Gemäss dem Jahrbuch «Qualität der Medien» hat die Zahl der grösseren Regionalzeitungen in der Schweiz zwischen 2001 und 2016 von 36 auf 28 abgenommen, wie es in einer Mitteilung der Universität Zürich heisst. Gleichzeitig nimmt auch die Wahlbeteiligung immer mehr ab – in den Gemeinden des Kantons Zürich seit den 1970er-Jahren etwa von 70 auf 37 Prozent.
Der Medienschwund in der Schweiz bedrohe die Demokratie, fassen denn auch die Politikwissenschaftler Daniel Kübler und Christopher Goodman von der Universität Zürich (UZH) die Ergebnisse einer von ihnen durchgeführten Studie zusammen. Diese ist kürzlich im «Journal of Elections, Public Opinion and Parties» erschienen.
Ein wesentlicher Einflussfaktor
Sie untersuchten, ob zwischen der Krise des Lokaljournalismus und der Abnahme der Wahlbeteiligung in den Gemeinden ein Zusammenhang bestehe. Ihr Fazit: Je höher die Auflage der lokalen Zeitungen und je mehr die Medien über lokale Politik berichten, desto höher ist die Wahlbeteiligung.
Weil weniger Geld für professionellen Lokaljournalismus zur Verfügung stehe, werde die Berichterstattung über die lokale Politik reduziert. Zudem führten Zusammenschlüsse von Zeitungen dazu, dass ihr Einzugsgebiet nicht mehr mit den politischen Regionen übereinstimmt und sie deshalb nicht mehr über Lokales berichteten. «Je weniger die Menschen über das Geschehen in der lokalen Politik wissen, desto eher bleiben sie der Urne fern», bilanzieren die beiden Politikwissenschaftler. Der lokale Zeitungsmarkt sei ein wesentlicher Einflussfaktor für die Wahlbeteiligung.
Politik wiederbeleben
Wenig Hoffnung sehen die Wissenschaftler für lokale Meldungen auf Online-Portalen. Es habe noch niemand die Lösung gefunden, wie man mit lokalen Online-News Geld verdienen könnte, wird UZH-Professor Daniel Kübler zitiert. Das Problem sei dabei auch, dass die Menschen gar nicht realisierten, dass sie mehr davon bräuchten. Im Interview mit dem «Landboten» sagt er dazu: «Wenn ich einen Zeitungsbericht über meine Wohngemeinde sehe, lese ich ihn. Hätte ich ihn verpasst, fände ich es schade. Wäre er aber nicht erschienen, hätte ich es nicht bemerkt und deshalb auch nicht vermisst.»
Die Politikwissenschaftler rufen deshalb nicht kommerzielle Akteure wie Stiftungen, Parteien oder lokale Behörden dazu auf, aktiv zu werden und neue journalistische Nachrichtenangebote zu schaffen. Die Kommunikation über Lokalpolitik sei sehr wichtig, wenn man das politische Leben in den Gemeinden wiederbeleben wolle.
Nummer 1 für Meinungsbildung
Die Wichtigkeit von Regionalblättern wie der «Andelfinger Zeitung» unterstrich auch Andreas Häuptli, Geschäftsführer Verband Schweizer Medien, am Mittwoch am Anlass des neuen Internetauftritts. Bezüglich Meinungsbildung bei Abstimmungen seien Zeitungen die Nummer 1. 90 Prozent der Stimmenden hätten Zeitungen als wichtigste Informationsquelle angegeben, zitierte er aus einer anderen Studie.
Die Politologen Daniel Kübler und Christopher Goodman haben Daten aus den sechs Metropolitanregionen Zürich, Genf, Basel, Lausanne, Luzern und Lugano untersucht. Insgesamt wurden 408 Gemeinden mit mehr als drei Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern miteinbezogen.
Wahlbeteiligung hängt von lokaler Berichterstattung ab
Region - Je weniger eine Zeitung über lokale Politik berichtet, desto tiefer ist die Wahlbeteiligung in den Gemeinden. Dies zeigt eine Studie von Politikwissenschaftlern der Uni Zürich. Die Krise des Lokaljournalismus könnte die Demokratie bedrohen, warnen sie.
sda/az
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Wahlbeteiligung hängt von lokaler Berichterstattung ab