Weinland

Asyl-Hammer: Nochmals 105 Plätze mehr

Kaum hat die Asylkoordination des Bezirks genügend Wohnraum bereitgestellt, wird der Bedarf erneut erhöht. Sergio Rämi, Präsident der Arbeitsgruppe, denkt an Notlösungen, die Bezirks-SVP an Widerstand.

von Roland Spalinger
16. Februar 2024

Auf Biegen und Brechen habe die Weinländer Asylkoordination Ende Januar die Aufnahmequote von 1,3 Prozent für Flüchtende erreicht. Das sagt Präsident Sergio Rämi, der auch Gemeindepräsident von Truttikon ist; erst im Juni 2023 war das Soll von 0,9 auf 1,3 erhöht worden.

Doch mit Zurücklehnen ist nichts: Überraschend hat der Kanton den Wert abermals heraufgesetzt, ab 1. Juli gelten 1,6 Prozent. «Ein Hammer», sagt Sergio Rämi. Für den Bezirk Andelfingen mit gut 32'000 Einwohnenden macht das 512 Plätze oder 105 Plätze mehr. «Und das ruck zuck ohne viel Vorlauf.»

Wie vor einem Jahr (AZ vom 12.4.2023) wird die Organisation wieder an Immobilienbesitzende und das Gewerbe appellieren und Druck ausüben, während der ganze Kanton unter Wohnungsnot ächzt. Zudem glaubt Sergio Rämi, dass die neuen ankommenden Flüchtenden wohl nicht so schnell wieder in ihre Länder zurückgeführt werden könnten, da die meisten aus Afghanistan kämen.

SVP will Druck von unten
Die SVP des Bezirks fordert von den Weinländer Gemeinden, «sich den neuen Aufnahmequoten zu widersetzen». Bereits heute würden viele Gemeinden unter den steigenden Sozialkosten leiden. Nur mit Druck von unten sei eine nachhaltige Änderung in der Schweizer Asylpolitik möglich, schreibt die Partei in einer Mitteilung. Dabei zählt die Bezirks-SVP auch auf Regierungsrat Mario Fehr (parteilos), der den Bund wegen der langen Verfahren und dessen Untätigkeit kritisiert habe. Der Sicherheitsdirektor müsse nun in Bern intervenieren.

Auch Sergio Rämi ist nicht zufrieden mit dem Bund, der zwei Zentren geschlossen hat und Schutzsuchende nun noch schneller den Kantonen zuweist. Er verstehe daher, wenn die Landgemeinden auf den SVP-Zug aufspringen wollten – sie hätten schlicht keinen freien Wohnraum mehr, die Leerbestände seien weg und die vorhandenen Wohnungen gefüllt.

Notfalls in Zivilschutzanlagen
Sich den Aufnahmequoten widersetzen zu können, sei aber illusorisch. Als letzte Konsequenz könnten Zwangszuweisungen drohen. Plötzlich würden Menschen an einem Bahnhof stehen und müssten durch die Gemeinden oder die Asylkoordination untergebracht werden, sagt er. Es fehle ja nicht am Willen, sondern am Können. Als bevölkerungsreichster Kanton müsse Zürich am meisten Menschen aufnehmen.

Eine weitere Möglichkeit ist die Unterbringung von Asylsuchenden in Zivilschutzanlagen. Die regionale Asyl­koordination hat denn auch bereits mögliche Anlagen im Bezirk angeschaut. Wenn es nicht anders gehe, könnten eine oder zwei innert weniger Wochen hergerichtet werden. Mit dieser Massnahme ginge aber auch eine Erhöhung des Betreuungsbedarfs wie Mahlzeitendienst und Sozialarbeit einher; bereits jetzt kostet das Asylwesen im Bezirk rund 2,8 Millionen Franken.

Mehr Platz für Asylkoordination
Bereits jetzt arbeiten fünf Personen Teilzeit für die Weinländer Asylkoordination, Tendenz steigend. Auch deshalb werde diese Mitte Jahr ihren Standort von Henggart nach Andelfingen verlegen. Im Gebäude eingangs Dorf von Flaach her, wo zurzeit die Gipserfirma Russo ihr Büro hat, findet sie mehr Platz. 500 Asylbewerbende bedeuteten 500 Dossiers und täglich fünf bis zehn Gespräche, sagt Sergio Rämi. Allein sein Aufwand habe sich seit 2018 vervierfacht.

Von den aktuell etwa 400 innerhalb der Asylkoordination des Bezirks Andelfingen betreuten Personen kommen 60 Prozent aus der Ukraine. Erschwerend dazu bezüglich Wohnraumbedarf kommen etwa 200 vorläufig Aufgenommene, die seit mehr als sieben Jahren da sind. Sie zählen nicht mehr zum Asylkontingent, belegen aber immer noch Wohnraum, der für die Unterbringung benötigt würde.

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