Weinland

Doch kein dreister Diebstahl

Am 30. Dezember rieb sich ein Waldbesitzer die Augen: Alle 15 Buchenstämme, die er im Wald zu Brennholz verarbeiten wollte, waren weg. Alles deutete auf professionellen Diebstahl hin. Nicht Polizisten, sondern Förster konnten den Fall später lösen.

von Silvia Müller
09. Januar 2024

Er wohne seit Langem nicht mehr im Weinland und mache bei seinen Reisen hierher immer zwei Sorten Besuche: bei den hiesigen Verwandten und Freunden und bei seinen Waldparzellen im Stammer Forst. Am Tag vor Silvester habe er aber just an diesem Waldrand seinen Augen nicht getraut, sagt der Mann und zeigt auf eine unscheinbare Lücke neben dem Weg. «Hier lagerten seit letztem Winter 15 fünf Meter lange Buchenstämme. Die wollte ich nun zu Brennholz verarbeiten. Doch dann rief mich der Bauer an und fragte verwundert, ob ich den Anhänger mit der Spaltmaschine wirklich an dieser Stelle brauche. Hier liege ja gar kein Holz.»
 
Er überzeugte sich mit eigenen Augen und staunte: Keine Schleifspuren, keine Reifenabdrücke, nichts Abgeknicktes – der ganze Stapel Buchenstämme musste direkt vom Waldsträsschen aus professionell mit einem Kran aufgeladen worden sein. Was für ein dreister Diebstahl! «Ich hätte niemals gedacht, dass jemand mit solchem Aufwand Langholz aus dem Wald holt, das sich ohnehin nur als Brennholz eignet – zumal keine 50 Meter weiter weg schon gespaltenes lagert», sagt der Mann. Er fragte beim Stammer Forstdienst nach: Ja, Brennholzdiebstähle kämen durchaus ab und zu vor, doch von so einem Vorgehen habe man im Stammertal noch nie gehört.

Aufklärung im rechten Moment
Die Forstleute müssten so etwas als Erste erfahren. Alles im Stammer Wald für den Verkauf geerntete Holz wird vom Forstdienst koordiniert vermarktet. Die Förster versprachen, sich umzuhören – immerhin hätten nicht allzu viele Leute einen geeigneten Anhänger mit Kran im Fuhrpark. Falls das nicht innert nützlicher Frist zur Lösung führen würde, wäre eine Anzeige wegen Diebstahls ins Auge zu fassen.

Doch schon am Ende der ersten Januarwoche löste sich das Rätsel von selbst und ganz ohne Detektive oder Polizistinnen – im Büro des Forstdiensts. Irgendetwas ging da einfach nicht richtig auf beim Rapport eines Holzhändlers aus der Region. Dessen Chauffeur hatte auf seiner Tournee durch den Stammer Wald speditiv und korrekt eine ganze Liste markierter Langholzposten aufgeladen – aber aus Versehen eben auch einen Haufen am Wegrand, der gar nicht für ihn bestimmt gewesen war.

Spannung mit Happy End
Und so endet für den Waldbesitzer eine Geschichte, die schon gut begonnen hatte, nach einem spannenden Cliffhanger sogar noch mit einem unerwarteten Happy End: Die etwa drei Stere Brennholz kosten ihn nun dank dem Missgeschick des eifrigen Chauffeurs ausser dem Aufreger gar nichts mehr, nicht einmal die Arbeitsstunden und den Schweiss fürs Spalten. Denn das Fällen und Aufstapeln der Buchen hatte die SBB beim Forst in Auftrag gegeben und berappt, weil die Stämme zu nahe am Bahngeleise wuchsen und bei bestimmten Wetterlagen zum Risiko geworden wären.

Der Mann musste nicht lange überlegen, als der Forst ihm als Entschädigung entweder Holz oder den Gegenwert in bar anbot: «Bei mir lagern noch genügend gespaltene Stere. Ich nehme das Geld und investiere es in den Jungwuchs.»

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