeitlich gab es keine gelbe Seide mehr, weiss die Trachtenexpertin. Deshalb kam bald auch eine blaue Schürze dazu.

Anlässlich der Schweizerischen Landesausstellung 1939 entwarf ein Schneider aus Turbenthal auch eine Männertracht. «Die Männer wollten auch so etwas Schönes», sagte Alice Bachmann. Mehr als etwas Schönes sind die Trachten für die Seniorin. «Mit einer Tracht ist man nie falsch angezogen.» Aber das hat auch seinen Preis: Unter 1000 Franken gäbe es keine Tracht, edle Exemplare könnten auch locker über 10 000 Franken kosten.

Bei den Trachten gibt es strenge Regeln: Aus welchem Material darf der Rock sein? Braucht die Zwischentracht eine Schnürung oder Knöpfe? Sind langärmlige Blusen erlaubt? «Es gab aber immer Ausnahmen», sagte Alice Bachmann. Beispielsweise ging das Weinland für die Trachtenvereine früher bis nach Brütten. Die Brüttemer hatten keine Reben, weshalb es ihnen erlaubt war, auf dem Mieder Kornblumen zu tragen.

Kennenlernen über die Gemeinde hinaus

2014 beschlossen die Kirchgemeinden Altikon-Thalheim-Ellikon, Rickenbach, Seuzach und Dinhard, bei der Erwachsenenbildung zusammenzuarbeiten. Dazu organisieren die Gemeinden seit 2015 jährlich Wanderungen in die nahe Umgebung, welche einen spirituellen/kulturellen und bildenden Aspekt haben. «Man lernt einander nicht bei Vorträgen kennen», meint Initiantin Karin Wolfer von der Kirchenpflege Dinhard. Deshalb findet bei den Wanderungen  auch immer ein Mittagessen statt. Das Motto in diesem Jahr: lebendige Traditionen aufzuspüren. (ciz)

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