Sport

Eine Muckibude wollte sie nie

Der Name ändert, das Konzept bleibt: Aus dem ABC Fitness im Aquarina wird das Physio Training. Nach zehn Jahren Aufbauarbeit übergibt Gaby Bächtold ihr Studio in neue Hände.

von Roland Spalinger
22. Mai 2024

Die Betreffzeile machte gwunderig. «In jedem Ende liegt ein neuer Anfang», schrieb Gaby Bächtold Anfang Mai ihrer Kundschaft und teilte mit, dass ab Juli im Active Body Center (ABC) Fitness neue Besitzverhältnisse gelten würden, sonst aber alles beim Alten bleibe. Lange Öffnungszeiten hätten an ihren Kräften gezehrt. Aber auch Corona habe einen gewissen Einfluss gehabt.

Ende und Anfang – das zieht sich durch die Geschichte, die an dieser Stelle erzählt wird. Am 1. Juni 2014 übergab die Gemeinde Rheinau die Schlüssel des Hallen- und Freibads an die Genossenschaft Aquarina. Die private Trägerschaft übernahm die Verantwortung für die bis dahin immer defizitäre Anlage und rettete sie vor dem Abbruch. Den Mehrzweckraum im Obergeschoss vermietete die Genossenschaft an Gaby Bächtold.

Die Rheinauer Musikgesellschaft verlor dadurch ihr Probelokal, die Region aber gewann ein Fitness-Studio. Den «Furz im Kopf» hatte Gaby Bächtold schon eine Weile gehabt. Als sich mit dem Wechsel des Bads die Möglichkeit auftat, entschied sie, den Versuch zu wagen. Nicht umgesetzt wurde die Idee einer Freundin, dafür sämtliche in Wohnungen und Häusern im Dorf herumstehenden Fitnessgeräte einzusammeln.

Einfach zu bedienende Geräte
Die damals 44-Jährige setzte auf Qualitätsmaschinen. «Eine Muckibude wollte ich nie», sagt sie und meint damit Center, in denen bei lauter Musik Muskeln gepumpt werden. Auch sei sie nicht mehr 20 gewesen, und viele in ihrem Umfeld hätten über Wehwechen geklagt.

Bei der Wahl der Geräte ging sie pragmatisch vor. Sie fragte sich, was diese erfüllen müssten, damit Menschen in ihrem Alter und darüber in ein FitnessStudio kämen, und kam auf die Antwort: einfach zu bedienende Geräte. Dank individuellen Chipkarten stellen ihre Maschinen Sitzhöhe, Abstände und Widerstände (Gewichte) selber ein; auch das umständliche Eintragen der Anzahl Übungen auf einer Karte entfällt. Den Trainingszirkel ergänzte sie mit dem Rücken- und Gelenkkonzept mit Holzgeräten aus dem Schwarzwald.

FĂĽrs Studio und eine Studie
Die Betriebsökonomin verliess also den deutschen Modeversand Atelier Goldner Schnitt, dessen Ableger in Oerlingen bereits ihre Mutter geführt hatte, und machte sich als Trainerin für Bewegung und Gesundheit selbständig. Ihre ersten 30 Kundinnen und Kunden waren auch die Probanden für ihre Diplomarbeit über den Einfluss von Krafttraining auf Menschen im Alter 60+.

Einige davon trainieren noch heute im ABC. Sie sei in der Branche immer um die tiefe Fluktuation ihrer Mitglieder beneidet worden, erzählt sie, und glaube, auch ihr ständiges darauf Hinweisen, wie wichtig Kraftübungen und das Dranbleiben sind, sei ein Schlüssel dieses Erfolgs.

Dann kam Corona. Und mit einem Mal brach mehr als die Hälfte der Kundschaft weg. Das habe ihr zu denken gegeben, gibt sie zu. Mittlerweile hat sie die Krankenkassen-Anerkennung erlangt und das Vor-Corona-Niveau wieder erreicht. Aber: «Es war harzig» und habe Zeit und Kraft gekostet. Statt sich Gedanken über eine entlastende Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter machen zu können, musste sie sich noch mehr hineinknien. Morgens um 6.30 Uhr die Erste und abends um 21 Uhr die Letzte zu sein, geht auf Dauer nicht, auch wenn das nicht täglich der Fall war.

Dazu kommen Gruppenkurse im Studio und im Aquarina sowie das Seniorenturnen in Kleinandelfingen. Ihr Nachfolger Andi Hedinger übernimmt ab 1. Juli alle Studio-Aufgaben. Er betreibt bereits die Physiotherapie-Praxis im Erdgeschoss des Aquarina sowie zwei Studios in Neunkirch und in Wilchingen. Mit Steven Bäumli setzt er in Rheinau einen Fitnesstrainer ein.

Vielleicht wieder etwas Eigenes
Für Gaby Bächtold entfallen ab Juli auch 45 Minuten Anfahrtsweg. Zwar lebt ein Teil ihrer Familie weiterhin in Rheinau, doch sie zog es privat bereits vor einem Jahr an den Bodensee. Was sie nach einer Auszeit macht, weiss sie noch nicht. Sie würde gern in der Sparte Fitness/Gesundheit bleiben.

Reich sei sie zwar nicht geworden, Rückmeldungen von Trainierenden, dass der Aufwand etwas bringe oder ein Körperteil nicht mehr schmerze, hätten sie aber entschädigt und bestärkt, das Richtige zu tun. Nicht ausschliessen will sie, sich erneut selbständig zu machen. Vielleicht ist das Ende einer Lokalität ihr Anfang an neuem Ort.

Für die «Andelfinger Zeitung» hat Gaby Bächtold seit 2018 bereits 97 Kolumnen «fit & xund» geschrieben (hier zu finden). Die Frau hat Ausdauer!

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