Zürigeschnetzeltes in Misosuppe

Oberstammheim - Anya Ulrich kocht fürs Leben gern. Ihre Passion hat sie schon vor über 30 Jahren zum Beruf gemacht: Mit Kochkursen, Weiterbildungen und Ernährungsberatung. Ihre Erfahrungen hat sie nun in einem Kochbuch zusammengefasst.

Tizian Schöni (tz) Publiziert: 16. Dezember 2022
Lesezeit: 4 min

Der Ort, wo Anya Ulrich ihre Rezepte entwickelt, testet und zuletzt ein ganzes Kochbuch geschrieben hat, sieht aus wie eine ganz normale Wohnungsküche: ein Elektroherd, dahinter verschiedene Kellen, Pfannenwender und Löffel. Einzig eine Kaffee- und eine Küchenmaschine sind zu sehen. Die Kochbuch-Bibliothek in einem kleinen Regal fällt eher bescheiden aus. 

Frau Ulrich, funktioniert Ihre Küche ohne Thermomix und Kombisteamer?
Anya Ulrich: Um gut zu kochen, braucht man gar nicht so viel. Ich lege aber Wert auf gute, langlebige Pfannen und meine zwei Dampfkochtöpfe.

Sind die Rezepte in Ihrem Kochbuch dementsprechend einfach zu kochen?
Die verschiedenen Mahlzeiten sind in einfache, mittlere und schwere Rezepte eingeteilt. Wir haben durchaus simple Gerichte, zum Beispiel eine Kartoffel-Gorgonzola Quiche oder eine französische Zwiebelsuppe. Dann gibt es komplexere Rezepte, wie Züri-Geschnetzeltes in Misosuppe. 

Ein gutes Beispiel dafür, dass in Ihrem Kochbuch verschiedenste Kulturen zusammenfinden.
Tatsächlich ist mein Kochstil stark durch die niederländische Küche mit all ihren exotischen Einflüssen aus den ehemaligen Kolonien geprägt. In den letzten Jahren sind wir zudem viel gereist, so hat sich zum Beispiel die mediterrane oder die südafrikanische Esskultur hineingemischt.

Sie sind in den Niederlanden aufgewachsen. Haben Sie dort Ihre Leidenschaft fürs Kochen entdeckt?
Ja, aber eigentlich war es die indonesische Küche, die mich als erstes begeistert hat. Ich ging damals mit vielen Kindern aus Indonesien zur Schule, denn das Land war Ende der Vierzigerjahre von den Niederlanden unabhängig geworden, danach gab es einen starken Einwanderungsstrom. Natürlich haben wir uns oft gegenseitig eingeladen, und die indonesischen Mütter haben so gut gekocht! Ich habe mindestens einmal pro Woche Nasi oder Bami Goreng gegessen. In den Niederlanden finden Sie noch heute eine grosse Zahl indonesischer Restaurants, Satay-Spiesse mit Erdnusssauce sind quasi zu einem Nationalgericht geworden.

Eine ähnliche Entwicklung kennen wir in der Schweiz ...
... Genau, mit den italienischen Gastarbeitern kamen in den Sechzigern Spaghetti und Pizza in die Schweiz. Ich bin allerdings wegen der Liebe hergezogen, mein Mann ist in Waltalingen aufgewachsen.

Haben Sie hier schnell Anschluss gefunden?
Wir lebten damals in Winterthur, und um andere Leute kennenzulernen, besuchten wir einen Kochkurs an der Migros-Klubschule. Dort kam ich mit dem Kursleiter ins Gespräch, weil er indonesische Kochkurse gab. Aber dessen Rezepte waren eher «fusion», also stark an westliche Geschmäcker angepasst. Darauf angesprochen, bot er mir kurzerhand an, die Kurse selbst zu übernehmen. Ich musste etwas Mut fassen, habe dann aber zugesagt.

Kamen Ihre eigenen Rezepte gut bei den Kursteilnehmenden an?
Ja, die Kurse waren immer ausgebucht, soweit ich mich erinnern kann. Aber wenn ich ehrlich bin: Die Klubschule war damals auch ein Heiratsmarkt, man ging hin, um jemanden kennenzulernen. Gerade die Kochkurse waren dafür gut geeignet. Schwieriger war es, die Gewürze für meine Gerichte aufzutreiben.

Wo haben Sie sich eingedeckt?
Koriandersamen und Kurkuma gab es in den Achtzigern höchstens im Asia-Laden, der breiten Bevölkerung war das noch kein Begriff. Besondere Gewürze habe ich mir in den Niederlanden über einen Händler beschafft und diese dann selbst in die Schweiz eingeführt. Und auf einige wenige Zutaten musste ich auch ganz verzichten, weil diese schlicht nicht aufzutreiben waren, etwa «Kentjoer» (Gewürzlilie, Anm. der Redaktion).

Die Kochkurse haben Sie danach nicht mehr losgelassen.
Ja, ich habe dann im Rahmen der Fortbildungsschule in Stammheim und Andelfingen angefangen, Kochkurse zu geben. Und weil ich dort immer wieder auf gesunde Ernährung oder auf Lebensmittelunverträglichkeiten und wie darauf zu reagieren sei angesprochen wurde, liess ich mich in den Nullerjahren zur Ernährungsberaterin ausbilden. Mein Kochbuch ist sozusagen die Essenz all dieser Erfahrungen.

Wie kamen Sie auf die Idee, ein Buch über Ihre Leidenschaft zu schreiben?
Es waren Freunde und Verwandte, die das Kochbuch anregten. Daher kommt auch der Titel «The Secret Ingredient» (die geheime Zutat, Anm. der Redaktion). Die Leute sagen zu mir immer: «In deinen Mahlzeiten hat es einfach etwas, das man nicht hineintun kann.»

Damit meinen Sie aber nicht Ihre Gewürzmischungen?
(lacht) Nein, alle Gerichte können natürlich auch mit eigenen Gewürzen gekocht werden, in den Rezepten steht immer auch eine Alternative zu meiner Gewürzmischung. Mit der Geheimzutat ist die Leidenschaft oder vielleicht sogar die Liebe gemeint, die meinen Gerichten innewohnt. Es liegt also am Koch oder der Köchin, ob er oder sie diese Geheimzutat findet.

Ich merke, Ihre Rezepte hängen stark mit den verwendeten Gewürzen zusammen.
Ja, deshalb kam ich auch auf die Idee mit den Gewürzmischungen. Zuerst wollte ich sie eigentlich nicht selber herstellen. Doch weil jemand genau darum bat, habe ich mich dann an einem Abend im November 2020 hingesetzt und aus den 40 Gewürzen fünf Mischungen produziert.

Zur Weihnachtszeit: Welches Gericht empfehlen Sie den AZ-Lesenden?
An Weihnachten schlage ich das Boeuf Bourguignon mit einem Hauch von Curry vor. Und zur Vorspeise das preisgekrönte Vegitatar aus Auberginen, getrockneten Tomaten und Randensaft.

Das Buch

«The Secret Ingredient» von Anya Ulrich vereint traditionelle europäische Küche mit verschiedensten anderen Esskulturen. Die Autorin legt in ihren Rezepten Wert auf eine gesunde Ernährung. Die Gerichte sind aromareich und inspirierend. Für die meisten Rezepte kommt man mit handelsüblichen Zutaten aus. Das Buch kostet 39.90 Franken und ist unter www.foodconcept.ch erhältlich. (tz)