Weinland

Ein Musterbürger auf Abwegen

Peter U. Arbenz hat den dritten Teil seiner Familiengeschichte veröffentlicht. In «Ein schwarzer Freitag» beschreibt er das Leben von Jakob Arbenz im 19. Jahrhundert. Die Buchtaufe findet am Freitag im Löwensaal statt.

von Christina Schaffner
15. September 2020

Ist er eher stolz oder betroffen von seiner Familiengeschichte, über die er schreibt? Peter U. Arbenz antwortet mit einem Lachen. «Der Stolz überwiegt», meint er – auch wenn sein Vorfahr möglicherweise zur Bankenkrise in Andelfingen beigetragen habe. Es gehe ihm in seinen Büchern keinesfalls darum, eine Heldensage aufzuschreiben, denn Helden seien die Vorfahren nicht gewesen. Als Präsident des Familienvereins schreibe er aber am liebsten über Dinge, die er kenne. Da seine Familiengeschichte so gut erforscht wurde, böte sich diese an.

Sie ist in zwei dicken Büchern aufgeschrieben, zusammengetragen vom In­sti­tut Zwicky in Gauen. Als Grundlage für das aktuelle Buch diente Peter U. Arbenz aber vor allem die 40-seitige Dokumentation «Fall Ersparniskasse», die der Andelfinger Carl Brentano 2011 anfertigte.

Familie voller Romanfiguren
Doch nun sei erst einmal Schluss mit weiteren Familiengeschichten, sagt Peter U. Arbenz. Insgesamt böten sie allerdings Material für weitere Bücher: «Es hat darin ein paar schräge Vögel, die man mit einem Roman beehren könnte.» Und damit meine er nicht Jacobo Arbenz, der in Guatemala Präsident war, und über den es schon mehr als zehn Bücher gebe. Aktuell ziehe es ihn mehr zu anderen Themen, zumal es nicht ganz einfach sei, sich in das Leben und die Gefühle früherer Zeiten hineinzuversetzen.

Die Familien-Trilogie ist somit abgeschlossen. Die beiden ersten Bände hiessen «Die Valdostaner» («AZ» vom 30.10.2015) und «Drama in der Werdmühle» («AZ» vom 4.4.2018).

Nicht dumm, aber zu risikofreudig
«Ein schwarzer Freitag» beschreibt nun, wie Jakob Arbenz im 19. Jahrhundert ungern die Lindenmühle übernimmt und lieber mit Papieren handelt. Als angesehener Bürger mit mehreren Ämtern verspekuliert er nicht nur seinen Besitz, sondern auch fremdes Geld, und wandert schliesslich nach Philadelphia aus. «Vieles daran ist heute noch aktuell», sagt Peter U. Arbenz: «Spekulationen an der Börse, ein Goldpreis in Rekordhöhe und manches unterschwellige Thema». Etwa der damalige Alkoholkonsum. «Zu jener Zeit wurde sehr viel getrunken. Ich denke, rund die Hälfte der Männer waren Alkoholiker.» Deshalb machte er auch Jakob Arbenz in seinem Roman, der zwar auf Tatsachen beruht, aber auch einen Teil Fiktion enthält, zu einem Alkoholiker.

Spannend fand Peter U. Arbenz beim Schreiben die Frage, wie jemand, der alles hat, dazu kommt, viel zu gros­se Risiken einzugehen. «Jakob Arbenz war nicht dumm, aber zu risikofreudig. Vielleicht auch wegen des Alkohols», vermutet der Autor.

Vorbereitung lief diesmal anders
Die Recherche für dieses Buch beschränkte Peter U. Arbenz vor allem auf das Internet. Für den ersten Roman war er noch den alten Säumerpfad abgewandert. Beim aktuellen Buch sei ihm der Schauplatz Philadelphia unbekannt. Aber ob er das damalige Stadtbild heute noch vorfinden würde, wäre fraglich. Da halfen ihm historische Beschreibungen wie die der Weltausstellung, die im Auswanderungsjahr von Jakob Arbenz dort stattfand, und ein altes Inserat, in dem er für seinen Spirituosenhandel wirbt, besser weiter. Allerdings besuchte er den Ort der Rahmenhandlung, den Palazzo Salis in Soglio. Die dortige Besitzerin hatte in alten Gästebüchern den Namen der Tochter, Louise Arbenz, entdeckt.

Ungewöhnlich im Buch «Ein schwarzer Freitag» ist das Ende. Dass der Börsencrash vom 24. September 1869 mit dem persönlichen Absturz von Jakob Arbenz fast zusammenfällt, hält der Autor für keinen Zufall. Weil unbekannt ist, was wirklich mit dem Auswanderer geschah, dem seine drei Kinder nach Amerika folgten, beschreibt Peter U. Arbenz drei mögliche Szenarien. «Am Anfang hatte ich mir fest vorgenommen, den plausibelsten Schluss zu beschreiben. Aber am Ende wusste ich nicht, welcher das ist.»

Gläubiger an Buchtaufe?
Die Buchtaufe findet am Ort der Handlung, in Andelfingen, statt. Dann wird auch Peter Suter von der Gemeinnützigen Gesellschaft, die wie diverse andere In­sti­tu­tio­nen im Roman erwähnt wird, eine Ansprache halten.

«Ich hoffe, es tauchen bei der Buch­taufe keine neuen Forderungen von damals auf», scherzt Peter U. Arbenz am Ende des Gesprächs. Denn das Aufdecken der Vergehen, wen Jakob Arbenz um wie viel Geld betrogen hat, hat im 19. Jahrhundert sehr lange gedauert – auch weil die Aufsichtspflicht von einigen In­sti­tu­tio­nen zu wenig ernst genommen wurde. Und wer weiss schon, ob wirklich alles aufgedeckt wurde.

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