Denkpause im Zweckverband

Region - Stammheim möchte rund ein Dutzend Seniorenwohnungen bauen, Thalheims Gemeinderat nicht. Vorerst gelangen die weit gediehenen Vorarbeiten nicht vor die Bevölkerung, sondern in eine Zusatzrunde.

Silvia Müller (sm) Publiziert: 22. Juli 2025
Lesezeit: 4 min

Seit der Gemeindefusion im Stammertal besteht der Zweckverband des Alters- und Pflegezentrums Stammertal (APZ) aus nur noch zwei ungleichen Partnern: Stammheim mit knapp 3000 Einwohnerinnen und Einwohnern und Thalheim mit 1000. Entsprechend finanzieren sie das APZ in Oberstammheim im Kostenschlüssel 3:1. Das ist auch das Verhältnis der Stimmen in der sechsköpfigen Zentrumskommission.
 
Die vier Stimmberechtigten (der APZ-Leiter und der Kommissionssekretär sind es nicht) müssen amtierende Gemeinderäte sein. Die Zusammensetzung der Kommission kann sich folglich spätestens mit jedem Legislaturwechsel ändern. Zurzeit besteht sie aus Beatrice Ammann, Martin Farner-Schmid und Ilona Diriwächter in Stammheim und Sandro Stelletti in Thalheim.  

Ein Beitrag zur Altersstrategie

Im zweiten Halbjahr 2024 erarbeitete die Zentrumskommission mit Fachleuten ein Grobkonzept für die Erweiterung der Dienstleistung um ein «Betreutes Wohnen» beim aufgehobenen Kindergarten in Oberstammheim. Das Grundstück gehört der Politischen Gemeinde, und das Bauvolumen und den Betrieb würde das APZ selbst finanzieren. Die Schaffung dieses neuen Angebots würde der 2024 beschlossenen Altersstrategie des Gemeindepräsidentenverbands des Bezirks Andelfingen entsprechen (AZ vom 26.7.2024).
 
Für das Aufgleisen des Vorhabens würde laut den APZ-Statuten das einfache Mehr reichen. Einstimmigkeit in der Kommission wäre nicht nötig – über die Realisierung entscheiden letztlich ohnehin die Stimmberechtigten beider Gemeinden an der Urne.
 
Diese Vorstudie wurde den beiden Gemeinderäten zur Stellungnahme vorgelegt mit der Bitte um einen Grundsatzentscheid. «Aufgrund der Rückmeldungen sind weitere Abklärungen über die mögliche Umsetzung im Gange, weitere Angaben werden zu gegebener Zeit folgen» – soweit die knappe Antwort aus Stammheim auf Anfrage.

Die Idee und die Rückmeldung

Das Grobkonzept sieht vor, den aufgehobenen Kindergarten neben dem Alterszentrum durch einen Neubau mit 12 bis 14 Seniorenwohnungen zu ersetzen. Die Idee: Ältere, noch weitgehend selbständige Menschen könnten ihre zu gross gewordenen Immobilien frühzeitig freigeben und in altersgerechte Wohnungen ziehen. Dort könnten sie nach und nach Dienstleistungen des APZ auf der anderen Strassenseite in Anspruch nehmen – oder auch nicht, je nach ihrer aktuellen Situation. Denkbar wären Mahlzeitendienst, Wäsche, Reinigung, gesundheitlich-medizinische Betreuung und das Einbinden in soziale Aktivitäten.
 
Die Rückmeldung aus Thalheim fiel indessen schon zweimal negativ aus. Der Gemeinderat unterstützte das Projekt nicht – auch nicht beim Wiedererwägungsgesuch, mit dem Stammheim eine Weile nach der ersten Absage anklopfte. In den Thalheimer Mitteilungsblättern vom 26. März und nochmals vom 20. Mai 2025 führt die Behörde mehrere Argumente für ihre abschlägige Haltung an: Die eigene Bevölkerung habe momentan und absehbar keinen Bedarf an solchen Wohnformen – und falls doch, liege es nicht «in der Verantwortung der Öffentlichkeit, allfällige Versäumnisse in der persönlichen Vorsorge im Nach­hinein auszugleichen». Als grundsätzliche Probleme werden auch die Finanzierung und der Fachkräftemangel genannt. 

«Angebote im Dorf interessanter»

Auf Anfrage der AZ geht Gemeindepräsident Sandro Stelletti mehr ins Detail: «Für Thalheims Senioren ist dieses Projekt eindeutig weniger attraktiv. Sie müssten vorzeitig in ein 13 Kilometer entferntes Dorf ziehen, obwohl sie noch keine Pflege brauchen.» Der Gemeinderat habe diesbezüglich zwar keine flächendeckende Umfrage oder ein Podium durchgeführt, doch «aus Gesprächen in anderem Zusammenhang sind wir hundertprozentig sicher, mit unserem Entscheid die allgemeine Meinung zu vertreten». Falls dem nicht so sei, habe die Bevölkerung die Möglichkeit, der Behörde einen Antrag zu stellen.

Zudem würden sich schon bis anhin nicht alle Senioren für das APZ Stammheim entscheiden. «Durchschnittlich leben zwei Menschen aus Thalheim im APZ. Andere orientieren sich in andere Richtungen. Die Leute sind frei.» Das Angebot in Stammheim wäre «genau betrachtet auch kein betreutes Wohnen, sondern es sind Wohnungen für Gesunde, die erst irgendwann auf die Dienstleistungen angewiesen sein könnten, und das zu finanzieren wäre nicht in unserem Sinn», sagt Sandro Stelletti weiter. Und er verweist auf die 28 Mietwohnungen auf dem Brückenwaage-Areal, die voraussichtlich im Februar 2026 bezugsbereit sind. «Für die meisten Senioren ohne Pflegebedarf dürften solche Alternativen im eigenen Dorf interessanter sein.»
 
Der Neubau ist im Grobkonzept mit 6 bis 7 Millionen Franken veranschlagt. Thalheim habe aber nicht die finanziellen Möglichkeiten von Stammheim, betont Sandro Stelletti weiter. «Wir fürchten, dass zuletzt Folgekosten an uns hängen bleiben. Vorerst sind wir einfach noch nicht bereit für diesen Schritt.»