Weinland

Wohnen im Alter: ein Problem?

Die Weinländer Bevölkerung altert rasant. Um diese Entwicklung bewältigen zu können, braucht es neue Formen des Zusammenlebens. Und ein ausgebautes Betreuungsangebot.

von Jasmine Beetschen
25. März 2022

85 zusätzliche Pflegeplätze bis im Jahr 2035, fünf Jahre später nochmals 123: Das ist eine Prognose für das Weinland, die zum Nachdenken anregt und die fünf vorhandenen Pflege- und Altersheime im Weinland mit ihren 287 Plätzen vor eine Herausforderung stellt. «Umso wichtiger ist es, sich jetzt mit dem Thema Wohnen im Alter auseinanderzusetzen», so Markus Späth, Kantons- und Gemeinderat und Präsident des Zentrums Kohlfirst.

Aus diesem Grund lud die SP Weinland am Dienstagabend zu Vortrag und Diskussion im Zentrum Kohlfirst in Feuerthalen ein. Verschiedene Fachleute referierten über konkrete Projekte des Alters- und Generationenwohnens im Bezirk.

Wohnprojekte im Weinland
Erfreulich sei, dass im Weinland bereits einige solche Projekte konkretisiert wurden oder werden, sagte Markus Späth. So zum Beispiel «Friedas Garten» in Rudolfingen. «Geplant sind acht altersgerechte Mietwohnungen im Sinne einer gemeinnützigen Genossenschaft», erzählte Felix Feurer, Mitinitiant und ehemaliger Präsident der Spitex Weinland Mitte. Die ersten Hürden seien genommen, die Finanzierung weitgehend gesichert. Letztere sei bei solchen Ideen oft eine grosse Herausforderung, erklärte Ernst Roth, der stellvertretend für Fred Höhener kurz über das Projekt «bi de Lüüt» in Dachsen informierte. Nach zehn Jahren Rechtsstreit können sie dank eines Investors nun mit dem geplanten Begegnungszentrum loslegen.

Bereits einige Schritte weiter ist die Überbauung Fortimo am Cholfirst in Feuerthalen. Seit 2021 stehen direkt neben dem Zentrum Kohlfirst 47 Wohnungen zur Verfügung, die speziell auf die Bedürfnisse älterer Menschen ausgerichtet sind. In Marthalen gibt es mit «Uf de Breiti» bereits seit den 90er-Jahren ein Projekt mit 12 Wohnungen. Und auch in anderen Gemeinden im Weinland wird genossenschaftliches Wohnen vorangetrieben, wie zum Beispiel mit den Projekten «Adler» in Stammheim oder «Engel» in Flaach, so Markus Späth.

Solche Wohnformen seien gefragter denn je. Die Menschen möchten immer länger zu Hause bleiben, so Felix Feurer. Dafür brauche es eine gute Nachbarschaft, altersgerechten Wohnraum, eine gute Vernetzung sowie generationenübergreifende Solidarität. Dazu gehöre beispielsweise auch der Erhalt der Dorfläden oder Hilfsangebote für ältere Leute.

Angebot entlastet Pflegezentren
Länger im eigenen Heim zu bleiben, sei in jedem Fall eine unterstützenswerte Entwicklung, welche mit passenden Angeboten gefördert werden könne. Denkbar sei, neben altersgerechten Wohnungen oder Alters-WGs zum Beispiel auch tagesweise betreutes Wohnen, wodurch Angehörige für ein bis zwei Tage die Woche unterstützt würden. «Solche Angebote gibt es im Weinland kaum», so Felix Feurer.

Der Ausbau von derartigen Wohnprojekten käme auch den bestehenden Pflege- und Altersheimen entgegen. «Entsprechende Angebote könnten uns entlasten, da die Menschen länger selbständig wohnen und wir uns vermehrt auf Pflege statt auf Betreuung fokussieren könnten», so Sylke Meyer. Als Co-Geschäftsführerin des Zentrums Kohlfirst beobachtet sie, dass die Menschen beim Eintritt in ein Heim zunehmend älter sind und entsprechend öfters Vorerkrankungen mitbringen.

Diese Entwicklung führt dazu, dass der Bedarf an Pflegezentren steigt, reine Altersheime werden hingegen weniger benötigt. Die Pflegestunden und damit auch die Ansprüche an die Pflegekräfte nehmen zu. Leider fehle zu oft die Zeit für das Zwischenmenschliche, so Sylke Meyer. Um dem entgegenzuwirken, müssen Anstellungsbedingungen und Ausbildungsangebote für Pflegekräfte attraktiver werden.

Bessere Anstellungsbedingungen, altersgerechterer Wohnraum für Ältere sowie ein ausgebautes und vielfältigeres Betreuungsangebot sehen die Referenten als wirkungsvolle Massnahmen, um die Überalterung im Weinland abfangen zu können. «Das Wohnen im Alter soll weiterhin privat sein, die Betreuung jedoch ist Sache der Gemeinde», meint Felix Feurer. Hier brauche es einen grösseren Austausch zwischen den einzelnen Gemeinden, waren sich die Anwesenden am Ende der Veranstaltung einig.

Diesen Input möchte Markus Späth an der Versammlung des Gemeindepräsidentenverbands im April vorbringen: «Das Thema betrifft uns alle früher oder später, deshalb müssen wir jetzt ansetzen, damit die, die das möchten, möglichst lange und selbständig zu Hause leben können.»

Mehr zu den Projekten: Überalterung im Weinland, «bi de Lüüt», fortimo am Cholfirst

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