Weinland

«Die Fortbildungsschule» sind wir selbst

Eine nach der anderen verschwinden die Fortbildungs­schulen für Erwachsene. In Ossingen gibt es noch eine. Aber wie lange? Das hänge hauptsächlich von der Wertschätzung des Publikums ab, sagt die neue Leiterin Miriam Kurtz.

von Silvia Müller
30. April 2024

«Wer nid wott, hät ghaa» – eine harte Lehre, wenn auch manchmal berechtigt. Ganz dumm läuft es allerdings, wenn das kurzfristig Verschmähte am Ende gleich für immer weg bleibt.

Genau das ist vermutlich der Fall bei all den geschlossenen Fortbildungsschulen. Diese mussten früher in allen Schulgemeinden Freizeitkurse anbieten und wurden bis 2012 vom Kanton subventioniert. Seit einem extrem knappen Volksentscheid (50,1 Prozent beschlossen es so) muss sich dieses Kurswesen für Erwachsenenbildung selbst finanzieren.

Inzwischen gibt es im Weinland nur noch in Uhwiesen, Feuerthalen und Ossingen Fortbildungskurse unter dem Dach der Sekundarschulen (AZ vom 11.11.2022). Stets reichlich und inspirierend ist das Angebot in Ossingen. Zweimal im Jahr liegt in allen Briefkästen, inklusive Truttikon und Neunforn, ein Flyer mit bis zu einem Dutzend Kursangeboten. «Unser Angebot steht  aber der ganzen Region offen, nicht nur der Bevölkerung der genannten Dörfer», betont die zuständige Sekundarschulpflegerin Daniela Chischè. Sie habe eine bewährte Institution übernommen, die seit mehr als 40 Jahren wichtig sei fürs soziale Leben und als Begegnungsort im Dorf.

Rätselhafte Schwankungen
Nach fünf Jahren im Amt wurde die Leiterin Tanja Nater im Januar 2024 von Miriam Kurtz abgelöst. Die neue Leiterin sagt, sie könne zwar nicht aus eigener Erfahrung von früher sprechen, da sie erst seit zwei Jahren im Dorf wohne. «Aber die Buchungszahlen zeigen den Trend, und der ist eher rückläufig.» Sie finde es wichtig, die Öffentlichkeit frühzeitig darüber zu informieren, was sich allenfalls mittelfristig abzeichnen könnte. «Damit das Thema nicht erst auf den Tisch kommt, wenn es schon zu spät ist.»

Diese Buchungszahlen seien ein «schwierig zu verstehendes Auf und Ab», sagt sie. Liegt es am Kursprogramm? An unglücklichen Daten? An unattraktiven Inhalten? An den Kurspreisen oder Materialkosten? «Wenn wir das jeweils wüssten, wäre vieles einfacher. So stellen wir einfach fest, dass offenbar sogar das Interesse an Kursthemen abnimmt, die lange Jahre zuverlässig gefragt waren.» Auf der anderen Seite gebe es ganz treue Nutzerinnen und Nutzer, die zuweilen sogar selbst Vorschläge und Wünsche für die nächste Saison machten. «Manchmal bilden sie eine Clique und melden sich bereits gemeinsam an. Das ist für uns Organisierende und für die Stimmung in den Kursen natürlich wunderbar.»

Kursvorschläge willkommen
Die Sekundarschule kann nur in Ausnahmefällen ein Defizit auffangen. Das Angebot müsste dauerhaft selbsttragend sein. Damit das gelingt, müssen die Kurse besucht werden: «Dafür könnten wir auch neue Akzente setzen und neue Themen lancieren. Aber welche? Unser Spektrum ist schon jetzt sehr gross», sagt Miriam Kurtz.

«Wir» ist die Kommission, bestehend aus ihr als Leiterin sowie jeweils einer delegierten Person aus der Sekundar- und der Primarschulpflege und den Elternforen. Zweimal im Jahr treffen sie sich, um Ideen zu sammeln und das Programm zu besprechen. «Wir notieren unter dem Jahr alle Vorschläge. Zu wissen, dass ein Kursinhalt gewünscht wird, macht vieles leichter.»

Deshalb sei sie froh, wenn jemand mit einem Kurswunsch auf sie zukomme. Oder auch mit dem Angebot, einen Kurs zu leiten. «Kreativideen kursieren auf den sozialen Medien ja mittlerweile zuhauf. Aber es ist etwas ganz anderes, von echten und erfahrenen Lehrkräften angeleitet zu werden.» Dafür lohne es sich, die Zeit im Voraus zu reservieren und sich anzumelden. «Denn dasselbe tun Menschen aus der nächsten Umgebung, die die gleichen Interessen teilen. Diese Begegnungen können im besten Fall weit bereichernder sein als einsames Werkeln vor dem flimmernden Bildschirm.» Und etwas ist sicher: Sobald das Kurswesen im Dorf aufgelöst worden ist, reicht kein Knopfdruck mehr, um es wieder hochzufahren.

Etwas für fast jedes Interesse

Die Programme der Fortbildungsschulen gehen mit der Zeit. Immer beliebt sind unter dem Dach der Sek Ossingen-Truttikon die Bereiche Kochen und Ernährung, Nähen, Gestalten und Kreatives, Sport und Wohlbefinden, Junge und Junggebliebene sowie die Kinderwerkstatt (alle unter 18 Jahren bezahlen nur die Hälfte des Kurs­preises).
Die laufende Kurssaison ist bereits zur Hälfte vorbei. Doch für extrem Kurzentschlossene gibt es noch diese Woche Plätze im «Dance Fit Workshop» (2. Mai) und für «Achtsamkeit im Alltag» (4. Mai). Locker reicht die Zeit auch noch für eine Anmeldung zum Filzkurs für Kinder (15. Mai), zum Trockenblumenkurs (3. Juni) oder zum Hybris-Schmuck-Kurs (18. Juni). (az)

Infos und Anmeldung: sekossingen.ch/unsere-schule/fortbildungsschule

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